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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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Nachwelt gewiß unglaublichen Art des Rück-
zuges der so zahlreich, stark und schön nach
Rußland gezognen, und so schwach und
häßlich von da zurückkommenden Heere Na-
poleons. Einige Offiziere, die bei mir ein-
quartirt gewesen, von denen ich nur ein
Paar an mein Bett konnte kommen lassen,
überzeugten meine Ohren und Augen von
ihrem Elende.

Wird es den Geschichtschreibern dieses
Zeitraums nicht ergehen, wie denen, welche
die Anfänge der großen Roma beschrieben,
an welche den festen Glauben in frühern
Zeiten Beaufort und in der neusten Nie-
buhr
uns so ziemlich benommen haben,
und muß man den Zweifeln dieser nicht oft
mehr trauen, als den Zeugnissen jener?

Meinen mir während der langen Krank-
heit ihre herzliche Theilnahme bezeugenden
Freunden erwiederte ich, meiner leiblichen
großen Schwachheit ungeachtet, diese mit so
herzlicher Lebhaftigkeit, daß auf die meisten
Besuche ein stärkres Fieber folgte, und der
Arzt zuletzt alle Unterhaltung mit ihnen
untersagen mußte. Was ich während der
Krankheit aufschrieb, wird man jedesmal
mit seinem Datum bezeichnet finden. Der

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Nachwelt gewiß unglaublichen Art des Ruͤck-
zuges der ſo zahlreich, ſtark und ſchoͤn nach
Rußland gezognen, und ſo ſchwach und
haͤßlich von da zuruͤckkommenden Heere Na-
poleons. Einige Offiziere, die bei mir ein-
quartirt geweſen, von denen ich nur ein
Paar an mein Bett konnte kommen laſſen,
uͤberzeugten meine Ohren und Augen von
ihrem Elende.

Wird es den Geſchichtſchreibern dieſes
Zeitraums nicht ergehen, wie denen, welche
die Anfaͤnge der großen Roma beſchrieben,
an welche den feſten Glauben in fruͤhern
Zeiten Beaufort und in der neuſten Nie-
buhr
uns ſo ziemlich benommen haben,
und muß man den Zweifeln dieſer nicht oft
mehr trauen, als den Zeugniſſen jener?

Meinen mir waͤhrend der langen Krank-
heit ihre herzliche Theilnahme bezeugenden
Freunden erwiederte ich, meiner leiblichen
großen Schwachheit ungeachtet, dieſe mit ſo
herzlicher Lebhaftigkeit, daß auf die meiſten
Beſuche ein ſtaͤrkres Fieber folgte, und der
Arzt zuletzt alle Unterhaltung mit ihnen
unterſagen mußte. Was ich waͤhrend der
Krankheit aufſchrieb, wird man jedesmal
mit ſeinem Datum bezeichnet finden. Der

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[451/0468] Nachwelt gewiß unglaublichen Art des Ruͤck- zuges der ſo zahlreich, ſtark und ſchoͤn nach Rußland gezognen, und ſo ſchwach und haͤßlich von da zuruͤckkommenden Heere Na- poleons. Einige Offiziere, die bei mir ein- quartirt geweſen, von denen ich nur ein Paar an mein Bett konnte kommen laſſen, uͤberzeugten meine Ohren und Augen von ihrem Elende. Wird es den Geſchichtſchreibern dieſes Zeitraums nicht ergehen, wie denen, welche die Anfaͤnge der großen Roma beſchrieben, an welche den feſten Glauben in fruͤhern Zeiten Beaufort und in der neuſten Nie- buhr uns ſo ziemlich benommen haben, und muß man den Zweifeln dieſer nicht oft mehr trauen, als den Zeugniſſen jener? Meinen mir waͤhrend der langen Krank- heit ihre herzliche Theilnahme bezeugenden Freunden erwiederte ich, meiner leiblichen großen Schwachheit ungeachtet, dieſe mit ſo herzlicher Lebhaftigkeit, daß auf die meiſten Beſuche ein ſtaͤrkres Fieber folgte, und der Arzt zuletzt alle Unterhaltung mit ihnen unterſagen mußte. Was ich waͤhrend der Krankheit aufſchrieb, wird man jedesmal mit ſeinem Datum bezeichnet finden. Der F f 2

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/468>, abgerufen am 22.11.2024.