veröffentlichen. Und auch über einzelnes Historische, wie z. B. über den Ursprung der gothischen Baukunst, war er vielleicht nach weni- gen Jahren anderer Ansicht geworden. Je weniger aber er selbst an die Publikation seiner Aesthetik dachte, desto mehr scheint sie sich durch nachgeschriebene Hefte überall hin verbreitet zu haben, worüber eine Anmerkung in den Jahrbüchern der Medicin als Wissenschaft Bd. 2, Heft 2, S. 303 sich ausspricht.
Ohne das Interesse, welches die Philosophie der Kunst auch in ihrem allgemeinen Theil als Commentar und Pendant zu an- deren Schriften Schellings und als Mittel der Aufhellung einiger Ungewißheiten in der philosophischen Literatur darbot, würde wohl auch jetzt das Ganze nicht veröffentlicht worden seyn, und ich bin schuldig ausdrücklich zu sagen, daß der Verfasser selbst für wirklich druckwürdig nur die Abhandlung über die Tragödie erklärt hat, vom Uebrigen aber höchstens Einzelnes des Drucks werth erachtete. Allein, was nun z. B. die besonderen Kunstformen betrifft, aus deren Darstellung man etwa einzelnes auszuwählen gehabt hätte, so wollte sich hier kein Maßstab für die Ausscheidung finden, vielmehr schien die Harmonie des Ganzen, das Ineinandergreifende, durch Parallelen sich gegenseitig Erklärende der einzelnen Stücke durchaus nicht zu erlauben dieses oder jenes auszusondern. Auch war nicht etwa ein Theil vor dem andern durch reichere Ausführung bevorzugt. Doch selbst für die Mittheilung des Grund legenden allgemeinen Theils sprach nicht bloß ein kritisches Interesse und nicht bloß der Vortheil des völligeren Verständnisses auch des be- sonderen. Hatte doch Schelling selbst durch eine Aeußerung in seinen nachgelassenen Schriften (Einleitung in die Philosophie der Mythologie, S. 241) begierig gemacht das Kapitel über die My- thologie in der Philosophie der Kunst kennen zu lernen. Es inter- essirt uns nun zu sehen, wie er schon damals die Mythologie nicht vom bloßen Zufall subjektiver Erfindung herleitete, -- die Phantasie zwar war die Erfinderin, aber sie folgte in ihren Dichtungen un- willkürlich dem Typus der Ideen, insofern einer Nothwendigkeit,
Schelling, sämmtl. Werke. 1. Abth. V. *
veröffentlichen. Und auch über einzelnes Hiſtoriſche, wie z. B. über den Urſprung der gothiſchen Baukunſt, war er vielleicht nach weni- gen Jahren anderer Anſicht geworden. Je weniger aber er ſelbſt an die Publikation ſeiner Aeſthetik dachte, deſto mehr ſcheint ſie ſich durch nachgeſchriebene Hefte überall hin verbreitet zu haben, worüber eine Anmerkung in den Jahrbüchern der Medicin als Wiſſenſchaft Bd. 2, Heft 2, S. 303 ſich ausſpricht.
