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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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gröber wird. Woher mag es aber gekom-
men seyn, daß bey einem vielmonatlichen
Klingen in den Ohren ich nur immer den
Ton des Glöckleins vernahm, das ich als
Knabe des Morgens, wenn ich nach der
Schule ging, läuten hörte? Nie hörte ich
einen andern. Der Sprachton eines Men-
schen drückt sich gleich so sehr mir ein, daß
ich ihn sofort daran wieder erkenne und sel-
ten irre.

Meines jovialischen Humors ungeachtet,
hab ich viel Mürrisches und Ungefälliges in
meinem Betragen, und ob ich gleich jedem
gern alles, was ich vermag, zu Ge-
fallen thue, besonders wenn ich reellen Er-
folg davon absehen kann, so fällt mein Ja
doch selten in dem ersten Moment; ich fange
gemeinhin mit einem, oft sogar störrischen
Nein an und erhole mich hernach zum
freundlichern Ja. Wer meine manchmal
heftige Vorschnelligkeit und Aufwallung un-
bemerkt oder unerwiedert vorbeyschießen läßt,
findet mehrentheils im zweyten Augenblick
an mir den sanftmüthigsten Menschen; in-
nere Beschämung macht mich dann sehr nach-
gebend.

groͤber wird. Woher mag es aber gekom-
men ſeyn, daß bey einem vielmonatlichen
Klingen in den Ohren ich nur immer den
Ton des Gloͤckleins vernahm, das ich als
Knabe des Morgens, wenn ich nach der
Schule ging, laͤuten hoͤrte? Nie hoͤrte ich
einen andern. Der Sprachton eines Men-
ſchen druͤckt ſich gleich ſo ſehr mir ein, daß
ich ihn ſofort daran wieder erkenne und ſel-
ten irre.

Meines jovialiſchen Humors ungeachtet,
hab ich viel Muͤrriſches und Ungefaͤlliges in
meinem Betragen, und ob ich gleich jedem
gern alles, was ich vermag, zu Ge-
fallen thue, beſonders wenn ich reellen Er-
folg davon abſehen kann, ſo faͤllt mein Ja
doch ſelten in dem erſten Moment; ich fange
gemeinhin mit einem, oft ſogar ſtoͤrriſchen
Nein an und erhole mich hernach zum
freundlichern Ja. Wer meine manchmal
heftige Vorſchnelligkeit und Aufwallung un-
bemerkt oder unerwiedert vorbeyſchießen laͤßt,
findet mehrentheils im zweyten Augenblick
an mir den ſanftmuͤthigſten Menſchen; in-
nere Beſchaͤmung macht mich dann ſehr nach-
gebend.

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[344/0361] groͤber wird. Woher mag es aber gekom- men ſeyn, daß bey einem vielmonatlichen Klingen in den Ohren ich nur immer den Ton des Gloͤckleins vernahm, das ich als Knabe des Morgens, wenn ich nach der Schule ging, laͤuten hoͤrte? Nie hoͤrte ich einen andern. Der Sprachton eines Men- ſchen druͤckt ſich gleich ſo ſehr mir ein, daß ich ihn ſofort daran wieder erkenne und ſel- ten irre. Meines jovialiſchen Humors ungeachtet, hab ich viel Muͤrriſches und Ungefaͤlliges in meinem Betragen, und ob ich gleich jedem gern alles, was ich vermag, zu Ge- fallen thue, beſonders wenn ich reellen Er- folg davon abſehen kann, ſo faͤllt mein Ja doch ſelten in dem erſten Moment; ich fange gemeinhin mit einem, oft ſogar ſtoͤrriſchen Nein an und erhole mich hernach zum freundlichern Ja. Wer meine manchmal heftige Vorſchnelligkeit und Aufwallung un- bemerkt oder unerwiedert vorbeyſchießen laͤßt, findet mehrentheils im zweyten Augenblick an mir den ſanftmuͤthigſten Menſchen; in- nere Beſchaͤmung macht mich dann ſehr nach- gebend.

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/361>, abgerufen am 23.11.2024.