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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.

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liegen kann, fällt selbst wieder in das Subjekt zurück; es ist die Einheit
einer Stimmung, welche die Gewalt des Lichts und seines wundervollen
Kampfes mit dem Schatten und der Nacht in der allgemeinen Natur
in uns hervorbringt. -- Das Gefühl der objektiven Bedeutungslosigkeit
der Landschaft hat den Maler vermocht, ihr eine objektivere Bedeutung
durch Belebung mit Menschen zu geben. Es versteht sich, daß dieß
immer das Untergeordnete ist, so wie in den höheren Formen der Kunst
der wahre Künstler es verschmähen wird, seinem Bilde noch durch die
Zuthat einer Landschaft Reize geben zu wollen, da der vollkommen
genügende Gegenstand für ihn die menschliche Gestalt in ihrer hohen
Bedeutung und unendlichen Bedeutsamkeit ist. In dem angenommenen
Fall, wo die Landschaftsmalerei ihre Schildereien mit Menschen belebt,
muß doch eine Nothwendigkeit in ihr Verhältniß zu denselben gebracht
werden. Schon der Anblick einer Landschaft, besonders aber die Farbe
des Himmels, belehrt vom Clima, da die nördliche Welt gegen die
Heiterkeit des südlichen Himmels wie in dumpfer Nacht brütet, und
läßt das geübte Auge auf die Formen von Menschen schließen, die sie
bewohnen. Die Menschen in der Landschaft müssen daher entweder
als gleichsam auf der Stelle gewachsen, als Autochthonen geschildert
werden, oder sie müssen auch durch die im Verhältniß zu der Landschaft
fremde Art ihres Wesens, Aussehens, ja selbst der Bekleidung, als
Fremde, als Wanderer dargestellt werden. Auf diese Weise lassen sich
in der Landschaft noch in einem andern Sinn Nähe und Ferne verbinden
und die eigenthümlichen Gefühle, die auf den Vorstellungen derselben
beruhen, hervorrufen.

Die letzte und höchste Stufe der Farbenerscheinung ist die, wo sie
als innerlich, organisch, lebendig und beweglich erscheint. Da dieß nur
in der menschlichen Gestalt vollkommen der Fall ist, so ist diese
der letzte und vollkommenste Gegenstand der malerischen Darstellung;
mit derselben betritt die Kunst ein Gebiet, in dem eigentlich erst ihre
absoluten Erzeugnisse beginnen, und ihre wahre Welt sich entfaltet.

Die unterste Stufe ist auch hier die bloße Nachahmung der Natur,
und wo diese bezweckt wird und die vollkommene Uebereinstimmung des

liegen kann, fällt ſelbſt wieder in das Subjekt zurück; es iſt die Einheit
einer Stimmung, welche die Gewalt des Lichts und ſeines wundervollen
Kampfes mit dem Schatten und der Nacht in der allgemeinen Natur
in uns hervorbringt. — Das Gefühl der objektiven Bedeutungsloſigkeit
der Landſchaft hat den Maler vermocht, ihr eine objektivere Bedeutung
durch Belebung mit Menſchen zu geben. Es verſteht ſich, daß dieß
immer das Untergeordnete iſt, ſo wie in den höheren Formen der Kunſt
der wahre Künſtler es verſchmähen wird, ſeinem Bilde noch durch die
Zuthat einer Landſchaft Reize geben zu wollen, da der vollkommen
genügende Gegenſtand für ihn die menſchliche Geſtalt in ihrer hohen
Bedeutung und unendlichen Bedeutſamkeit iſt. In dem angenommenen
Fall, wo die Landſchaftsmalerei ihre Schildereien mit Menſchen belebt,
muß doch eine Nothwendigkeit in ihr Verhältniß zu denſelben gebracht
werden. Schon der Anblick einer Landſchaft, beſonders aber die Farbe
des Himmels, belehrt vom Clima, da die nördliche Welt gegen die
Heiterkeit des ſüdlichen Himmels wie in dumpfer Nacht brütet, und
läßt das geübte Auge auf die Formen von Menſchen ſchließen, die ſie
bewohnen. Die Menſchen in der Landſchaft müſſen daher entweder
als gleichſam auf der Stelle gewachſen, als Autochthonen geſchildert
werden, oder ſie müſſen auch durch die im Verhältniß zu der Landſchaft
fremde Art ihres Weſens, Ausſehens, ja ſelbſt der Bekleidung, als
Fremde, als Wanderer dargeſtellt werden. Auf dieſe Weiſe laſſen ſich
in der Landſchaft noch in einem andern Sinn Nähe und Ferne verbinden
und die eigenthümlichen Gefühle, die auf den Vorſtellungen derſelben
beruhen, hervorrufen.

