Ueber das Schillersche Gedicht dürfte ich in der Folge einen ästhetischen Commen- tar, wozu es sich mir vor vielen andern zu eignen scheint, versuchen, um sowohl die Eigenheit der Gattung, die es schuf (denn es ist kein Lehrgedicht), als die in- nere Composition desselben zu entwickeln.
Es müssen beyde mit einan- der verbunden werden. S. 64. Z. 9. Auch von dieser Seite zeigt sich die Verschiedenheit des Nationalgeists. Der Franzos lebt weit mehr in der geselli- gen Welt; der Engländer liebt mehr den einsamen Umgang mit sich und den Mu- sen, außerhalb der großen Städte, in der Natur. Daher hat auch der Charakter des Franzosen mehr Gemeinsinn (einen mehr durch Gesellschaft, die zur allgemei- nen Denkart, Handlungsweise und Sin- nesart stimmt, gebildeten Geist); der
Ueber das Schillerſche Gedicht duͤrfte ich in der Folge einen aͤſthetiſchen Commen- tar, wozu es ſich mir vor vielen andern zu eignen ſcheint, verſuchen, um ſowohl die Eigenheit der Gattung, die es ſchuf (denn es iſt kein Lehrgedicht), als die in- nere Compoſition deſſelben zu entwickeln.
Es muͤſſen beyde mit einan- der verbunden werden. S. 64. Z. 9. Auch von dieſer Seite zeigt ſich die Verſchiedenheit des Nationalgeiſts. Der Franzos lebt weit mehr in der geſelli- gen Welt; der Englaͤnder liebt mehr den einſamen Umgang mit ſich und den Mu- ſen, außerhalb der großen Staͤdte, in der Natur. Daher hat auch der Charakter des Franzoſen mehr Gemeinſinn (einen mehr durch Geſellſchaft, die zur allgemei- nen Denkart, Handlungsweiſe und Sin- nesart ſtimmt, gebildeten Geiſt); der
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Ueber das Schillerſche Gedicht duͤrfte
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tar, wozu es ſich mir vor vielen andern
zu eignen ſcheint, verſuchen, um ſowohl
die Eigenheit der Gattung, die es ſchuf
(denn es iſt kein Lehrgedicht), als die in-
nere Compoſition deſſelben zu entwickeln.
Es muͤſſen beyde mit einan-
der verbunden werden. S. 64.
Z. 9. Auch von dieſer Seite zeigt ſich
die Verſchiedenheit des Nationalgeiſts.
Der Franzos lebt weit mehr in der geſelli-
gen Welt; der Englaͤnder liebt mehr den
einſamen Umgang mit ſich und den Mu-
ſen, außerhalb der großen Staͤdte, in der
Natur. Daher hat auch der Charakter
des Franzoſen mehr Gemeinſinn (einen
mehr durch Geſellſchaft, die zur allgemei-
nen Denkart, Handlungsweiſe und Sin-
nesart ſtimmt, gebildeten Geiſt); der
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Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/226>, abgerufen am 17.05.2024.
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