Wohlgefallen am Vernichten und Quälen zu beschönigen. Scheint es doch, als glaube man, es liege im Druck neuer Lasten Kraft, die alten desto geduldiger zu tragen.
Wer Gelegenheit hat die französische Armee näher zu beschauen, wird finden, daß in dem Zwischenraum vom letzten Kriege bis zur Verbindung mit Preussen, selbst die gemeinen Soldaten roues geworden sind, die das Schwelgerische und Aergerliche jener Orle- ansschen Umgebungen wiederholen. Die mehrsten ihrer schnell hochgestiegnen Befehls- haber scheinen in die gemeine Natur ihrer erziehungslosen Jugend zurückzufallen, und den Soldaten Beyspiele der Grobheit, Hab- sucht, Freude an Zerstörung und sinnloser Frivolität zu geben. Der Geistes- und Her- zens-Sanseülotismus hat mit der Beklei- dungspracht der Armee um die Wette zuge- nommen, und die Einfachheit der vorigen Heereinrichtung sticht gegen die Putz- nnd Equipagenvermehrung der jetzigen so augen- scheinlich ab, als sie die Landeslasten zu Befriedigung dieser Bedürfnisse vergrößert. Bivouaks, ununterbrochne Märsche, bis- weiliger Mangel an Sold und Lebensmitteln härten den Soldaten keinesweges ab, wenn
Wohlgefallen am Vernichten und Quaͤlen zu beſchoͤnigen. Scheint es doch, als glaube man, es liege im Druck neuer Laſten Kraft, die alten deſto geduldiger zu tragen.
Wer Gelegenheit hat die franzoͤſiſche Armee naͤher zu beſchauen, wird finden, daß in dem Zwiſchenraum vom letzten Kriege bis zur Verbindung mit Preuſſen, ſelbſt die gemeinen Soldaten roués geworden ſind, die das Schwelgeriſche und Aergerliche jener Orle- ansſchen Umgebungen wiederholen. Die mehrſten ihrer ſchnell hochgeſtiegnen Befehls- haber ſcheinen in die gemeine Natur ihrer erziehungsloſen Jugend zuruͤckzufallen, und den Soldaten Beyſpiele der Grobheit, Hab- ſucht, Freude an Zerſtoͤrung und ſinnloſer Frivolitaͤt zu geben. Der Geiſtes- und Her- zens-Sanseuͤlotismus hat mit der Beklei- dungspracht der Armee um die Wette zuge- nommen, und die Einfachheit der vorigen Heereinrichtung ſticht gegen die Putz- nnd Equipagenvermehrung der jetzigen ſo augen- ſcheinlich ab, als ſie die Landeslaſten zu Befriedigung dieſer Beduͤrfniſſe vergroͤßert. Bivouaks, ununterbrochne Maͤrſche, bis- weiliger Mangel an Sold und Lebensmitteln haͤrten den Soldaten keinesweges ab, wenn
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Wohlgefallen am Vernichten und Quaͤlen
zu beſchoͤnigen. Scheint es doch, als glaube
man, es liege im Druck neuer Laſten Kraft,
die alten deſto geduldiger zu tragen.
Wer Gelegenheit hat die franzoͤſiſche
Armee naͤher zu beſchauen, wird finden, daß
in dem Zwiſchenraum vom letzten Kriege
bis zur Verbindung mit Preuſſen, ſelbſt die
gemeinen Soldaten roués geworden ſind, die
das Schwelgeriſche und Aergerliche jener Orle-
ansſchen Umgebungen wiederholen. Die
mehrſten ihrer ſchnell hochgeſtiegnen Befehls-
haber ſcheinen in die gemeine Natur ihrer
erziehungsloſen Jugend zuruͤckzufallen, und
den Soldaten Beyſpiele der Grobheit, Hab-
ſucht, Freude an Zerſtoͤrung und ſinnloſer
Frivolitaͤt zu geben. Der Geiſtes- und Her-
zens-Sanseuͤlotismus hat mit der Beklei-
dungspracht der Armee um die Wette zuge-
nommen, und die Einfachheit der vorigen
Heereinrichtung ſticht gegen die Putz- nnd
Equipagenvermehrung der jetzigen ſo augen-
ſcheinlich ab, als ſie die Landeslaſten zu
Befriedigung dieſer Beduͤrfniſſe vergroͤßert.
Bivouaks, ununterbrochne Maͤrſche, bis-
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/454>, abgerufen am 22.11.2024.
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