Essen und Trinken gebe und auch mit ziem- licher Sorgfalt darauf bedacht bin, daß nur Zusammenpassende auch zusammen eingela- den werden. Eine Schwalbe macht zwar keinen Sommer, aber ein Gast kann zuwei- len die Freudenkeime aller übrigen welk ma- chen, und man sollte daher solche Sortirun- gen nicht für unbedeutend halten. Wer zur Unterhaltung bey Tisch nicht beytragen kann, müßte auf das Zugastgehn Verzicht thun, so wie ein stummer Wirth jedesmal durch reich- licheres Anrichten den Gästen eine Entschä- digung für seine Redekargheit zu geben ver- pflichtet wäre.
Einen ganzen Tag in Gesellschaft zu seyn, hab ich auf alle mögliche Weise zu ver- meiden gesucht, und an denen, die es ohne Zwang ertragen können, meistens etwas noch viel ärgeres, als bloßen Sybaritismus wahrgenommen.
Jm kleinen Cirkel, im Zwiesprach mit einem klugen Mann, möchte wohl mein Seelenfeuerzeug die mehrsten Funken gesprüht haben. Zum Klubbmithalten hab ich mich nie entschließen können, und außer meinem Hause brachte ich in den ersten zehn Jahren meines hiesigen Aufenthalts nicht zwey Abende
Eſſen und Trinken gebe und auch mit ziem- licher Sorgfalt darauf bedacht bin, daß nur Zuſammenpaſſende auch zuſammen eingela- den werden. Eine Schwalbe macht zwar keinen Sommer, aber ein Gaſt kann zuwei- len die Freudenkeime aller uͤbrigen welk ma- chen, und man ſollte daher ſolche Sortirun- gen nicht fuͤr unbedeutend halten. Wer zur Unterhaltung bey Tiſch nicht beytragen kann, muͤßte auf das Zugaſtgehn Verzicht thun, ſo wie ein ſtummer Wirth jedesmal durch reich- licheres Anrichten den Gaͤſten eine Entſchaͤ- digung fuͤr ſeine Redekargheit zu geben ver- pflichtet waͤre.
Einen ganzen Tag in Geſellſchaft zu ſeyn, hab ich auf alle moͤgliche Weiſe zu ver- meiden geſucht, und an denen, die es ohne Zwang ertragen koͤnnen, meiſtens etwas noch viel aͤrgeres, als bloßen Sybaritismus wahrgenommen.
Jm kleinen Cirkel, im Zwieſprach mit einem klugen Mann, moͤchte wohl mein Seelenfeuerzeug die mehrſten Funken geſpruͤht haben. Zum Klubbmithalten hab ich mich nie entſchließen koͤnnen, und außer meinem Hauſe brachte ich in den erſten zehn Jahren meines hieſigen Aufenthalts nicht zwey Abende
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Eſſen und Trinken gebe und auch mit ziem-
licher Sorgfalt darauf bedacht bin, daß nur
Zuſammenpaſſende auch zuſammen eingela-
den werden. Eine Schwalbe macht zwar
keinen Sommer, aber ein Gaſt kann zuwei-
len die Freudenkeime aller uͤbrigen welk ma-
chen, und man ſollte daher ſolche Sortirun-
gen nicht fuͤr unbedeutend halten. Wer zur
Unterhaltung bey Tiſch nicht beytragen kann,
muͤßte auf das Zugaſtgehn Verzicht thun, ſo
wie ein ſtummer Wirth jedesmal durch reich-
licheres Anrichten den Gaͤſten eine Entſchaͤ-
digung fuͤr ſeine Redekargheit zu geben ver-
pflichtet waͤre.
Einen ganzen Tag in Geſellſchaft zu
ſeyn, hab ich auf alle moͤgliche Weiſe zu ver-
meiden geſucht, und an denen, die es ohne
Zwang ertragen koͤnnen, meiſtens etwas
noch viel aͤrgeres, als bloßen Sybaritismus
wahrgenommen.
Jm kleinen Cirkel, im Zwieſprach mit
einem klugen Mann, moͤchte wohl mein
Seelenfeuerzeug die mehrſten Funken geſpruͤht
haben. Zum Klubbmithalten hab ich mich
nie entſchließen koͤnnen, und außer meinem
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/373>, abgerufen am 25.11.2024.
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