Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

eben auch jetzt Bestrebungen genug giebt, die
sich für philosophische ausgeben, in denen aber
keine Spur davon anzutreffen ist; allein eben
um das, was sich Philosophie nennt, ohne es
zu seyn, von der Philosophie abzuscheiden,
muß ja untersucht, und weil die, die jetzt
jung sind, künftig doch auch untersuchen sol¬
len, Philosophie studiert werden. Oder sie
sind Verwandlungen, die einen wirklichen Be¬
zug auf Philosophie haben, so sind es Me¬
tamorphosen ihrer Form. Ihr Wesen ist un¬
wandelbar dasselbe, seit dem ersten, der es
ausgesprochen hat: aber sie ist eine leben¬
dige Wissenschaft, und es giebt einen philo¬
sophischen Kunsttrieb, wie es einen poetischen
giebt.

Wenn noch Umgestaltungen in der Phi¬
losophie statt finden, so ist dieß Beweis, daß
sie ihre letzte Form und absolute Gestalt noch
nicht gewonnen hat. Es giebt untergeordne¬
tere und höhere, es giebt einseitigere und
umfassendere Formen: jede sogenannte neue
Philosophie muß aber einen neuen Schritt in

eben auch jetzt Beſtrebungen genug giebt, die
ſich fuͤr philoſophiſche ausgeben, in denen aber
keine Spur davon anzutreffen iſt; allein eben
um das, was ſich Philoſophie nennt, ohne es
zu ſeyn, von der Philoſophie abzuſcheiden,
muß ja unterſucht, und weil die, die jetzt
jung ſind, kuͤnftig doch auch unterſuchen ſol¬
len, Philoſophie ſtudiert werden. Oder ſie
ſind Verwandlungen, die einen wirklichen Be¬
zug auf Philoſophie haben, ſo ſind es Me¬
tamorphoſen ihrer Form. Ihr Weſen iſt un¬
wandelbar daſſelbe, ſeit dem erſten, der es
ausgeſprochen hat: aber ſie iſt eine leben¬
dige Wiſſenſchaft, und es giebt einen philo¬
ſophiſchen Kunſttrieb, wie es einen poetiſchen
giebt.

Wenn noch Umgeſtaltungen in der Phi¬
loſophie ſtatt finden, ſo iſt dieß Beweis, daß
ſie ihre letzte Form und abſolute Geſtalt noch
nicht gewonnen hat. Es giebt untergeordne¬
tere und hoͤhere, es giebt einſeitigere und
umfaſſendere Formen: jede ſogenannte neue
Philoſophie muß aber einen neuen Schritt in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0125" n="116"/>
eben auch jetzt Be&#x017F;trebungen genug giebt, die<lb/>
&#x017F;ich fu&#x0364;r philo&#x017F;ophi&#x017F;che ausgeben, in denen aber<lb/>
keine Spur davon anzutreffen i&#x017F;t; allein eben<lb/>
um das, was &#x017F;ich Philo&#x017F;ophie nennt, ohne es<lb/>
zu &#x017F;eyn, von der Philo&#x017F;ophie abzu&#x017F;cheiden,<lb/>
muß ja unter&#x017F;ucht, und weil die, die jetzt<lb/>
jung &#x017F;ind, ku&#x0364;nftig doch auch unter&#x017F;uchen &#x017F;ol¬<lb/>
len, Philo&#x017F;ophie &#x017F;tudiert werden. Oder &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ind Verwandlungen, die einen wirklichen Be¬<lb/>
zug auf Philo&#x017F;ophie haben, &#x017F;o &#x017F;ind es Me¬<lb/>
tamorpho&#x017F;en ihrer Form. Ihr We&#x017F;en i&#x017F;t un¬<lb/>
wandelbar da&#x017F;&#x017F;elbe, &#x017F;eit dem er&#x017F;ten, der es<lb/>
ausge&#x017F;prochen hat: aber &#x017F;ie i&#x017F;t eine leben¬<lb/>
dige Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft, und es giebt einen philo¬<lb/>
&#x017F;ophi&#x017F;chen Kun&#x017F;ttrieb, wie es einen poeti&#x017F;chen<lb/>
giebt.</p><lb/>
        <p>Wenn noch Umge&#x017F;taltungen in der Phi¬<lb/>
lo&#x017F;ophie &#x017F;tatt finden, &#x017F;o i&#x017F;t dieß Beweis, daß<lb/>
&#x017F;ie ihre letzte Form und ab&#x017F;olute Ge&#x017F;talt noch<lb/>
nicht gewonnen hat. Es giebt untergeordne¬<lb/>
tere und ho&#x0364;here, es giebt ein&#x017F;eitigere und<lb/>
umfa&#x017F;&#x017F;endere Formen: jede &#x017F;ogenannte neue<lb/>
Philo&#x017F;ophie muß aber einen neuen Schritt in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0125] eben auch jetzt Beſtrebungen genug giebt, die ſich fuͤr philoſophiſche ausgeben, in denen aber keine Spur davon anzutreffen iſt; allein eben um das, was ſich Philoſophie nennt, ohne es zu ſeyn, von der Philoſophie abzuſcheiden, muß ja unterſucht, und weil die, die jetzt jung ſind, kuͤnftig doch auch unterſuchen ſol¬ len, Philoſophie ſtudiert werden. Oder ſie ſind Verwandlungen, die einen wirklichen Be¬ zug auf Philoſophie haben, ſo ſind es Me¬ tamorphoſen ihrer Form. Ihr Weſen iſt un¬ wandelbar daſſelbe, ſeit dem erſten, der es ausgeſprochen hat: aber ſie iſt eine leben¬ dige Wiſſenſchaft, und es giebt einen philo¬ ſophiſchen Kunſttrieb, wie es einen poetiſchen giebt. Wenn noch Umgeſtaltungen in der Phi¬ loſophie ſtatt finden, ſo iſt dieß Beweis, daß ſie ihre letzte Form und abſolute Geſtalt noch nicht gewonnen hat. Es giebt untergeordne¬ tere und hoͤhere, es giebt einſeitigere und umfaſſendere Formen: jede ſogenannte neue Philoſophie muß aber einen neuen Schritt in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/125
Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/125>, abgerufen am 02.05.2024.