eben auch jetzt Bestrebungen genug giebt, die sich für philosophische ausgeben, in denen aber keine Spur davon anzutreffen ist; allein eben um das, was sich Philosophie nennt, ohne es zu seyn, von der Philosophie abzuscheiden, muß ja untersucht, und weil die, die jetzt jung sind, künftig doch auch untersuchen sol¬ len, Philosophie studiert werden. Oder sie sind Verwandlungen, die einen wirklichen Be¬ zug auf Philosophie haben, so sind es Me¬ tamorphosen ihrer Form. Ihr Wesen ist un¬ wandelbar dasselbe, seit dem ersten, der es ausgesprochen hat: aber sie ist eine leben¬ dige Wissenschaft, und es giebt einen philo¬ sophischen Kunsttrieb, wie es einen poetischen giebt.
Wenn noch Umgestaltungen in der Phi¬ losophie statt finden, so ist dieß Beweis, daß sie ihre letzte Form und absolute Gestalt noch nicht gewonnen hat. Es giebt untergeordne¬ tere und höhere, es giebt einseitigere und umfassendere Formen: jede sogenannte neue Philosophie muß aber einen neuen Schritt in
eben auch jetzt Beſtrebungen genug giebt, die ſich fuͤr philoſophiſche ausgeben, in denen aber keine Spur davon anzutreffen iſt; allein eben um das, was ſich Philoſophie nennt, ohne es zu ſeyn, von der Philoſophie abzuſcheiden, muß ja unterſucht, und weil die, die jetzt jung ſind, kuͤnftig doch auch unterſuchen ſol¬ len, Philoſophie ſtudiert werden. Oder ſie ſind Verwandlungen, die einen wirklichen Be¬ zug auf Philoſophie haben, ſo ſind es Me¬ tamorphoſen ihrer Form. Ihr Weſen iſt un¬ wandelbar daſſelbe, ſeit dem erſten, der es ausgeſprochen hat: aber ſie iſt eine leben¬ dige Wiſſenſchaft, und es giebt einen philo¬ ſophiſchen Kunſttrieb, wie es einen poetiſchen giebt.
Wenn noch Umgeſtaltungen in der Phi¬ loſophie ſtatt finden, ſo iſt dieß Beweis, daß ſie ihre letzte Form und abſolute Geſtalt noch nicht gewonnen hat. Es giebt untergeordne¬ tere und hoͤhere, es giebt einſeitigere und umfaſſendere Formen: jede ſogenannte neue Philoſophie muß aber einen neuen Schritt in
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eben auch jetzt Beſtrebungen genug giebt, die
ſich fuͤr philoſophiſche ausgeben, in denen aber
keine Spur davon anzutreffen iſt; allein eben
um das, was ſich Philoſophie nennt, ohne es
zu ſeyn, von der Philoſophie abzuſcheiden,
muß ja unterſucht, und weil die, die jetzt
jung ſind, kuͤnftig doch auch unterſuchen ſol¬
len, Philoſophie ſtudiert werden. Oder ſie
ſind Verwandlungen, die einen wirklichen Be¬
zug auf Philoſophie haben, ſo ſind es Me¬
tamorphoſen ihrer Form. Ihr Weſen iſt un¬
wandelbar daſſelbe, ſeit dem erſten, der es
ausgeſprochen hat: aber ſie iſt eine leben¬
dige Wiſſenſchaft, und es giebt einen philo¬
ſophiſchen Kunſttrieb, wie es einen poetiſchen
giebt.
Wenn noch Umgeſtaltungen in der Phi¬
loſophie ſtatt finden, ſo iſt dieß Beweis, daß
ſie ihre letzte Form und abſolute Geſtalt noch
nicht gewonnen hat. Es giebt untergeordne¬
tere und hoͤhere, es giebt einſeitigere und
umfaſſendere Formen: jede ſogenannte neue
Philoſophie muß aber einen neuen Schritt in
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/125>, abgerufen am 22.11.2024.
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