Die letzte und höchſte Stufe der Farbenerſcheinung iſt die, wo ſie
als innerlich, organiſch, lebendig und beweglich erſcheint. Da dieß nur
in der menſchlichen Geſtalt vollkommen der Fall iſt, ſo iſt dieſe
der letzte und vollkommenſte Gegenſtand der maleriſchen Darſtellung;
mit derſelben betritt die Kunſt ein Gebiet, in dem eigentlich erſt ihre
abſoluten Erzeugniſſe beginnen, und ihre wahre Welt ſich entfaltet.

Die unterſte Stufe iſt auch hier die bloße Nachahmung der Natur,
und wo dieſe bezweckt wird und die vollkommene Uebereinſtimmung des

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[546/0222] liegen kann, fällt ſelbſt wieder in das Subjekt zurück; es iſt die Einheit einer Stimmung, welche die Gewalt des Lichts und ſeines wundervollen Kampfes mit dem Schatten und der Nacht in der allgemeinen Natur in uns hervorbringt. — Das Gefühl der objektiven Bedeutungsloſigkeit der Landſchaft hat den Maler vermocht, ihr eine objektivere Bedeutung durch Belebung mit Menſchen zu geben. Es verſteht ſich, daß dieß immer das Untergeordnete iſt, ſo wie in den höheren Formen der Kunſt der wahre Künſtler es verſchmähen wird, ſeinem Bilde noch durch die Zuthat einer Landſchaft Reize geben zu wollen, da der vollkommen genügende Gegenſtand für ihn die menſchliche Geſtalt in ihrer hohen Bedeutung und unendlichen Bedeutſamkeit iſt. In dem angenommenen Fall, wo die Landſchaftsmalerei ihre Schildereien mit Menſchen belebt, muß doch eine Nothwendigkeit in ihr Verhältniß zu denſelben gebracht werden. Schon der Anblick einer Landſchaft, beſonders aber die Farbe des Himmels, belehrt vom Clima, da die nördliche Welt gegen die Heiterkeit des ſüdlichen Himmels wie in dumpfer Nacht brütet, und läßt das geübte Auge auf die Formen von Menſchen ſchließen, die ſie bewohnen. Die Menſchen in der Landſchaft müſſen daher entweder als gleichſam auf der Stelle gewachſen, als Autochthonen geſchildert werden, oder ſie müſſen auch durch die im Verhältniß zu der Landſchaft fremde Art ihres Weſens, Ausſehens, ja ſelbſt der Bekleidung, als Fremde, als Wanderer dargeſtellt werden. Auf dieſe Weiſe laſſen ſich in der Landſchaft noch in einem andern Sinn Nähe und Ferne verbinden und die eigenthümlichen Gefühle, die auf den Vorſtellungen derſelben beruhen, hervorrufen. Die letzte und höchſte Stufe der Farbenerſcheinung iſt die, wo ſie als innerlich, organiſch, lebendig und beweglich erſcheint. Da dieß nur in der menſchlichen Geſtalt vollkommen der Fall iſt, ſo iſt dieſe der letzte und vollkommenſte Gegenſtand der maleriſchen Darſtellung; mit derſelben betritt die Kunſt ein Gebiet, in dem eigentlich erſt ihre abſoluten Erzeugniſſe beginnen, und ihre wahre Welt ſich entfaltet. Die unterſte Stufe iſt auch hier die bloße Nachahmung der Natur, und wo dieſe bezweckt wird und die vollkommene Uebereinſtimmung des

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/222>, abgerufen am 25.11.2024.