geschaut und auf diese Weise selbst der Endlich¬ keit untergeordnet. Die Götter waren Wesen einer höhern Natur, bleibende unwandelbare Gestalten. Ganz anders ist das Verhältniß ei¬ ner Religion, die auf das Unendliche unmittel¬ bar an sich selbst geht, in welcher das Endliche nicht als Symbol des Unendlichen, zugleich um seiner selbst willen, sondern nur als Allegorie des ersten und in der gänzlichen Unterordnung un¬ ter dasselbe gedacht wird. Das Ganze, worin die Ideen einer solchen Religion objectiv wer¬ den, ist nothwendig selbst ein Unendliches, keine nach allen Seiten vollendete und begränzte Welt: die Gestalten nicht bleibend, sondern erscheinend, nicht ewige Naturwesen, sondern historische Gestalten, in denen sich das Gött¬ liche nur vorübergehend offenbaret, und deren flüchtige Erscheinung allein durch den Glauben festgehalten werden kann, niemals aber in eine absolute Gegenwart verwandelt wird.
Da, wo das Unendliche selbst endlich wer¬ den kann, kann es auch Vielheit werden; es ist Polytheismus möglich: da, wo es durch das
geſchaut und auf dieſe Weiſe ſelbſt der Endlich¬ keit untergeordnet. Die Goͤtter waren Weſen einer hoͤhern Natur, bleibende unwandelbare Geſtalten. Ganz anders iſt das Verhaͤltniß ei¬ ner Religion, die auf das Unendliche unmittel¬ bar an ſich ſelbſt geht, in welcher das Endliche nicht als Symbol des Unendlichen, zugleich um ſeiner ſelbſt willen, ſondern nur als Allegorie des erſten und in der gaͤnzlichen Unterordnung un¬ ter daſſelbe gedacht wird. Das Ganze, worin die Ideen einer ſolchen Religion objectiv wer¬ den, iſt nothwendig ſelbſt ein Unendliches, keine nach allen Seiten vollendete und begraͤnzte Welt: die Geſtalten nicht bleibend, ſondern erſcheinend, nicht ewige Naturweſen, ſondern hiſtoriſche Geſtalten, in denen ſich das Goͤtt¬ liche nur voruͤbergehend offenbaret, und deren fluͤchtige Erſcheinung allein durch den Glauben feſtgehalten werden kann, niemals aber in eine abſolute Gegenwart verwandelt wird.
Da, wo das Unendliche ſelbſt endlich wer¬ den kann, kann es auch Vielheit werden; es iſt Polytheismus moͤglich: da, wo es durch das
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geſchaut und auf dieſe Weiſe ſelbſt der Endlich¬
keit untergeordnet. Die Goͤtter waren Weſen
einer hoͤhern Natur, bleibende unwandelbare
Geſtalten. Ganz anders iſt das Verhaͤltniß ei¬
ner Religion, die auf das Unendliche unmittel¬
bar an ſich ſelbſt geht, in welcher das Endliche
nicht als Symbol des Unendlichen, zugleich um
ſeiner ſelbſt willen, ſondern nur als Allegorie des
erſten und in der gaͤnzlichen Unterordnung un¬
ter daſſelbe gedacht wird. Das Ganze, worin
die Ideen einer ſolchen Religion objectiv wer¬
den, iſt nothwendig ſelbſt ein Unendliches, keine
nach allen Seiten vollendete und begraͤnzte
Welt: die Geſtalten nicht bleibend, ſondern
erſcheinend, nicht ewige Naturweſen, ſondern
hiſtoriſche Geſtalten, in denen ſich das Goͤtt¬
liche nur voruͤbergehend offenbaret, und deren
fluͤchtige Erſcheinung allein durch den Glauben
feſtgehalten werden kann, niemals aber in eine
abſolute Gegenwart verwandelt wird.
Da, wo das Unendliche ſelbſt endlich wer¬
den kann, kann es auch Vielheit werden; es iſt
Polytheismus moͤglich: da, wo es durch das
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/180>, abgerufen am 22.11.2024.
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