als inwiefern sie das ganze ungetheilte Universum in sich aufnehmen, also selbst Universa sind.
Wenn hieraus geschlossen würde, daß es demnach so viele Universa seyen, als Ideen besonderer Dinge sind, so ist dieß eben der Schluß, den wir beabsichtigen. Es gibt entweder überhaupt keine besonderen Dinge, oder jedes derselben ist für sich ein Universum. In Gott selbst, weil er die Einheit aller Formen ist, liegt eben deßwegen das Uni- versum in keiner besonderen Form, weil es in allen, so wie es in allen liegt, weil in keiner besonderen. Wenn die besondere Form an sich reell seyn soll, so kann sie es nicht als besondere, sondern nur als Form des Universums seyn. Z. B. die besondere Form Mensch ist im Ab- soluten nicht als besondere, sondern das eine und ungetheilte Universum in der Form des Menschen. Eben deßwegen ist nichts von dem, was wir einzelne Dinge nennen, an sich reell. Sie sind eben einzelne dadurch, daß sie das absolute Ganze nicht in sich, ihrer besonderen Form, aufnehmen, sich von ihm getrennt haben, und umgekehrt, in- wiefern sie es in sich haben, sind sie nicht mehr einzelne.
§. 26. Im Absoluten sind alle besonderen Dinge nur dadurch wahrhaft geschieden und wahrhaft eins, daß jedes für sich das Universum, jedes das absolute Ganze ist. -- Geschieden: denn kein einzelnes Ding als solches ist wahrhaft geschieden, absolut geschieden ist nur das Universum, weil keinem andern Dinge weder gleich noch ungleich, weil nichts außer ihm ist, dem es entgegengesetzt oder verglichen werden könnte. Wahrhaft eins, weil in jedem dasselbe ist.
Eben deßwegen ist hier auch alle Zahl oder Bestimmung durch Zahl aufgehoben. Das besondere Ding in der Absolutheit wird nicht durch Zahl bestimmt; denn wird auf das Besondere an ihm reflektirt, so ist es selbst das absolute Ganze und hat nichts außer sich; auf das Allgemeine, so ist es in der absoluten Einheit mit allen andern Dingen. Es begreift also nur selbst Einheit und Vielheit unter sich, ist aber nicht durch diese Begriffe bestimmbar.
Anmerkung. Diese Begriffe sind von Wichtigkeit a) wegen der gedoppelten Ansicht, die vom Universum überhaupt nothwendig ist,
als inwiefern ſie das ganze ungetheilte Univerſum in ſich aufnehmen, alſo ſelbſt Univerſa ſind.
Wenn hieraus geſchloſſen würde, daß es demnach ſo viele Univerſa ſeyen, als Ideen beſonderer Dinge ſind, ſo iſt dieß eben der Schluß, den wir beabſichtigen. Es gibt entweder überhaupt keine beſonderen Dinge, oder jedes derſelben iſt für ſich ein Univerſum. In Gott ſelbſt, weil er die Einheit aller Formen iſt, liegt eben deßwegen das Uni- verſum in keiner beſonderen Form, weil es in allen, ſo wie es in allen liegt, weil in keiner beſonderen. Wenn die beſondere Form an ſich reell ſeyn ſoll, ſo kann ſie es nicht als beſondere, ſondern nur als Form des Univerſums ſeyn. Z. B. die beſondere Form Menſch iſt im Ab- ſoluten nicht als beſondere, ſondern das eine und ungetheilte Univerſum in der Form des Menſchen. Eben deßwegen iſt nichts von dem, was wir einzelne Dinge nennen, an ſich reell. Sie ſind eben einzelne dadurch, daß ſie das abſolute Ganze nicht in ſich, ihrer beſonderen Form, aufnehmen, ſich von ihm getrennt haben, und umgekehrt, in- wiefern ſie es in ſich haben, ſind ſie nicht mehr einzelne.