Ohne das Intereſſe, welches die Philoſophie der Kunſt auch in ihrem allgemeinen Theil als Commentar und Pendant zu an- deren Schriften Schellings und als Mittel der Aufhellung einiger Ungewißheiten in der philoſophiſchen Literatur darbot, würde wohl auch jetzt das Ganze nicht veröffentlicht worden ſeyn, und ich bin ſchuldig ausdrücklich zu ſagen, daß der Verfaſſer ſelbſt für wirklich druckwürdig nur die Abhandlung über die Tragödie erklärt hat, vom Uebrigen aber höchſtens Einzelnes des Drucks werth erachtete. Allein, was nun z. B. die beſonderen Kunſtformen betrifft, aus deren Darſtellung man etwa einzelnes auszuwählen gehabt hätte, ſo wollte ſich hier kein Maßſtab für die Ausſcheidung finden, vielmehr ſchien die Harmonie des Ganzen, das Ineinandergreifende, durch Parallelen ſich gegenſeitig Erklärende der einzelnen Stücke durchaus nicht zu erlauben dieſes oder jenes auszuſondern. Auch war nicht etwa ein Theil vor dem andern durch reichere Ausführung bevorzugt. Doch ſelbſt für die Mittheilung des Grund legenden allgemeinen Theils ſprach nicht bloß ein kritiſches Intereſſe und nicht bloß der Vortheil des völligeren Verſtändniſſes auch des be- ſonderen. Hatte doch Schelling ſelbſt durch eine Aeußerung in ſeinen nachgelaſſenen Schriften (Einleitung in die Philoſophie der Mythologie, S. 241) begierig gemacht das Kapitel über die My- thologie in der Philoſophie der Kunſt kennen zu lernen. Es inter- eſſirt uns nun zu ſehen, wie er ſchon damals die Mythologie nicht vom bloßen Zufall ſubjektiver Erfindung herleitete, — die Phantaſie zwar war die Erfinderin, aber ſie folgte in ihren Dichtungen un- willkürlich dem Typus der Ideen, inſofern einer Nothwendigkeit,
Schelling, ſämmtl. Werke. 1. Abth. V. *
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[XVII/0025]
veröffentlichen. Und auch über einzelnes Hiſtoriſche, wie z. B. über
den Urſprung der gothiſchen Baukunſt, war er vielleicht nach weni-
gen Jahren anderer Anſicht geworden. Je weniger aber er ſelbſt
an die Publikation ſeiner Aeſthetik dachte, deſto mehr ſcheint ſie
ſich durch nachgeſchriebene Hefte überall hin verbreitet zu haben,
worüber eine Anmerkung in den Jahrbüchern der Medicin als
Wiſſenſchaft Bd. 2, Heft 2, S. 303 ſich ausſpricht.
Ohne das Intereſſe, welches die Philoſophie der Kunſt auch
in ihrem allgemeinen Theil als Commentar und Pendant zu an-
deren Schriften Schellings und als Mittel der Aufhellung einiger
Ungewißheiten in der philoſophiſchen Literatur darbot, würde wohl
auch jetzt das Ganze nicht veröffentlicht worden ſeyn, und ich bin
ſchuldig ausdrücklich zu ſagen, daß der Verfaſſer ſelbſt für wirklich
druckwürdig nur die Abhandlung über die Tragödie erklärt hat,
vom Uebrigen aber höchſtens Einzelnes des Drucks werth erachtete.
Allein, was nun z. B. die beſonderen Kunſtformen betrifft, aus
deren Darſtellung man etwa einzelnes auszuwählen gehabt hätte,
ſo wollte ſich hier kein Maßſtab für die Ausſcheidung finden,
vielmehr ſchien die Harmonie des Ganzen, das Ineinandergreifende,
durch Parallelen ſich gegenſeitig Erklärende der einzelnen Stücke
durchaus nicht zu erlauben dieſes oder jenes auszuſondern. Auch
war nicht etwa ein Theil vor dem andern durch reichere Ausführung
bevorzugt. Doch ſelbſt für die Mittheilung des Grund legenden
allgemeinen Theils ſprach nicht bloß ein kritiſches Intereſſe und
nicht bloß der Vortheil des völligeren Verſtändniſſes auch des be-
ſonderen. Hatte doch Schelling ſelbſt durch eine Aeußerung in
ſeinen nachgelaſſenen Schriften (Einleitung in die Philoſophie der
Mythologie, S. 241) begierig gemacht das Kapitel über die My-
thologie in der Philoſophie der Kunſt kennen zu lernen. Es inter-
eſſirt uns nun zu ſehen, wie er ſchon damals die Mythologie nicht
vom bloßen Zufall ſubjektiver Erfindung herleitete, — die Phantaſie
zwar war die Erfinderin, aber ſie folgte in ihren Dichtungen un-
willkürlich dem Typus der Ideen, inſofern einer Nothwendigkeit,
Schelling, ſämmtl. Werke. 1. Abth. V. *
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. XVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/25>, abgerufen am 24.11.2024.
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