Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

che der Kirche für objectiv symbolisch halten
will, da ihre Bedeutung doch bloß mystisch ge¬
faßt werden kann, so haben wenigstens diejeni¬
gen Ideen des Christenthums, die in den
Dogmen symbolisirt wurden, in diesen nicht
aufgehört, von ganz speculativer Bedeutung
zu seyn, da ihre Symbole kein von der Bedeu¬
tung unabhängiges Leben in sich selbst erlangt
haben, wie die der griechischen Mythologie.

Versöhnung des von Gott abgefallenen
Endlichen durch seine eigne Geburt in die End¬
lichkeit, ist der erste Gedanke des Christen¬
thums und die Vollendung seiner ganzen An¬
sicht des Universum und der Geschichte dessel¬
ben in der Idee der Dreyeinigkeit, welche eben
deswegen in ihm schlechthin nothwendig ist.
Bekanntlich hat schon Lessing in der Schrift:
Erziehung des Menschengeschlechts, die philo¬
sophische Bedeutung dieser Lehre zu enthüllen
gesucht, und was er darüber gesagt hat, ist
vielleicht das Speculativste was er überhaupt
geschrieben. Es fehlt aber seiner Ansicht noch
an der Beziehung dieser Idee auf die Geschichte

che der Kirche fuͤr objectiv ſymboliſch halten
will, da ihre Bedeutung doch bloß myſtiſch ge¬
faßt werden kann, ſo haben wenigſtens diejeni¬
gen Ideen des Chriſtenthums, die in den
Dogmen ſymboliſirt wurden, in dieſen nicht
aufgehoͤrt, von ganz ſpeculativer Bedeutung
zu ſeyn, da ihre Symbole kein von der Bedeu¬
tung unabhaͤngiges Leben in ſich ſelbſt erlangt
haben, wie die der griechiſchen Mythologie.

Verſoͤhnung des von Gott abgefallenen
Endlichen durch ſeine eigne Geburt in die End¬
lichkeit, iſt der erſte Gedanke des Chriſten¬
thums und die Vollendung ſeiner ganzen An¬
ſicht des Univerſum und der Geſchichte deſſel¬
ben in der Idee der Dreyeinigkeit, welche eben
deswegen in ihm ſchlechthin nothwendig iſt.
Bekanntlich hat ſchon Leſſing in der Schrift:
Erziehung des Menſchengeſchlechts, die philo¬
ſophiſche Bedeutung dieſer Lehre zu enthuͤllen
geſucht, und was er daruͤber geſagt hat, iſt
vielleicht das Speculativſte was er uͤberhaupt
geſchrieben. Es fehlt aber ſeiner Anſicht noch
an der Beziehung dieſer Idee auf die Geſchichte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0193" n="184"/>
che der Kirche fu&#x0364;r objectiv &#x017F;ymboli&#x017F;ch halten<lb/>
will, da ihre Bedeutung doch bloß my&#x017F;ti&#x017F;ch ge¬<lb/>
faßt werden kann, &#x017F;o haben wenig&#x017F;tens diejeni¬<lb/>
gen Ideen des Chri&#x017F;tenthums, die in den<lb/>
Dogmen &#x017F;ymboli&#x017F;irt wurden, in die&#x017F;en nicht<lb/>
aufgeho&#x0364;rt, von ganz &#x017F;peculativer Bedeutung<lb/>
zu &#x017F;eyn, da ihre Symbole kein von der Bedeu¬<lb/>
tung unabha&#x0364;ngiges Leben in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t erlangt<lb/>
haben, wie die der griechi&#x017F;chen Mythologie.</p><lb/>
        <p>Ver&#x017F;o&#x0364;hnung des von Gott abgefallenen<lb/>
Endlichen durch &#x017F;eine eigne Geburt in die End¬<lb/>
lichkeit, i&#x017F;t der er&#x017F;te Gedanke des Chri&#x017F;ten¬<lb/>
thums und die Vollendung &#x017F;einer ganzen An¬<lb/>
&#x017F;icht des Univer&#x017F;um und der Ge&#x017F;chichte de&#x017F;&#x017F;el¬<lb/>
ben in der Idee der Dreyeinigkeit, welche eben<lb/>
deswegen in ihm &#x017F;chlechthin nothwendig i&#x017F;t.<lb/>
Bekanntlich hat &#x017F;chon Le&#x017F;&#x017F;ing in der Schrift:<lb/>
Erziehung des Men&#x017F;chenge&#x017F;chlechts, die philo¬<lb/>
&#x017F;ophi&#x017F;che Bedeutung die&#x017F;er Lehre zu enthu&#x0364;llen<lb/>
ge&#x017F;ucht, und was er daru&#x0364;ber ge&#x017F;agt hat, i&#x017F;t<lb/>
vielleicht das Speculativ&#x017F;te was er u&#x0364;berhaupt<lb/>
ge&#x017F;chrieben. Es fehlt aber &#x017F;einer An&#x017F;icht noch<lb/>
an der Beziehung die&#x017F;er Idee auf die Ge&#x017F;chichte<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0193] che der Kirche fuͤr objectiv ſymboliſch halten will, da ihre Bedeutung doch bloß myſtiſch ge¬ faßt werden kann, ſo haben wenigſtens diejeni¬ gen Ideen des Chriſtenthums, die in den Dogmen ſymboliſirt wurden, in dieſen nicht aufgehoͤrt, von ganz ſpeculativer Bedeutung zu ſeyn, da ihre Symbole kein von der Bedeu¬ tung unabhaͤngiges Leben in ſich ſelbſt erlangt haben, wie die der griechiſchen Mythologie. Verſoͤhnung des von Gott abgefallenen Endlichen durch ſeine eigne Geburt in die End¬ lichkeit, iſt der erſte Gedanke des Chriſten¬ thums und die Vollendung ſeiner ganzen An¬ ſicht des Univerſum und der Geſchichte deſſel¬ ben in der Idee der Dreyeinigkeit, welche eben deswegen in ihm ſchlechthin nothwendig iſt. Bekanntlich hat ſchon Leſſing in der Schrift: Erziehung des Menſchengeſchlechts, die philo¬ ſophiſche Bedeutung dieſer Lehre zu enthuͤllen geſucht, und was er daruͤber geſagt hat, iſt vielleicht das Speculativſte was er uͤberhaupt geſchrieben. Es fehlt aber ſeiner Anſicht noch an der Beziehung dieſer Idee auf die Geſchichte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/193
Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/193>, abgerufen am 03.05.2024.