statt seiner nicht das ins Endliche kommende, im Endlichen bleibende Princip, sondern den Geist, das ideale Princip, welches vielmehr das Endliche zum Unendlichen zurückführt und als solches das Licht der neuen Welt ist.
An diese erste Idee knüpfen sich alle Be¬ stimmungen des Christenthums. Die Einheit des Unendlichen und Endlichen objectiv durch eine Symbolik, wie die griechische Religion, darzustellen, ist seiner ideellen Richtung nach unmöglich. Alle Symbolik fällt ins Subject zurück, und die nicht äußerlich, sondern bloß innerlich zu schauende Auflösung des Gegensa¬ tzes bleibt daher Mysterium, Geheimniß. Die durch alles hindurchgehende Antinomie des Göttlichen und Natürlichen hebt sich allein durch die subjective Bestimmung auf, beyde auf eine unbegreifliche Weise als Eins zu den¬ ken. Eine solche subjective Einheit drückt der Begriff des Wunders aus. Der Ursprung je¬ der Idee ist nach dieser Vorstellung ein Wun¬ der, da sie in der Zeit entsteht, ohne ein Ver¬ hältniß zu ihr zu haben. Keine derselben kann
ſtatt ſeiner nicht das ins Endliche kommende, im Endlichen bleibende Princip, ſondern den Geiſt, das ideale Princip, welches vielmehr das Endliche zum Unendlichen zuruͤckfuͤhrt und als ſolches das Licht der neuen Welt iſt.
An dieſe erſte Idee knuͤpfen ſich alle Be¬ ſtimmungen des Chriſtenthums. Die Einheit des Unendlichen und Endlichen objectiv durch eine Symbolik, wie die griechiſche Religion, darzuſtellen, iſt ſeiner ideellen Richtung nach unmoͤglich. Alle Symbolik faͤllt ins Subject zuruͤck, und die nicht aͤußerlich, ſondern bloß innerlich zu ſchauende Aufloͤſung des Gegenſa¬ tzes bleibt daher Myſterium, Geheimniß. Die durch alles hindurchgehende Antinomie des Goͤttlichen und Natuͤrlichen hebt ſich allein durch die ſubjective Beſtimmung auf, beyde auf eine unbegreifliche Weiſe als Eins zu den¬ ken. Eine ſolche ſubjective Einheit druͤckt der Begriff des Wunders aus. Der Urſprung je¬ der Idee iſt nach dieſer Vorſtellung ein Wun¬ der, da ſie in der Zeit entſteht, ohne ein Ver¬ haͤltniß zu ihr zu haben. Keine derſelben kann
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ſtatt ſeiner nicht das ins Endliche kommende,
im Endlichen bleibende Princip, ſondern den
Geiſt, das ideale Princip, welches vielmehr
das Endliche zum Unendlichen zuruͤckfuͤhrt und
als ſolches das Licht der neuen Welt iſt.
An dieſe erſte Idee knuͤpfen ſich alle Be¬
ſtimmungen des Chriſtenthums. Die Einheit
des Unendlichen und Endlichen objectiv durch
eine Symbolik, wie die griechiſche Religion,
darzuſtellen, iſt ſeiner ideellen Richtung nach
unmoͤglich. Alle Symbolik faͤllt ins Subject
zuruͤck, und die nicht aͤußerlich, ſondern bloß
innerlich zu ſchauende Aufloͤſung des Gegenſa¬
tzes bleibt daher Myſterium, Geheimniß. Die
durch alles hindurchgehende Antinomie des
Goͤttlichen und Natuͤrlichen hebt ſich allein
durch die ſubjective Beſtimmung auf, beyde
auf eine unbegreifliche Weiſe als Eins zu den¬
ken. Eine ſolche ſubjective Einheit druͤckt der
Begriff des Wunders aus. Der Urſprung je¬
der Idee iſt nach dieſer Vorſtellung ein Wun¬
der, da ſie in der Zeit entſteht, ohne ein Ver¬
haͤltniß zu ihr zu haben. Keine derſelben kann
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/190>, abgerufen am 22.11.2024.
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