an die Erfahrung verweist, z. B. daß mit vier Begriffen zu schließen, oder in einer Ein¬ theilung Glieder sich entgegenzusetzen, die in andrer Beziehung nicht wieder etwas Gemein¬ schaftliches haben, eine Ungereimtheit er¬ zeuge.
Gesetzt aber, die Logik ließe sich darauf ein, diese Gesetze aus spekulativen Gründen als nothwendige für dies reflectirte Erkennen zu beweisen, so wäre sie alsdann keine abso¬ lute Wissenschaft mehr, sondern eine besondere Potenz in dem allgemeinen System der Ver¬ nunftwissenschaft. Auf die vorausgesetzte Ab¬ solutheit der Logik gründet sich ganz die soge¬ nannte Kritik der reinen Vernunft, welche diese nur in der Unterordnung unter den Ver¬ stand kennt. In dieser wird die Vernunft als das Vermögen zu schließen erklärt, da sie vielmehr eine absolute Erkenntnißart ist, wie die durch Schluß eine durchaus bedingte. Wäre keine andere Erkenntniß des Absoluten, als die durch Vernunftschlüsse und keine an¬ dere Vernunft, als die in der Form des Ver¬
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an die Erfahrung verweiſt, z. B. daß mit vier Begriffen zu ſchließen, oder in einer Ein¬ theilung Glieder ſich entgegenzuſetzen, die in andrer Beziehung nicht wieder etwas Gemein¬ ſchaftliches haben, eine Ungereimtheit er¬ zeuge.
Geſetzt aber, die Logik ließe ſich darauf ein, dieſe Geſetze aus ſpekulativen Gruͤnden als nothwendige fuͤr dies reflectirte Erkennen zu beweiſen, ſo waͤre ſie alsdann keine abſo¬ lute Wiſſenſchaft mehr, ſondern eine beſondere Potenz in dem allgemeinen Syſtem der Ver¬ nunftwiſſenſchaft. Auf die vorausgeſetzte Ab¬ ſolutheit der Logik gruͤndet ſich ganz die ſoge¬ nannte Kritik der reinen Vernunft, welche dieſe nur in der Unterordnung unter den Ver¬ ſtand kennt. In dieſer wird die Vernunft als das Vermoͤgen zu ſchließen erklaͤrt, da ſie vielmehr eine abſolute Erkenntnißart iſt, wie die durch Schluß eine durchaus bedingte. Waͤre keine andere Erkenntniß des Abſoluten, als die durch Vernunftſchluͤſſe und keine an¬ dere Vernunft, als die in der Form des Ver¬
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an die Erfahrung verweiſt, z. B. daß mit
vier Begriffen zu ſchließen, oder in einer Ein¬
theilung Glieder ſich entgegenzuſetzen, die in
andrer Beziehung nicht wieder etwas Gemein¬
ſchaftliches haben, eine Ungereimtheit er¬
zeuge.
Geſetzt aber, die Logik ließe ſich darauf
ein, dieſe Geſetze aus ſpekulativen Gruͤnden
als nothwendige fuͤr dies reflectirte Erkennen
zu beweiſen, ſo waͤre ſie alsdann keine abſo¬
lute Wiſſenſchaft mehr, ſondern eine beſondere
Potenz in dem allgemeinen Syſtem der Ver¬
nunftwiſſenſchaft. Auf die vorausgeſetzte Ab¬
ſolutheit der Logik gruͤndet ſich ganz die ſoge¬
nannte Kritik der reinen Vernunft, welche
dieſe nur in der Unterordnung unter den Ver¬
ſtand kennt. In dieſer wird die Vernunft
als das Vermoͤgen zu ſchließen erklaͤrt, da ſie
vielmehr eine abſolute Erkenntnißart iſt, wie
die durch Schluß eine durchaus bedingte.
Waͤre keine andere Erkenntniß des Abſoluten,
als die durch Vernunftſchluͤſſe und keine an¬
dere Vernunft, als die in der Form des Ver¬
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/138>, abgerufen am 25.11.2024.
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