einseitig, selbst beschränkt seyn müsse. Viel¬ leicht aber war diese Foderung nie dringender, als zu der gegenwärtigen Zeit, wo sich alles in Wissenschaft und Kunst gewaltiger zur Einheit hinzudrängen scheint, auch das scheinbar entle¬ genste in ihrem Gebiet sich berührt, jede Er¬ schütterung, die im Centrum oder der Nähe desselben geschieht, schneller und gleichsam un¬ mittelbarer auch in die Theile sich fortleitet, und ein neues Organ der Anschauung allgemei¬ ner und fast für alle Gegenstände sich bildet. Nie kann eine solche Zeit vorbeygehen ohne die Geburt einer neuen Welt, welche diejenigen, die nicht thätigen Theil an ihr haben, unfehl¬ bar in die Nichtigkeit begräbt. Vorzüglich nur den frischen und unverdorbenen Kräften der ju¬ gendlichen Welt kann die Bewahrung und Aus¬ bildung einer edlen Sache vertraut werden. Keiner ist von der Mitwirkung ausgeschlossen, da in jeden Theil, den er sich nimmt, ein Mo¬ ment des allgemeinen Wiedergebährungs-Pro¬ cesses fällt. Um mit Erfolg einzugreifen, muß er, selbst vom Geist des Ganzen ergriffen, seine
einſeitig, ſelbſt beſchraͤnkt ſeyn muͤſſe. Viel¬ leicht aber war dieſe Foderung nie dringender, als zu der gegenwaͤrtigen Zeit, wo ſich alles in Wiſſenſchaft und Kunſt gewaltiger zur Einheit hinzudraͤngen ſcheint, auch das ſcheinbar entle¬ genſte in ihrem Gebiet ſich beruͤhrt, jede Er¬ ſchuͤtterung, die im Centrum oder der Naͤhe deſſelben geſchieht, ſchneller und gleichſam un¬ mittelbarer auch in die Theile ſich fortleitet, und ein neues Organ der Anſchauung allgemei¬ ner und faſt fuͤr alle Gegenſtaͤnde ſich bildet. Nie kann eine ſolche Zeit vorbeygehen ohne die Geburt einer neuen Welt, welche diejenigen, die nicht thaͤtigen Theil an ihr haben, unfehl¬ bar in die Nichtigkeit begraͤbt. Vorzuͤglich nur den friſchen und unverdorbenen Kraͤften der ju¬ gendlichen Welt kann die Bewahrung und Aus¬ bildung einer edlen Sache vertraut werden. Keiner iſt von der Mitwirkung ausgeſchloſſen, da in jeden Theil, den er ſich nimmt, ein Mo¬ ment des allgemeinen Wiedergebaͤhrungs-Pro¬ ceſſes faͤllt. Um mit Erfolg einzugreifen, muß er, ſelbſt vom Geiſt des Ganzen ergriffen, ſeine
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[8/0017]
einſeitig, ſelbſt beſchraͤnkt ſeyn muͤſſe. Viel¬
leicht aber war dieſe Foderung nie dringender,
als zu der gegenwaͤrtigen Zeit, wo ſich alles in
Wiſſenſchaft und Kunſt gewaltiger zur Einheit
hinzudraͤngen ſcheint, auch das ſcheinbar entle¬
genſte in ihrem Gebiet ſich beruͤhrt, jede Er¬
ſchuͤtterung, die im Centrum oder der Naͤhe
deſſelben geſchieht, ſchneller und gleichſam un¬
mittelbarer auch in die Theile ſich fortleitet,
und ein neues Organ der Anſchauung allgemei¬
ner und faſt fuͤr alle Gegenſtaͤnde ſich bildet.
Nie kann eine ſolche Zeit vorbeygehen ohne die
Geburt einer neuen Welt, welche diejenigen,
die nicht thaͤtigen Theil an ihr haben, unfehl¬
bar in die Nichtigkeit begraͤbt. Vorzuͤglich nur
den friſchen und unverdorbenen Kraͤften der ju¬
gendlichen Welt kann die Bewahrung und Aus¬
bildung einer edlen Sache vertraut werden.
Keiner iſt von der Mitwirkung ausgeſchloſſen,
da in jeden Theil, den er ſich nimmt, ein Mo¬
ment des allgemeinen Wiedergebaͤhrungs-Pro¬
ceſſes faͤllt. Um mit Erfolg einzugreifen, muß
er, ſelbſt vom Geiſt des Ganzen ergriffen, ſeine
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/17>, abgerufen am 24.11.2024.
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