Geschichte? Wer, von höherem Sinn, wird sich bereden, daß Begebenheiten, wie die Aus¬ bildung des Christenthums, die Völkerwande¬ rung, die Kreuzzüge und so viele andere große Ereignisse, ihren wahren Grund in den empi¬ rischen Ursachen gehabt haben, die man ge¬ wöhnlich dafür ausgiebt? Und wenn diese wirklich obwalteten, so sind sie in dieser Bezie¬ hung wiederum nur die Werkzeuge einer ewi¬ gen Ordnung der Dinge.
Was von Geschichte überhaupt gilt, muß insbesondere von der der Religion gelten, näm¬ lich daß sie in einer ewigen Nothwendigkeit ge¬ gründet und also eine Construction derselben möglich sey, wodurch sie mit der Wissenschaft der Religion innigst Eins und verbunden wird.
Die historische Construction des Christen¬ thums kann von keinem andern Punct, als der allgemeinen Ansicht ausgehen, daß das Universum überhaupt und so auch in wie fern es Geschichte ist nothwendig nach zwey Sei¬ ten differenziirt erscheine, und dieser Gegensatz, welchen die neuere Welt gegen die alte macht,
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Geſchichte? Wer, von hoͤherem Sinn, wird ſich bereden, daß Begebenheiten, wie die Aus¬ bildung des Chriſtenthums, die Voͤlkerwande¬ rung, die Kreuzzuͤge und ſo viele andere große Ereigniſſe, ihren wahren Grund in den empi¬ riſchen Urſachen gehabt haben, die man ge¬ woͤhnlich dafuͤr ausgiebt? Und wenn dieſe wirklich obwalteten, ſo ſind ſie in dieſer Bezie¬ hung wiederum nur die Werkzeuge einer ewi¬ gen Ordnung der Dinge.
Was von Geſchichte uͤberhaupt gilt, muß insbeſondere von der der Religion gelten, naͤm¬ lich daß ſie in einer ewigen Nothwendigkeit ge¬ gruͤndet und alſo eine Conſtruction derſelben moͤglich ſey, wodurch ſie mit der Wiſſenſchaft der Religion innigſt Eins und verbunden wird.
Die hiſtoriſche Conſtruction des Chriſten¬ thums kann von keinem andern Punct, als der allgemeinen Anſicht ausgehen, daß das Univerſum uͤberhaupt und ſo auch in wie fern es Geſchichte iſt nothwendig nach zwey Sei¬ ten differenziirt erſcheine, und dieſer Gegenſatz, welchen die neuere Welt gegen die alte macht,
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Geſchichte? Wer, von hoͤherem Sinn, wird
ſich bereden, daß Begebenheiten, wie die Aus¬
bildung des Chriſtenthums, die Voͤlkerwande¬
rung, die Kreuzzuͤge und ſo viele andere große
Ereigniſſe, ihren wahren Grund in den empi¬
riſchen Urſachen gehabt haben, die man ge¬
woͤhnlich dafuͤr ausgiebt? Und wenn dieſe
wirklich obwalteten, ſo ſind ſie in dieſer Bezie¬
hung wiederum nur die Werkzeuge einer ewi¬
gen Ordnung der Dinge.
Was von Geſchichte uͤberhaupt gilt, muß
insbeſondere von der der Religion gelten, naͤm¬
lich daß ſie in einer ewigen Nothwendigkeit ge¬
gruͤndet und alſo eine Conſtruction derſelben
moͤglich ſey, wodurch ſie mit der Wiſſenſchaft
der Religion innigſt Eins und verbunden wird.
Die hiſtoriſche Conſtruction des Chriſten¬
thums kann von keinem andern Punct, als
der allgemeinen Anſicht ausgehen, daß das
Univerſum uͤberhaupt und ſo auch in wie fern
es Geſchichte iſt nothwendig nach zwey Sei¬
ten differenziirt erſcheine, und dieſer Gegenſatz,
welchen die neuere Welt gegen die alte macht,
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/188>, abgerufen am 22.11.2024.
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