§. 26. Im Abſoluten ſind alle beſonderen Dinge nur dadurch wahrhaft geſchieden und wahrhaft eins, daß jedes für ſich das Univerſum, jedes das abſolute Ganze iſt. — Geſchieden: denn kein einzelnes Ding als ſolches iſt wahrhaft geſchieden, abſolut geſchieden iſt nur das Univerſum, weil keinem andern Dinge weder gleich noch ungleich, weil nichts außer ihm iſt, dem es entgegengeſetzt oder verglichen werden könnte. Wahrhaft eins, weil in jedem daſſelbe iſt.
Eben deßwegen iſt hier auch alle Zahl oder Beſtimmung durch Zahl aufgehoben. Das beſondere Ding in der Abſolutheit wird nicht durch Zahl beſtimmt; denn wird auf das Beſondere an ihm reflektirt, ſo iſt es ſelbſt das abſolute Ganze und hat nichts außer ſich; auf das Allgemeine, ſo iſt es in der abſoluten Einheit mit allen andern Dingen. Es begreift alſo nur ſelbſt Einheit und Vielheit unter ſich, iſt aber nicht durch dieſe Begriffe beſtimmbar.
Anmerkung. Dieſe Begriffe ſind von Wichtigkeit a) wegen der gedoppelten Anſicht, die vom Univerſum überhaupt nothwendig iſt,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0065"n="389"/>
als inwiefern ſie das ganze ungetheilte Univerſum in ſich aufnehmen,<lb/>
alſo ſelbſt Univerſa ſind.</p><lb/><p>Wenn hieraus geſchloſſen würde, daß es demnach ſo viele Univerſa<lb/>ſeyen, als Ideen beſonderer Dinge ſind, ſo iſt dieß eben der Schluß,<lb/>
den wir beabſichtigen. Es gibt entweder überhaupt keine beſonderen<lb/>
Dinge, oder jedes derſelben iſt für ſich ein Univerſum. In Gott ſelbſt,<lb/>
weil er die Einheit aller <hirendition="#g">Formen</hi> iſt, liegt eben deßwegen das Uni-<lb/>
verſum in keiner beſonderen Form, weil es in allen, ſo wie es in allen<lb/>
liegt, weil in keiner beſonderen. Wenn die <hirendition="#g">beſondere</hi> Form an ſich<lb/>
reell ſeyn ſoll, ſo kann ſie es nicht als beſondere, ſondern nur als Form<lb/>
des Univerſums ſeyn. Z. B. die beſondere Form <hirendition="#g">Menſch</hi> iſt im Ab-<lb/>ſoluten nicht als beſondere, ſondern das eine und ungetheilte Univerſum<lb/>
in der Form des Menſchen. Eben deßwegen iſt nichts von dem, was<lb/>
wir einzelne Dinge nennen, an ſich reell. Sie ſind eben <hirendition="#g">einzelne</hi><lb/>
dadurch, daß ſie das <hirendition="#g">abſolute Ganze</hi> nicht in ſich, ihrer beſonderen<lb/>
Form, aufnehmen, ſich von ihm getrennt haben, und umgekehrt, in-<lb/>
wiefern ſie es in ſich haben, ſind ſie nicht mehr einzelne.</p><lb/><p>§. 26. <hirendition="#g">Im Abſoluten ſind alle beſonderen Dinge nur<lb/>
dadurch wahrhaft geſchieden und wahrhaft eins, daß jedes<lb/>
für ſich das Univerſum, jedes das abſolute Ganze iſt</hi>. —<lb/>
Geſchieden: denn kein einzelnes Ding als ſolches iſt wahrhaft geſchieden,<lb/>
abſolut geſchieden iſt nur das Univerſum, weil keinem andern Dinge<lb/>
weder gleich noch ungleich, weil nichts außer ihm iſt, dem es entgegengeſetzt<lb/>
oder verglichen werden könnte. Wahrhaft <hirendition="#g">eins</hi>, weil in jedem daſſelbe iſt.</p><lb/><p>Eben deßwegen iſt hier auch alle Zahl oder Beſtimmung durch<lb/>
