Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

künftigen Bemühungen der Erdgeschichte ist es
vorbehalten, zu zeigen, wie auch jene, in einem
Zustand der Wildheit lebende, Völker nur von
dem Zusammenhang mit der übrigen Welt
durch Revolutionen losgerissene und zum Theil
zersprengte Völkerschaften sind, die der Verbin¬
dung und der schon erworbenen Mittel der Cul¬
tur beraubt in den gegenwärtigen Zustand zu¬
rücksanken. Ich halte den Zustand der Cultur
durchaus für den ersten des Menschengeschlechts,
und die erste Gründung der Staaten, der Wis¬
senschaften, der Religion und der Künste für
gleichzeitig oder vielmehr für Eins, so daß dieß
alles nicht wahrhaft gesondert, sondern in der
vollkommensten Durchdringung war, wie es
einst in der letzten Vollendung wieder seyn
wird.

Auch darauf gründet sich die historische
Beziehung der Theologie nicht allein, daß die
besondern Formen des Christenthums, in wel¬
chen die Religion unter uns existirt, nur ge¬
schichtlich erkannt werden können.

Die absolute Beziehung ist, daß in dem

kuͤnftigen Bemuͤhungen der Erdgeſchichte iſt es
vorbehalten, zu zeigen, wie auch jene, in einem
Zuſtand der Wildheit lebende, Voͤlker nur von
dem Zuſammenhang mit der uͤbrigen Welt
durch Revolutionen losgeriſſene und zum Theil
zerſprengte Voͤlkerſchaften ſind, die der Verbin¬
dung und der ſchon erworbenen Mittel der Cul¬
tur beraubt in den gegenwaͤrtigen Zuſtand zu¬
ruͤckſanken. Ich halte den Zuſtand der Cultur
durchaus fuͤr den erſten des Menſchengeſchlechts,
und die erſte Gruͤndung der Staaten, der Wiſ¬
ſenſchaften, der Religion und der Kuͤnſte fuͤr
gleichzeitig oder vielmehr fuͤr Eins, ſo daß dieß
alles nicht wahrhaft geſondert, ſondern in der
vollkommenſten Durchdringung war, wie es
einſt in der letzten Vollendung wieder ſeyn
wird.

Auch darauf gruͤndet ſich die hiſtoriſche
Beziehung der Theologie nicht allein, daß die
beſondern Formen des Chriſtenthums, in wel¬
chen die Religion unter uns exiſtirt, nur ge¬
ſchichtlich erkannt werden koͤnnen.

Die abſolute Beziehung iſt, daß in dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0178" n="169"/>
ku&#x0364;nftigen Bemu&#x0364;hungen der Erdge&#x017F;chichte i&#x017F;t es<lb/>
vorbehalten, zu zeigen, wie auch jene, in einem<lb/>
Zu&#x017F;tand der Wildheit lebende, Vo&#x0364;lker nur von<lb/>
dem Zu&#x017F;ammenhang mit der u&#x0364;brigen Welt<lb/>
durch Revolutionen losgeri&#x017F;&#x017F;ene und zum Theil<lb/>
zer&#x017F;prengte Vo&#x0364;lker&#x017F;chaften &#x017F;ind, die der Verbin¬<lb/>
dung und der &#x017F;chon erworbenen Mittel der Cul¬<lb/>
tur beraubt in den gegenwa&#x0364;rtigen Zu&#x017F;tand zu¬<lb/>
ru&#x0364;ck&#x017F;anken. Ich halte den Zu&#x017F;tand der Cultur<lb/>
durchaus fu&#x0364;r den er&#x017F;ten des Men&#x017F;chenge&#x017F;chlechts,<lb/>
und die er&#x017F;te Gru&#x0364;ndung der Staaten, der Wi&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;en&#x017F;chaften, der Religion und der Ku&#x0364;n&#x017F;te fu&#x0364;r<lb/>
gleichzeitig oder vielmehr fu&#x0364;r Eins, &#x017F;o daß dieß<lb/>
alles nicht wahrhaft ge&#x017F;ondert, &#x017F;ondern in der<lb/>
vollkommen&#x017F;ten Durchdringung war, wie es<lb/>
ein&#x017F;t in der letzten Vollendung wieder &#x017F;eyn<lb/>
wird.</p><lb/>
        <p>Auch darauf gru&#x0364;ndet &#x017F;ich die hi&#x017F;tori&#x017F;che<lb/>
Beziehung der Theologie nicht allein, daß die<lb/>
be&#x017F;ondern Formen des Chri&#x017F;tenthums, in wel¬<lb/>
chen die Religion unter uns exi&#x017F;tirt, nur ge¬<lb/>
&#x017F;chichtlich erkannt werden ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
        <p>Die ab&#x017F;olute Beziehung i&#x017F;t, daß in dem<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0178] kuͤnftigen Bemuͤhungen der Erdgeſchichte iſt es vorbehalten, zu zeigen, wie auch jene, in einem Zuſtand der Wildheit lebende, Voͤlker nur von dem Zuſammenhang mit der uͤbrigen Welt durch Revolutionen losgeriſſene und zum Theil zerſprengte Voͤlkerſchaften ſind, die der Verbin¬ dung und der ſchon erworbenen Mittel der Cul¬ tur beraubt in den gegenwaͤrtigen Zuſtand zu¬ ruͤckſanken. Ich halte den Zuſtand der Cultur durchaus fuͤr den erſten des Menſchengeſchlechts, und die erſte Gruͤndung der Staaten, der Wiſ¬ ſenſchaften, der Religion und der Kuͤnſte fuͤr gleichzeitig oder vielmehr fuͤr Eins, ſo daß dieß alles nicht wahrhaft geſondert, ſondern in der vollkommenſten Durchdringung war, wie es einſt in der letzten Vollendung wieder ſeyn wird. Auch darauf gruͤndet ſich die hiſtoriſche Beziehung der Theologie nicht allein, daß die beſondern Formen des Chriſtenthums, in wel¬ chen die Religion unter uns exiſtirt, nur ge¬ ſchichtlich erkannt werden koͤnnen. Die abſolute Beziehung iſt, daß in dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/178
Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/178>, abgerufen am 22.11.2024.