Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

vom Standpunct der einzelnen Dinge aber und
für diese in der Zeit. Die Ideen verhalten
sich als die Seelen der Dinge, diese als ihre
Leiber; jene sind in dieser Beziehung nothwen¬
dig unendlich, diese endlich. Das Unendliche
kann aber mit dem Endlichen nie anders, als
durch innere und wesentliche Gleichheit Eins
werden. Wenn also dieses nicht in sich selbst,
und als endlich, das ganze Unendliche schon be¬
greift und ausdrückt, und es selbst ist, nur
von der objectiven Seite angesehen, kann auch
die Idee nicht als Seele eintreten, und das
Wesen erscheint nicht an sich selbst, sondern
durch ein anderes, nämlich das Seyn. Wenn
dagegen das Endliche, als solches, das ganze
Unendliche in sich gebildet trägt, wie der voll¬
kommenste Organismus, der für sich schon
die ganze Idee ist, tritt auch das Wesen des
Dinges als Seele, als Idee hinzu und die
Realität löst sich wieder in die Idealität auf.
Dieß geschieht in der Vernunft, welche dem¬
nach das Centrum der Natur und des Objectiv¬
werdens der Ideen ist.

16

vom Standpunct der einzelnen Dinge aber und
fuͤr dieſe in der Zeit. Die Ideen verhalten
ſich als die Seelen der Dinge, dieſe als ihre
Leiber; jene ſind in dieſer Beziehung nothwen¬
dig unendlich, dieſe endlich. Das Unendliche
kann aber mit dem Endlichen nie anders, als
durch innere und weſentliche Gleichheit Eins
werden. Wenn alſo dieſes nicht in ſich ſelbſt,
und als endlich, das ganze Unendliche ſchon be¬
greift und ausdruͤckt, und es ſelbſt iſt, nur
von der objectiven Seite angeſehen, kann auch
die Idee nicht als Seele eintreten, und das
Weſen erſcheint nicht an ſich ſelbſt, ſondern
durch ein anderes, naͤmlich das Seyn. Wenn
dagegen das Endliche, als ſolches, das ganze
Unendliche in ſich gebildet traͤgt, wie der voll¬
kommenſte Organismus, der fuͤr ſich ſchon
die ganze Idee iſt, tritt auch das Weſen des
Dinges als Seele, als Idee hinzu und die
Realitaͤt loͤſt ſich wieder in die Idealitaͤt auf.
Dieß geſchieht in der Vernunft, welche dem¬
nach das Centrum der Natur und des Objectiv¬
werdens der Ideen iſt.

16
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0250" n="241"/>
vom Standpunct der einzelnen Dinge aber und<lb/>
fu&#x0364;r die&#x017F;e in der Zeit. Die Ideen verhalten<lb/>
&#x017F;ich als die Seelen der Dinge, die&#x017F;e als ihre<lb/>
Leiber; jene &#x017F;ind in die&#x017F;er Beziehung nothwen¬<lb/>
dig unendlich, die&#x017F;e endlich. Das Unendliche<lb/>
kann aber mit dem Endlichen nie anders, als<lb/>
durch innere und we&#x017F;entliche Gleichheit Eins<lb/>
werden. Wenn al&#x017F;o die&#x017F;es nicht in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
und als endlich, das ganze Unendliche &#x017F;chon be¬<lb/>
greift und ausdru&#x0364;ckt, und es &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t, nur<lb/>
von der objectiven Seite ange&#x017F;ehen, kann auch<lb/>
die <hi rendition="#g">Idee</hi> nicht als Seele eintreten, und das<lb/>
We&#x017F;en er&#x017F;cheint nicht an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;ondern<lb/>
durch ein anderes, na&#x0364;mlich das Seyn. Wenn<lb/>
dagegen das Endliche, als &#x017F;olches, das ganze<lb/>
Unendliche in &#x017F;ich gebildet tra&#x0364;gt, wie der voll¬<lb/>
kommen&#x017F;te Organismus, der fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;chon<lb/>
die ganze Idee i&#x017F;t, tritt auch das We&#x017F;en des<lb/>
Dinges als Seele, als Idee hinzu und die<lb/>
Realita&#x0364;t lo&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich wieder in die Idealita&#x0364;t auf.<lb/>
Dieß ge&#x017F;chieht in der Vernunft, welche dem¬<lb/>
nach das Centrum der Natur und des Objectiv¬<lb/>
werdens der Ideen i&#x017F;t.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">16<lb/></fw>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[241/0250] vom Standpunct der einzelnen Dinge aber und fuͤr dieſe in der Zeit. Die Ideen verhalten ſich als die Seelen der Dinge, dieſe als ihre Leiber; jene ſind in dieſer Beziehung nothwen¬ dig unendlich, dieſe endlich. Das Unendliche kann aber mit dem Endlichen nie anders, als durch innere und weſentliche Gleichheit Eins werden. Wenn alſo dieſes nicht in ſich ſelbſt, und als endlich, das ganze Unendliche ſchon be¬ greift und ausdruͤckt, und es ſelbſt iſt, nur von der objectiven Seite angeſehen, kann auch die Idee nicht als Seele eintreten, und das Weſen erſcheint nicht an ſich ſelbſt, ſondern durch ein anderes, naͤmlich das Seyn. Wenn dagegen das Endliche, als ſolches, das ganze Unendliche in ſich gebildet traͤgt, wie der voll¬ kommenſte Organismus, der fuͤr ſich ſchon die ganze Idee iſt, tritt auch das Weſen des Dinges als Seele, als Idee hinzu und die Realitaͤt loͤſt ſich wieder in die Idealitaͤt auf. Dieß geſchieht in der Vernunft, welche dem¬ nach das Centrum der Natur und des Objectiv¬ werdens der Ideen iſt. 16

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/250
Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/250>, abgerufen am 23.11.2024.