Zahl aufgehoben. Das <hirendition="#g">beſondere</hi> Ding in der Abſolutheit wird nicht<lb/>
durch Zahl beſtimmt; denn wird auf das Beſondere an ihm reflektirt,<lb/>ſo iſt es ſelbſt das abſolute Ganze und hat nichts außer ſich; auf das<lb/>
Allgemeine, ſo iſt es in der abſoluten Einheit mit allen andern Dingen.<lb/>
Es begreift alſo nur ſelbſt Einheit und Vielheit unter ſich, iſt aber<lb/>
nicht durch dieſe Begriffe beſtimmbar.</p><lb/><p><hirendition="#g">Anmerkung</hi>. Dieſe Begriffe ſind von Wichtigkeit <hirendition="#aq">a)</hi> wegen der<lb/>
gedoppelten Anſicht, die vom Univerſum überhaupt nothwendig iſt,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[389/0065]
als inwiefern ſie das ganze ungetheilte Univerſum in ſich aufnehmen,
alſo ſelbſt Univerſa ſind.
Wenn hieraus geſchloſſen würde, daß es demnach ſo viele Univerſa
ſeyen, als Ideen beſonderer Dinge ſind, ſo iſt dieß eben der Schluß,
den wir beabſichtigen. Es gibt entweder überhaupt keine beſonderen
Dinge, oder jedes derſelben iſt für ſich ein Univerſum. In Gott ſelbſt,
weil er die Einheit aller Formen iſt, liegt eben deßwegen das Uni-
verſum in keiner beſonderen Form, weil es in allen, ſo wie es in allen
liegt, weil in keiner beſonderen. Wenn die beſondere Form an ſich
reell ſeyn ſoll, ſo kann ſie es nicht als beſondere, ſondern nur als Form
des Univerſums ſeyn. Z. B. die beſondere Form Menſch iſt im Ab-
ſoluten nicht als beſondere, ſondern das eine und ungetheilte Univerſum
in der Form des Menſchen. Eben deßwegen iſt nichts von dem, was
wir einzelne Dinge nennen, an ſich reell. Sie ſind eben einzelne
dadurch, daß ſie das abſolute Ganze nicht in ſich, ihrer beſonderen
Form, aufnehmen, ſich von ihm getrennt haben, und umgekehrt, in-
wiefern ſie es in ſich haben, ſind ſie nicht mehr einzelne.
§. 26. Im Abſoluten ſind alle beſonderen Dinge nur
dadurch wahrhaft geſchieden und wahrhaft eins, daß jedes
für ſich das Univerſum, jedes das abſolute Ganze iſt. —
Geſchieden: denn kein einzelnes Ding als ſolches iſt wahrhaft geſchieden,
abſolut geſchieden iſt nur das Univerſum, weil keinem andern Dinge
weder gleich noch ungleich, weil nichts außer ihm iſt, dem es entgegengeſetzt
oder verglichen werden könnte. Wahrhaft eins, weil in jedem daſſelbe iſt.
Eben deßwegen iſt hier auch alle Zahl oder Beſtimmung durch
Zahl aufgehoben. Das beſondere Ding in der Abſolutheit wird nicht
durch Zahl beſtimmt; denn wird auf das Beſondere an ihm reflektirt,
ſo iſt es ſelbſt das abſolute Ganze und hat nichts außer ſich; auf das
Allgemeine, ſo iſt es in der abſoluten Einheit mit allen andern Dingen.
Es begreift alſo nur ſelbſt Einheit und Vielheit unter ſich, iſt aber
nicht durch dieſe Begriffe beſtimmbar.
Anmerkung. Dieſe Begriffe ſind von Wichtigkeit a) wegen der
gedoppelten Anſicht, die vom Univerſum überhaupt nothwendig iſt,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/65>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.