fielen, die ich mir nicht zu lösen vermochte, so gerieth ich auf den Abweg, mich über Religions-Angelegenheiten weder mit mir selbst, noch mit andern einzulassen. Jeru- salems Betrachtungen etc., besonders das letzte Stück, weckten mich aus diesem Schlum- mer, und Semler etc. half mir vollends auf die Straße, die ich meine richtige nen- nen möchte, und so wenig liturgischen Glau- ben ich auch habe, so besorg ich bey meiner herzinnigen Ergebung in Gott doch gar nicht, daß die Kleinheit seiner Portion im Stande seyn werde, ein Glückseligkeits-Jnterdikt auf meine künftige Zeit zu legen. *)
Garve schreibt an Zollikofer (Brief- wechsel Seite 248.) ganz aus meiner Seele:
*) Schiller sagte: "Scepticismus und Freygeisterey "sind die Fieberparoxismen des menschlichen Gei- "stes, und müssen durch eben die unnatürlichen "Erschütterungen, die sie in gut organisirten "Seelen verursachen, zuletzt die Gesundheit be- "festigen helfen. Je blendender, je verführen- "der der Jrrthum, desto mehr Triumph für die "Wahrheit, je quälender der Zweifel, desto größer "die Aufforderung zur Ueberzeugung und festen "Gewißheit." Schillers Biographie. Wien 1810. Seite 97.
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fielen, die ich mir nicht zu loͤſen vermochte, ſo gerieth ich auf den Abweg, mich uͤber Religions-Angelegenheiten weder mit mir ſelbſt, noch mit andern einzulaſſen. Jeru- ſalems Betrachtungen ꝛc., beſonders das letzte Stuͤck, weckten mich aus dieſem Schlum- mer, und Semler ꝛc. half mir vollends auf die Straße, die ich meine richtige nen- nen moͤchte, und ſo wenig liturgiſchen Glau- ben ich auch habe, ſo beſorg ich bey meiner herzinnigen Ergebung in Gott doch gar nicht, daß die Kleinheit ſeiner Portion im Stande ſeyn werde, ein Gluͤckſeligkeits-Jnterdikt auf meine kuͤnftige Zeit zu legen. *)
Garve ſchreibt an Zollikofer (Brief- wechſel Seite 248.) ganz aus meiner Seele:
*) Schiller ſagte: „Scepticismus und Freygeiſterey „ſind die Fieberparoxismen des menſchlichen Gei- „ſtes, und muͤſſen durch eben die unnatuͤrlichen „Erſchuͤtterungen, die ſie in gut organiſirten „Seelen verurſachen, zuletzt die Geſundheit be- „feſtigen helfen. Je blendender, je verfuͤhren- „der der Jrrthum, deſto mehr Triumph fuͤr die „Wahrheit, je quaͤlender der Zweifel, deſto groͤßer „die Aufforderung zur Ueberzeugung und feſten „Gewißheit.“ Schillers Biographie. Wien 1810. Seite 97.
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fielen, die ich mir nicht zu loͤſen vermochte,
ſo gerieth ich auf den Abweg, mich uͤber
Religions-Angelegenheiten weder mit mir
ſelbſt, noch mit andern einzulaſſen. Jeru-
ſalems Betrachtungen ꝛc., beſonders das
letzte Stuͤck, weckten mich aus dieſem Schlum-
mer, und Semler ꝛc. half mir vollends
auf die Straße, die ich meine richtige nen-
nen moͤchte, und ſo wenig liturgiſchen Glau-
ben ich auch habe, ſo beſorg ich bey meiner
herzinnigen Ergebung in Gott doch gar nicht,
daß die Kleinheit ſeiner Portion im Stande
ſeyn werde, ein Gluͤckſeligkeits-Jnterdikt auf
meine kuͤnftige Zeit zu legen. *)
Garve ſchreibt an Zollikofer (Brief-
wechſel Seite 248.) ganz aus meiner Seele:
*) Schiller ſagte: „Scepticismus und Freygeiſterey
„ſind die Fieberparoxismen des menſchlichen Gei-
„ſtes, und muͤſſen durch eben die unnatuͤrlichen
„Erſchuͤtterungen, die ſie in gut organiſirten
„Seelen verurſachen, zuletzt die Geſundheit be-
„feſtigen helfen. Je blendender, je verfuͤhren-
„der der Jrrthum, deſto mehr Triumph fuͤr die
„Wahrheit, je quaͤlender der Zweifel, deſto groͤßer
„die Aufforderung zur Ueberzeugung und feſten
„Gewißheit.“
Schillers Biographie. Wien 1810. Seite 97.
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/404>, abgerufen am 22.11.2024.
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