gungen von Seiten des Orts, die nicht in der Gewalt des Lustwandlers stehn. Sie finden sich aber nur in einer größern, volkreichen Stadt. Hier, wo sich nicht jedermann, wie in einer kleinen Stadt kennt, wirken die Menschen nur durch ihren Anblick auf einander als Men- schen, nicht als dieser oder jener besondere Mensch, mithin die ganze Menge der Spatzierenden nicht als bloßer Bekannt- schaftskreis. Dieß läßt dem Gemüthe seine Freyheit; und nur da kann man sich auf einem öffentlichen Spatziergange so zerstreut und erheitert fühlen, wie in kei- ner kleinen Stadt. Beym Anblick von Menschen, die wir kennen, bleiben wir nie stehn: unsere Gedanken nehmen so- gleich eine andere Richtung, und zwar
gungen von Seiten des Orts, die nicht in der Gewalt des Luſtwandlers ſtehn. Sie finden ſich aber nur in einer groͤßern, volkreichen Stadt. Hier, wo ſich nicht jedermann, wie in einer kleinen Stadt kennt, wirken die Menſchen nur durch ihren Anblick auf einander als Men- ſchen, nicht als dieſer oder jener beſondere Menſch, mithin die ganze Menge der Spatzierenden nicht als bloßer Bekannt- ſchaftskreis. Dieß laͤßt dem Gemuͤthe ſeine Freyheit; und nur da kann man ſich auf einem oͤffentlichen Spatziergange ſo zerſtreut und erheitert fuͤhlen, wie in kei- ner kleinen Stadt. Beym Anblick von Menſchen, die wir kennen, bleiben wir nie ſtehn: unſere Gedanken nehmen ſo- gleich eine andere Richtung, und zwar
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gungen von Seiten des Orts, die
nicht in der Gewalt des Luſtwandlers
ſtehn. Sie finden ſich aber nur in einer
groͤßern, volkreichen Stadt. Hier, wo
ſich nicht jedermann, wie in einer kleinen
Stadt kennt, wirken die Menſchen nur
durch ihren Anblick auf einander als Men-
ſchen, nicht als dieſer oder jener beſondere
Menſch, mithin die ganze Menge der
Spatzierenden nicht als bloßer Bekannt-
ſchaftskreis. Dieß laͤßt dem Gemuͤthe
ſeine Freyheit; und nur da kann man ſich
auf einem oͤffentlichen Spatziergange ſo
zerſtreut und erheitert fuͤhlen, wie in kei-
ner kleinen Stadt. Beym Anblick von
Menſchen, die wir kennen, bleiben wir
nie ſtehn: unſere Gedanken nehmen ſo-
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Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/60>, abgerufen am 17.05.2024.
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