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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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sich aus mancherley Ursachen so stark be-
zweifeln, als sich, als Erfolg jener Zuhöre-
reyen, eine größre Dürre in andern zur
Weiblichkeit natürlicher gehörenden Erlernun-
gen besorgen läßt. Unserm Geschlechte wür-
de es nicht besser ergehen, wenn nicht Amts-
und andre Lebensbedürfnisse uns zur Unter-
richtsfortsetzung nöthigten, und unsre wissen-
schaftlichen Wasserbehälter vor der Austrock-
nung bewahrten.

Mehr als einmal hab ich mit fast sieg-
wartischer Empfindsamkeit und catullischer
Ueppigkeit geliebt, aber auch schon längst
eingesehen, daß ich beyde Arten zum Besten
des Leibes und der Seele hätte unterlassen
können und sollen, und daß jedem Manne
viel Vorsicht bey dieser Leidenschaft Pflicht
sey, zumal die Aufforderung zu ihrer Be-
friedigung bei einem auch nur etwas gebil-
deten Manne nie so stürmisch ist, es sey
denn, daß er sich selbst unnöthigerweise dazu
verwöhnt habe. Man lache indessen nicht
über mich, wenn ich bey dieser Gelegenheit
mit einem honny soit, qui mal y pense
bekenne, daß ich das Hausmittel des Grei-
ses David, dessen im ersten Capitel des ersten
Buchs der Könige gedacht wird, nicht ver-

ſich aus mancherley Urſachen ſo ſtark be-
zweifeln, als ſich, als Erfolg jener Zuhoͤre-
reyen, eine groͤßre Duͤrre in andern zur
Weiblichkeit natuͤrlicher gehoͤrenden Erlernun-
gen beſorgen laͤßt. Unſerm Geſchlechte wuͤr-
de es nicht beſſer ergehen, wenn nicht Amts-
und andre Lebensbeduͤrfniſſe uns zur Unter-
richtsfortſetzung noͤthigten, und unſre wiſſen-
ſchaftlichen Waſſerbehaͤlter vor der Austrock-
nung bewahrten.

Mehr als einmal hab ich mit faſt ſieg-
wartiſcher Empfindſamkeit und catulliſcher
Ueppigkeit geliebt, aber auch ſchon laͤngſt
eingeſehen, daß ich beyde Arten zum Beſten
des Leibes und der Seele haͤtte unterlaſſen
koͤnnen und ſollen, und daß jedem Manne
viel Vorſicht bey dieſer Leidenſchaft Pflicht
ſey, zumal die Aufforderung zu ihrer Be-
friedigung bei einem auch nur etwas gebil-
deten Manne nie ſo ſtuͤrmiſch iſt, es ſey
denn, daß er ſich ſelbſt unnoͤthigerweiſe dazu
verwoͤhnt habe. Man lache indeſſen nicht
uͤber mich, wenn ich bey dieſer Gelegenheit
mit einem honny soit, qui mal y pense
bekenne, daß ich das Hausmittel des Grei-
ſes David, deſſen im erſten Capitel des erſten
Buchs der Koͤnige gedacht wird, nicht ver-

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[362/0379] ſich aus mancherley Urſachen ſo ſtark be- zweifeln, als ſich, als Erfolg jener Zuhoͤre- reyen, eine groͤßre Duͤrre in andern zur Weiblichkeit natuͤrlicher gehoͤrenden Erlernun- gen beſorgen laͤßt. Unſerm Geſchlechte wuͤr- de es nicht beſſer ergehen, wenn nicht Amts- und andre Lebensbeduͤrfniſſe uns zur Unter- richtsfortſetzung noͤthigten, und unſre wiſſen- ſchaftlichen Waſſerbehaͤlter vor der Austrock- nung bewahrten. Mehr als einmal hab ich mit faſt ſieg- wartiſcher Empfindſamkeit und catulliſcher Ueppigkeit geliebt, aber auch ſchon laͤngſt eingeſehen, daß ich beyde Arten zum Beſten des Leibes und der Seele haͤtte unterlaſſen koͤnnen und ſollen, und daß jedem Manne viel Vorſicht bey dieſer Leidenſchaft Pflicht ſey, zumal die Aufforderung zu ihrer Be- friedigung bei einem auch nur etwas gebil- deten Manne nie ſo ſtuͤrmiſch iſt, es ſey denn, daß er ſich ſelbſt unnoͤthigerweiſe dazu verwoͤhnt habe. Man lache indeſſen nicht uͤber mich, wenn ich bey dieſer Gelegenheit mit einem honny soit, qui mal y pense bekenne, daß ich das Hausmittel des Grei- ſes David, deſſen im erſten Capitel des erſten Buchs der Koͤnige gedacht wird, nicht ver-

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/379>, abgerufen am 25.11.2024.