Indifferenz seines Besonderen mit seinem Allgemeinen oder Begriff. Die Trübung für das Licht wird also nur da aufhören, wo diese relative Gleichheit so weit aufgehoben ist, daß entweder das rein-Allgemeine oder das rein-Besondere überwiegend ist -- also an den Enden der Cohä- sionsreihe --, oder da, wo beide zur absoluten Indifferenz reducirt sind, wie im Wasser, dessen Allgemeines das ganze Besondere, das Besondere das ganze Allgemeine ist, oder da, wo auch der Streit der absoluten Cohäsion (wodurch der Körper in sich selbst) und der relativen (wodurch er dem Licht angehört) vollkommen ausgeglichen ist, und der Körper ganz Erde und ganz Sonne ist. -- Die weiteren Erläuterungen dieser Sätze gehören, wie von selbst offenbar ist, in eine andere Sphäre der Untersuchung.
Ein solcher Körper nun, der in der vollkommenen Identität mit dem Licht ist (und ein solcher wäre ein absolut-durchsichtiger Körper), wäre dem Licht überall nicht mehr entgegengesetzt. Nur insofern der Körper noch immer ein Besonderes bleibt oder dem Licht relativ -- zum Theil -- entgegengesetzt ist, synthesirt die absolute Identität, die hier als Schwer- kraft der höheren Potenz eintritt, das Licht mit ihm (daß nämlich nicht der Körper das Licht breche, folgt aus der Newtonschen Erfahrung, daß die Brechung nicht unmittelbar, sondern in einiger Entfernung von der Oberfläche des Körpers geschieht, wozu Newton eine actio in distans annimmt, die ich -- im Newtonschen Sinne -- nicht nur hier, sondern überall verwerfe). Diese Synthese des Lichts und des Körpers ist beim durchsichtigen und undurchsichtigen Körper gleicherweise der Fall, nur daß dieser das Licht reflektirt, der durchsichtige Körper aber nimmt es in sich selbst auf und durchdringt sich mit ihm. Da es aber keine vollkommene Durchsichtigkeit gibt, sondern in denjenigen durch- sichtigen Körpern, welche das Licht am meisten brechen, auch noch das größte Uebergewicht der Besonderheit ist, so wird das Licht oder die Identität im Licht selbst mit der Besonderheit oder Differenz synthesirt und demnach getrübt. (Alle unsere durchsichtigen Körper sind trübende Mittel). Es ist abermals weder das Licht für sich noch der Körper für sich, sondern es ist das, worin beide eins sind, was die Farbe
Indifferenz ſeines Beſonderen mit ſeinem Allgemeinen oder Begriff. Die Trübung für das Licht wird alſo nur da aufhören, wo dieſe relative Gleichheit ſo weit aufgehoben iſt, daß entweder das rein-Allgemeine oder das rein-Beſondere überwiegend iſt — alſo an den Enden der Cohä- ſionsreihe —, oder da, wo beide zur abſoluten Indifferenz reducirt ſind, wie im Waſſer, deſſen Allgemeines das ganze Beſondere, das Beſondere das ganze Allgemeine iſt, oder da, wo auch der Streit der abſoluten Cohäſion (wodurch der Körper in ſich ſelbſt) und der relativen (wodurch er dem Licht angehört) vollkommen ausgeglichen iſt, und der Körper ganz Erde und ganz Sonne iſt. — Die weiteren Erläuterungen dieſer Sätze gehören, wie von ſelbſt offenbar iſt, in eine andere Sphäre der Unterſuchung.
Ein ſolcher Körper nun, der in der vollkommenen Identität mit dem Licht iſt (und ein ſolcher wäre ein abſolut-durchſichtiger Körper), wäre dem Licht überall nicht mehr entgegengeſetzt. Nur inſofern der Körper noch immer ein Beſonderes bleibt oder dem Licht relativ — zum Theil — entgegengeſetzt iſt, ſyntheſirt die abſolute Identität, die hier als Schwer- kraft der höheren Potenz eintritt, das Licht mit ihm (daß nämlich nicht der Körper das Licht breche, folgt aus der Newtonſchen Erfahrung, daß die Brechung nicht unmittelbar, ſondern in einiger Entfernung von der Oberfläche des Körpers geſchieht, wozu Newton eine actio in distans annimmt, die ich — im Newtonſchen Sinne — nicht nur hier, ſondern überall verwerfe). Dieſe Syntheſe des Lichts und des Körpers iſt beim durchſichtigen und undurchſichtigen Körper gleicherweiſe der Fall, nur daß dieſer das Licht reflektirt, der durchſichtige Körper aber nimmt es in ſich ſelbſt auf und durchdringt ſich mit ihm. Da es aber keine vollkommene Durchſichtigkeit gibt, ſondern in denjenigen durch- ſichtigen Körpern, welche das Licht am meiſten brechen, auch noch das größte Uebergewicht der Beſonderheit iſt, ſo wird das Licht oder die Identität im Licht ſelbſt mit der Beſonderheit oder Differenz ſyntheſirt und demnach getrübt. (Alle unſere durchſichtigen Körper ſind trübende Mittel). Es iſt abermals weder das Licht für ſich noch der Körper für ſich, ſondern es iſt das, worin beide eins ſind, was die Farbe
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0187"n="511"/>
Indifferenz ſeines Beſonderen mit ſeinem Allgemeinen oder Begriff. Die<lb/>
Trübung für das Licht wird alſo nur da aufhören, wo dieſe relative<lb/>
