Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

nes Sinnes für die Natur. Der Sinn
für die Natur will durch Umgang mit ihr
wie die Freundschaft stets in Uebung er-
halten seyn, ohne welche das Gefühl für
Freundschaft so wie für die Natur, auch
in der gefühlvollsten Brust, endlich ganz
erlischt. Sie, die Natur, gleicht einem
Schauspiel, das aus mehrern Acten,
und jeder Act aus noch mehrern Scenen
besteht. Hätte wohl ein Zuschauer das
Ganze gefaßt, der nur bey einzelnen Sce-
nen gegenwärtig wäre, und in diesen wohl
gar, unaufmerksam, die Zeit verplau-
derte? Selbst derjenige, der, um der
Natur näher zu seyn, in der schönen Jah-
reszeit auf dem Lande wohnte, hätte sich
durch seinen ländlichen Aufenthalt nur Ge-
legenheit verschafft, nähern Umgang mit der

nes Sinnes fuͤr die Natur. Der Sinn
fuͤr die Natur will durch Umgang mit ihr
wie die Freundſchaft ſtets in Uebung er-
halten ſeyn, ohne welche das Gefuͤhl fuͤr
Freundſchaft ſo wie fuͤr die Natur, auch
in der gefuͤhlvollſten Bruſt, endlich ganz
erliſcht. Sie, die Natur, gleicht einem
Schauſpiel, das aus mehrern Acten,
und jeder Act aus noch mehrern Scenen
beſteht. Haͤtte wohl ein Zuſchauer das
Ganze gefaßt, der nur bey einzelnen Sce-
nen gegenwaͤrtig waͤre, und in dieſen wohl
gar, unaufmerkſam, die Zeit verplau-
derte? Selbſt derjenige, der, um der
Natur naͤher zu ſeyn, in der ſchoͤnen Jah-
reszeit auf dem Lande wohnte, haͤtte ſich
durch ſeinen laͤndlichen Aufenthalt nur Ge-
legenheit verſchafft, naͤhern Umgang mit der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0127" n="123"/>
nes Sinnes fu&#x0364;r die Natur. Der Sinn<lb/>
fu&#x0364;r die Natur will durch Umgang mit ihr<lb/>
wie die Freund&#x017F;chaft &#x017F;tets in Uebung er-<lb/>
halten &#x017F;eyn, ohne welche das Gefu&#x0364;hl fu&#x0364;r<lb/>
Freund&#x017F;chaft &#x017F;o wie fu&#x0364;r die Natur, auch<lb/>
in der gefu&#x0364;hlvoll&#x017F;ten Bru&#x017F;t, endlich ganz<lb/>
erli&#x017F;cht. Sie, die Natur, gleicht einem<lb/>
Schau&#x017F;piel, das aus mehrern Acten,<lb/>
und jeder Act aus noch mehrern Scenen<lb/>
be&#x017F;teht. Ha&#x0364;tte wohl ein Zu&#x017F;chauer das<lb/>
Ganze gefaßt, der nur bey einzelnen Sce-<lb/>
nen gegenwa&#x0364;rtig wa&#x0364;re, und in die&#x017F;en wohl<lb/>
gar, unaufmerk&#x017F;am, die Zeit verplau-<lb/>
derte? Selb&#x017F;t derjenige, der, um der<lb/>
Natur na&#x0364;her zu &#x017F;eyn, in der &#x017F;cho&#x0364;nen Jah-<lb/>
reszeit auf dem Lande wohnte, ha&#x0364;tte &#x017F;ich<lb/>
durch &#x017F;einen la&#x0364;ndlichen Aufenthalt nur Ge-<lb/>
legenheit ver&#x017F;chafft, na&#x0364;hern Umgang mit der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0127] nes Sinnes fuͤr die Natur. Der Sinn fuͤr die Natur will durch Umgang mit ihr wie die Freundſchaft ſtets in Uebung er- halten ſeyn, ohne welche das Gefuͤhl fuͤr Freundſchaft ſo wie fuͤr die Natur, auch in der gefuͤhlvollſten Bruſt, endlich ganz erliſcht. Sie, die Natur, gleicht einem Schauſpiel, das aus mehrern Acten, und jeder Act aus noch mehrern Scenen beſteht. Haͤtte wohl ein Zuſchauer das Ganze gefaßt, der nur bey einzelnen Sce- nen gegenwaͤrtig waͤre, und in dieſen wohl gar, unaufmerkſam, die Zeit verplau- derte? Selbſt derjenige, der, um der Natur naͤher zu ſeyn, in der ſchoͤnen Jah- reszeit auf dem Lande wohnte, haͤtte ſich durch ſeinen laͤndlichen Aufenthalt nur Ge- legenheit verſchafft, naͤhern Umgang mit der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/127
Zitationshilfe: Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/127>, abgerufen am 17.05.2024.