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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

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Das ursprüngliche Symbol aller Anschauung
Gottes in ihr ist die Geschichte, aber diese ist
endlos, unermeßlich, sie muß also durch eine
zugleich unendliche und doch begränzte Erschei¬
nung repräsentirt werden, die selbst nicht wie¬
der real ist, wie der Staat, sondern ideal,
und die Einheit aller im Geist bey der Ge¬
trenntheit im Einzelnen als unmittelbare Ge¬
genwart darstellt. Diese symbolische Anschau¬
ung ist die Kirche, als lebendiges Kunstwerk.

Wie nun die Handlung, welche die Ein¬
heit des Unendlichen und Endlichen äußerlich
ausdrückt, symbolisch heißen kann, so ist die¬
selbe, als innerlich, mystisch und Mysticismus
überhaupt eine subjective Symbolik. Wenn
die Aeußerungen dieser Anschauungsart fast zu
jeder Zeit in der Kirche Widerspruch und zum
Theil Verfolgung gefunden haben, so ist es,
weil sie das Esoterische des Christenthums exo¬
terisch zu machen suchten: nicht aber als ob der
innerste Geist dieser Religion ein anderer, als
der jener Anschauung wäre.

Wenn man die Handlungen und Gebräu¬

Das urſpruͤngliche Symbol aller Anſchauung
Gottes in ihr iſt die Geſchichte, aber dieſe iſt
endlos, unermeßlich, ſie muß alſo durch eine
zugleich unendliche und doch begraͤnzte Erſchei¬
nung repraͤſentirt werden, die ſelbſt nicht wie¬
der real iſt, wie der Staat, ſondern ideal,
und die Einheit aller im Geiſt bey der Ge¬
trenntheit im Einzelnen als unmittelbare Ge¬
genwart darſtellt. Dieſe ſymboliſche Anſchau¬
ung iſt die Kirche, als lebendiges Kunſtwerk.

Wie nun die Handlung, welche die Ein¬
heit des Unendlichen und Endlichen aͤußerlich
ausdruͤckt, ſymboliſch heißen kann, ſo iſt die¬
ſelbe, als innerlich, myſtiſch und Myſticismus
uͤberhaupt eine ſubjective Symbolik. Wenn
die Aeußerungen dieſer Anſchauungsart faſt zu
jeder Zeit in der Kirche Widerſpruch und zum
Theil Verfolgung gefunden haben, ſo iſt es,
weil ſie das Eſoteriſche des Chriſtenthums exo¬
teriſch zu machen ſuchten: nicht aber als ob der
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der jener Anſchauung waͤre.

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[183/0192] Das urſpruͤngliche Symbol aller Anſchauung Gottes in ihr iſt die Geſchichte, aber dieſe iſt endlos, unermeßlich, ſie muß alſo durch eine zugleich unendliche und doch begraͤnzte Erſchei¬ nung repraͤſentirt werden, die ſelbſt nicht wie¬ der real iſt, wie der Staat, ſondern ideal, und die Einheit aller im Geiſt bey der Ge¬ trenntheit im Einzelnen als unmittelbare Ge¬ genwart darſtellt. Dieſe ſymboliſche Anſchau¬ ung iſt die Kirche, als lebendiges Kunſtwerk. Wie nun die Handlung, welche die Ein¬ heit des Unendlichen und Endlichen aͤußerlich ausdruͤckt, ſymboliſch heißen kann, ſo iſt die¬ ſelbe, als innerlich, myſtiſch und Myſticismus uͤberhaupt eine ſubjective Symbolik. Wenn die Aeußerungen dieſer Anſchauungsart faſt zu jeder Zeit in der Kirche Widerſpruch und zum Theil Verfolgung gefunden haben, ſo iſt es, weil ſie das Eſoteriſche des Chriſtenthums exo¬ teriſch zu machen ſuchten: nicht aber als ob der innerſte Geiſt dieſer Religion ein anderer, als der jener Anſchauung waͤre. Wenn man die Handlungen und Gebraͤu¬

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/192>, abgerufen am 22.11.2024.