Gleichheit ſo weit aufgehoben iſt, daß entweder das rein-Allgemeine oder<lb/>
das rein-Beſondere überwiegend iſt — alſo an den Enden der Cohä-<lb/>ſionsreihe —, oder da, wo beide zur abſoluten Indifferenz reducirt ſind,<lb/>
wie im Waſſer, deſſen Allgemeines das ganze Beſondere, das Beſondere<lb/>
das ganze Allgemeine iſt, oder da, wo auch der Streit der abſoluten<lb/>
Cohäſion (wodurch der Körper in ſich ſelbſt) und der relativen (wodurch<lb/>
er dem Licht angehört) vollkommen ausgeglichen iſt, und der Körper<lb/>
ganz Erde und ganz Sonne iſt. — Die weiteren Erläuterungen dieſer<lb/>
Sätze gehören, wie von ſelbſt offenbar iſt, in eine andere Sphäre der<lb/>
Unterſuchung.</p><lb/><p>Ein ſolcher Körper nun, der in der vollkommenen Identität mit<lb/>
dem Licht iſt (und ein ſolcher wäre ein abſolut-durchſichtiger Körper),<lb/>
wäre dem Licht überall nicht mehr entgegengeſetzt. Nur inſofern der Körper<lb/>
noch immer ein Beſonderes bleibt oder dem Licht relativ — zum Theil —<lb/>
entgegengeſetzt iſt, ſyntheſirt die abſolute Identität, die hier als Schwer-<lb/>
kraft der höheren Potenz eintritt, das Licht mit ihm (daß nämlich nicht<lb/>
der <hirendition="#g">Körper</hi> das Licht breche, folgt aus der Newtonſchen Erfahrung,<lb/>
daß die Brechung nicht unmittelbar, ſondern in einiger Entfernung von<lb/>
der Oberfläche des Körpers geſchieht, wozu Newton eine <hirendition="#aq">actio in<lb/>
distans</hi> annimmt, die ich — im Newtonſchen Sinne — nicht nur<lb/>
hier, ſondern überall verwerfe). Dieſe Syntheſe des Lichts und des<lb/>
Körpers iſt beim durchſichtigen und undurchſichtigen Körper gleicherweiſe<lb/>
der Fall, nur daß dieſer das Licht reflektirt, der durchſichtige Körper<lb/>
aber nimmt es in ſich ſelbſt auf und durchdringt ſich mit ihm. Da es<lb/>
aber keine vollkommene Durchſichtigkeit gibt, ſondern in denjenigen durch-<lb/>ſichtigen Körpern, welche das Licht am meiſten brechen, auch noch das<lb/>
größte Uebergewicht der Beſonderheit iſt, ſo wird das Licht oder die<lb/>
Identität im Licht ſelbſt mit der Beſonderheit oder Differenz ſyntheſirt<lb/>
und demnach getrübt. (Alle unſere durchſichtigen Körper ſind trübende<lb/>
Mittel). Es iſt abermals weder das Licht für ſich noch der Körper<lb/>
für ſich, ſondern es iſt das, worin beide eins ſind, was die Farbe<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[511/0187]
Indifferenz ſeines Beſonderen mit ſeinem Allgemeinen oder Begriff. Die
Trübung für das Licht wird alſo nur da aufhören, wo dieſe relative
Gleichheit ſo weit aufgehoben iſt, daß entweder das rein-Allgemeine oder
das rein-Beſondere überwiegend iſt — alſo an den Enden der Cohä-
ſionsreihe —, oder da, wo beide zur abſoluten Indifferenz reducirt ſind,
wie im Waſſer, deſſen Allgemeines das ganze Beſondere, das Beſondere
das ganze Allgemeine iſt, oder da, wo auch der Streit der abſoluten
Cohäſion (wodurch der Körper in ſich ſelbſt) und der relativen (wodurch
er dem Licht angehört) vollkommen ausgeglichen iſt, und der Körper
ganz Erde und ganz Sonne iſt. — Die weiteren Erläuterungen dieſer
Sätze gehören, wie von ſelbſt offenbar iſt, in eine andere Sphäre der
Unterſuchung.
Ein ſolcher Körper nun, der in der vollkommenen Identität mit
dem Licht iſt (und ein ſolcher wäre ein abſolut-durchſichtiger Körper),
wäre dem Licht überall nicht mehr entgegengeſetzt. Nur inſofern der Körper
noch immer ein Beſonderes bleibt oder dem Licht relativ — zum Theil —
entgegengeſetzt iſt, ſyntheſirt die abſolute Identität, die hier als Schwer-
kraft der höheren Potenz eintritt, das Licht mit ihm (daß nämlich nicht
der Körper das Licht breche, folgt aus der Newtonſchen Erfahrung,
daß die Brechung nicht unmittelbar, ſondern in einiger Entfernung von
der Oberfläche des Körpers geſchieht, wozu Newton eine actio in
distans annimmt, die ich — im Newtonſchen Sinne — nicht nur
hier, ſondern überall verwerfe). Dieſe Syntheſe des Lichts und des
Körpers iſt beim durchſichtigen und undurchſichtigen Körper gleicherweiſe
der Fall, nur daß dieſer das Licht reflektirt, der durchſichtige Körper
aber nimmt es in ſich ſelbſt auf und durchdringt ſich mit ihm. Da es
aber keine vollkommene Durchſichtigkeit gibt, ſondern in denjenigen durch-
ſichtigen Körpern, welche das Licht am meiſten brechen, auch noch das
größte Uebergewicht der Beſonderheit iſt, ſo wird das Licht oder die
Identität im Licht ſelbſt mit der Beſonderheit oder Differenz ſyntheſirt
und demnach getrübt. (Alle unſere durchſichtigen Körper ſind trübende
Mittel). Es iſt abermals weder das Licht für ſich noch der Körper
für ſich, ſondern es iſt das, worin beide eins ſind, was die Farbe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/187>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.