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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

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Geschichte? Wer, von höherem Sinn, wird
sich bereden, daß Begebenheiten, wie die Aus¬
bildung des Christenthums, die Völkerwande¬
rung, die Kreuzzüge und so viele andere große
Ereignisse, ihren wahren Grund in den empi¬
rischen Ursachen gehabt haben, die man ge¬
wöhnlich dafür ausgiebt? Und wenn diese
wirklich obwalteten, so sind sie in dieser Bezie¬
hung wiederum nur die Werkzeuge einer ewi¬
gen Ordnung der Dinge.

Was von Geschichte überhaupt gilt, muß
insbesondere von der der Religion gelten, näm¬
lich daß sie in einer ewigen Nothwendigkeit ge¬
gründet und also eine Construction derselben
möglich sey, wodurch sie mit der Wissenschaft
der Religion innigst Eins und verbunden wird.

Die historische Construction des Christen¬
thums kann von keinem andern Punct, als
der allgemeinen Ansicht ausgehen, daß das
Universum überhaupt und so auch in wie fern
es Geschichte ist nothwendig nach zwey Sei¬
ten differenziirt erscheine, und dieser Gegensatz,
welchen die neuere Welt gegen die alte macht,

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Geſchichte? Wer, von hoͤherem Sinn, wird
ſich bereden, daß Begebenheiten, wie die Aus¬
bildung des Chriſtenthums, die Voͤlkerwande¬
rung, die Kreuzzuͤge und ſo viele andere große
Ereigniſſe, ihren wahren Grund in den empi¬
riſchen Urſachen gehabt haben, die man ge¬
woͤhnlich dafuͤr ausgiebt? Und wenn dieſe
wirklich obwalteten, ſo ſind ſie in dieſer Bezie¬
hung wiederum nur die Werkzeuge einer ewi¬
gen Ordnung der Dinge.

Was von Geſchichte uͤberhaupt gilt, muß
insbeſondere von der der Religion gelten, naͤm¬
lich daß ſie in einer ewigen Nothwendigkeit ge¬
gruͤndet und alſo eine Conſtruction derſelben
moͤglich ſey, wodurch ſie mit der Wiſſenſchaft
der Religion innigſt Eins und verbunden wird.

Die hiſtoriſche Conſtruction des Chriſten¬
thums kann von keinem andern Punct, als
der allgemeinen Anſicht ausgehen, daß das
Univerſum uͤberhaupt und ſo auch in wie fern
es Geſchichte iſt nothwendig nach zwey Sei¬
ten differenziirt erſcheine, und dieſer Gegenſatz,
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[179/0188] Geſchichte? Wer, von hoͤherem Sinn, wird ſich bereden, daß Begebenheiten, wie die Aus¬ bildung des Chriſtenthums, die Voͤlkerwande¬ rung, die Kreuzzuͤge und ſo viele andere große Ereigniſſe, ihren wahren Grund in den empi¬ riſchen Urſachen gehabt haben, die man ge¬ woͤhnlich dafuͤr ausgiebt? Und wenn dieſe wirklich obwalteten, ſo ſind ſie in dieſer Bezie¬ hung wiederum nur die Werkzeuge einer ewi¬ gen Ordnung der Dinge. Was von Geſchichte uͤberhaupt gilt, muß insbeſondere von der der Religion gelten, naͤm¬ lich daß ſie in einer ewigen Nothwendigkeit ge¬ gruͤndet und alſo eine Conſtruction derſelben moͤglich ſey, wodurch ſie mit der Wiſſenſchaft der Religion innigſt Eins und verbunden wird. Die hiſtoriſche Conſtruction des Chriſten¬ thums kann von keinem andern Punct, als der allgemeinen Anſicht ausgehen, daß das Univerſum uͤberhaupt und ſo auch in wie fern es Geſchichte iſt nothwendig nach zwey Sei¬ ten differenziirt erſcheine, und dieſer Gegenſatz, welchen die neuere Welt gegen die alte macht, 12 *

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/188>, abgerufen am 22.11.2024.