Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

Nur müßte das Jnteresse, das der
Lustwandler an der Natur nimmt, kein
intellektuelles Jnteresse seyn. Ein
solches ginge über den bloßen Eindruck der
Dinge, ginge über ihre reitzende Ober-
fläche hinaus und verwandelte das freye
Spiel der Vorstellkräfte, wobey nur Er-
holung Statt fände, in ein ernstes, den
Geist anstrengendes, so wie den Körper er-
mattendes Geschäft. Jhre volle reine
Wirkung zur Erheiterung des Geistes, so
wie zur treuen Aufnahme, zur vertrauten
Kenntniß ihrer Erscheinungen, thut die Na-
tur nur in der für das Lustwandeln einzig
günstigen Verfassung unsers Jnnern, wo
man sich mit unbefangener Seele, aber
darum nicht bloß leidend, ihren Eindrücken
überläßt. Man darf wohl zweifeln, ob ein

Nur muͤßte das Jntereſſe, das der
Luſtwandler an der Natur nimmt, kein
intellektuelles Jntereſſe ſeyn. Ein
ſolches ginge uͤber den bloßen Eindruck der
Dinge, ginge uͤber ihre reitzende Ober-
flaͤche hinaus und verwandelte das freye
Spiel der Vorſtellkraͤfte, wobey nur Er-
holung Statt faͤnde, in ein ernſtes, den
Geiſt anſtrengendes, ſo wie den Koͤrper er-
mattendes Geſchaͤft. Jhre volle reine
Wirkung zur Erheiterung des Geiſtes, ſo
wie zur treuen Aufnahme, zur vertrauten
Kenntniß ihrer Erſcheinungen, thut die Na-
tur nur in der fuͤr das Luſtwandeln einzig
guͤnſtigen Verfaſſung unſers Jnnern, wo
man ſich mit unbefangener Seele, aber
darum nicht bloß leidend, ihren Eindruͤcken
uͤberlaͤßt. Man darf wohl zweifeln, ob ein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0054" n="50"/>
        <p>Nur mu&#x0364;ßte das Jntere&#x017F;&#x017F;e, das der<lb/>
Lu&#x017F;twandler an der Natur nimmt, kein<lb/><hi rendition="#g">intellektuelles</hi> Jntere&#x017F;&#x017F;e &#x017F;eyn. Ein<lb/>
&#x017F;olches ginge u&#x0364;ber den bloßen Eindruck der<lb/>
Dinge, ginge u&#x0364;ber ihre reitzende Ober-<lb/>
fla&#x0364;che hinaus und verwandelte das freye<lb/>
Spiel der Vor&#x017F;tellkra&#x0364;fte, wobey nur Er-<lb/>
holung Statt fa&#x0364;nde, in ein ern&#x017F;tes, den<lb/>
Gei&#x017F;t an&#x017F;trengendes, &#x017F;o wie den Ko&#x0364;rper er-<lb/>
mattendes Ge&#x017F;cha&#x0364;ft. Jhre volle reine<lb/>
Wirkung zur Erheiterung des Gei&#x017F;tes, &#x017F;o<lb/>
wie zur treuen Aufnahme, zur vertrauten<lb/>
Kenntniß ihrer Er&#x017F;cheinungen, thut die Na-<lb/>
tur nur in der fu&#x0364;r das Lu&#x017F;twandeln einzig<lb/>
gu&#x0364;n&#x017F;tigen Verfa&#x017F;&#x017F;ung un&#x017F;ers Jnnern, wo<lb/>
man &#x017F;ich mit unbefangener Seele, aber<lb/>
darum nicht bloß leidend, ihren Eindru&#x0364;cken<lb/>
u&#x0364;berla&#x0364;ßt. Man darf wohl zweifeln, ob ein<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0054] Nur muͤßte das Jntereſſe, das der Luſtwandler an der Natur nimmt, kein intellektuelles Jntereſſe ſeyn. Ein ſolches ginge uͤber den bloßen Eindruck der Dinge, ginge uͤber ihre reitzende Ober- flaͤche hinaus und verwandelte das freye Spiel der Vorſtellkraͤfte, wobey nur Er- holung Statt faͤnde, in ein ernſtes, den Geiſt anſtrengendes, ſo wie den Koͤrper er- mattendes Geſchaͤft. Jhre volle reine Wirkung zur Erheiterung des Geiſtes, ſo wie zur treuen Aufnahme, zur vertrauten Kenntniß ihrer Erſcheinungen, thut die Na- tur nur in der fuͤr das Luſtwandeln einzig guͤnſtigen Verfaſſung unſers Jnnern, wo man ſich mit unbefangener Seele, aber darum nicht bloß leidend, ihren Eindruͤcken uͤberlaͤßt. Man darf wohl zweifeln, ob ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/54
Zitationshilfe: Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/54>, abgerufen am 17.05.2024.