ten seyn. Denn wenn es auch andern als den Personen von der Familie des Be- sitzers erlaubt wäre, darin zu lustwandeln, so würde sich doch nicht die gesellige Welt zu regelmäßigen Spatziergängen dahin ziehn. Behielte sich vollends der Besitzer des Gartens den Genuß desselben aus- schließlich vor: so herrschte da in Stun- den, wo er keine Gesellschaft bey sich sähe, eine noch tiefere Einsamkeit. Es läßt sich gar wohl denken, wie jemand, der mit Sinn für die Natur begabt ist, in der Nähe der Stadt einen Zufluchtsort zu der ungekünstelten Natur für sich zu besitzen wünscht, wohin er sich aus den Fesseln der großen Welt leicht retten kann. Um so mehr Achtung verdient dessen Huma- nität, wenn er, mit diesem Sinn für
ten ſeyn. Denn wenn es auch andern als den Perſonen von der Familie des Be- ſitzers erlaubt waͤre, darin zu luſtwandeln, ſo wuͤrde ſich doch nicht die geſellige Welt zu regelmaͤßigen Spatziergaͤngen dahin ziehn. Behielte ſich vollends der Beſitzer des Gartens den Genuß deſſelben aus- ſchließlich vor: ſo herrſchte da in Stun- den, wo er keine Geſellſchaft bey ſich ſaͤhe, eine noch tiefere Einſamkeit. Es laͤßt ſich gar wohl denken, wie jemand, der mit Sinn fuͤr die Natur begabt iſt, in der Naͤhe der Stadt einen Zufluchtsort zu der ungekuͤnſtelten Natur fuͤr ſich zu beſitzen wuͤnſcht, wohin er ſich aus den Feſſeln der großen Welt leicht retten kann. Um ſo mehr Achtung verdient deſſen Huma- nitaͤt, wenn er, mit dieſem Sinn fuͤr
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0106"n="102"/>
ten ſeyn. Denn wenn es auch andern als<lb/>
den Perſonen von der Familie des Be-<lb/>ſitzers erlaubt waͤre, darin zu luſtwandeln,<lb/>ſo wuͤrde ſich doch nicht die geſellige Welt<lb/>
zu regelmaͤßigen Spatziergaͤngen dahin<lb/>
ziehn. Behielte ſich vollends der Beſitzer<lb/>
des Gartens den Genuß deſſelben aus-<lb/>ſchließlich vor: ſo herrſchte da in Stun-<lb/>
den, wo er keine Geſellſchaft bey ſich ſaͤhe,<lb/>
eine noch tiefere Einſamkeit. Es laͤßt ſich<lb/>
gar wohl denken, wie jemand, der mit<lb/>
Sinn fuͤr die Natur begabt iſt, in der<lb/>
Naͤhe der Stadt einen Zufluchtsort zu der<lb/>
ungekuͤnſtelten Natur fuͤr ſich zu beſitzen<lb/>
wuͤnſcht, wohin er ſich aus den Feſſeln<lb/>
der großen Welt leicht retten kann. Um<lb/>ſo mehr Achtung verdient deſſen Huma-<lb/>
nitaͤt, wenn er, mit dieſem Sinn fuͤr<lb/></p></div></body></text></TEI>
[102/0106]
ten ſeyn. Denn wenn es auch andern als
den Perſonen von der Familie des Be-
ſitzers erlaubt waͤre, darin zu luſtwandeln,
ſo wuͤrde ſich doch nicht die geſellige Welt
zu regelmaͤßigen Spatziergaͤngen dahin
ziehn. Behielte ſich vollends der Beſitzer
des Gartens den Genuß deſſelben aus-
ſchließlich vor: ſo herrſchte da in Stun-
den, wo er keine Geſellſchaft bey ſich ſaͤhe,
eine noch tiefere Einſamkeit. Es laͤßt ſich
gar wohl denken, wie jemand, der mit
Sinn fuͤr die Natur begabt iſt, in der
Naͤhe der Stadt einen Zufluchtsort zu der
ungekuͤnſtelten Natur fuͤr ſich zu beſitzen
wuͤnſcht, wohin er ſich aus den Feſſeln
der großen Welt leicht retten kann. Um
ſo mehr Achtung verdient deſſen Huma-
nitaͤt, wenn er, mit dieſem Sinn fuͤr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/106>, abgerufen am 18.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.