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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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keit spricht -- vieler Situationen aus Of-
sians Gedichten; -- ferner seine Neigung
und sein Glück Wasserquellen zu suchen und
zu finden -- sucht er einst so emsig nach
den Lebensquellen des Staats und findet
er sie so oft und glücklich -- was kann er
dem Lande werden!!

Jn dieser Zeit lernte ich eine Freundin
der Königin, die Kammerherrin von Berg
kennen, eine wahrlich sehr interessante, höchst
lebhafte und für Künste und Wissenschaf-
ten sehr löblich eingenommene Frau, die
man aber einer gewissen Gelehrsamkeits-
affektation beschuldigte. Jm häufigen Um-
gange mit ihr genoß ich manche frohe Stun-
de, und sprach mit ihr auch über Dinge, die
ihrer königlichen Freundin hätten heilsam
seyn können, wären sie ihr so unbefangen
wiedergesagt, als sie von mir ausgesprochen
worden -- da aber Frau von Berg viel un-
ter Fürsten gelebt hat, so bezweifelte ich ihr
rückhaltloses Wiedererzählen. *) Jhre Rasch-

*) Jn ihrer 1814. erschienenen Schrift: die Kö-
nigin Louise, der preußischen Nation
gewidmet,
erwartete man gewiß mehr, als sie
geliefert hat, und hätte liefern können und sollen,
um dieser herrlichen Frau ganz Recht wiederfah-
ren zu lassen.

keit ſpricht — vieler Situationen aus Of-
ſians Gedichten; — ferner ſeine Neigung
und ſein Gluͤck Waſſerquellen zu ſuchen und
zu finden — ſucht er einſt ſo emſig nach
den Lebensquellen des Staats und findet
er ſie ſo oft und gluͤcklich — was kann er
dem Lande werden!!

Jn dieſer Zeit lernte ich eine Freundin
der Koͤnigin, die Kammerherrin von Berg
kennen, eine wahrlich ſehr intereſſante, hoͤchſt
lebhafte und fuͤr Kuͤnſte und Wiſſenſchaf-
ten ſehr loͤblich eingenommene Frau, die
man aber einer gewiſſen Gelehrſamkeits-
affektation beſchuldigte. Jm haͤufigen Um-
gange mit ihr genoß ich manche frohe Stun-
de, und ſprach mit ihr auch uͤber Dinge, die
ihrer koͤniglichen Freundin haͤtten heilſam
ſeyn koͤnnen, waͤren ſie ihr ſo unbefangen
wiedergeſagt, als ſie von mir ausgeſprochen
worden — da aber Frau von Berg viel un-
ter Fuͤrſten gelebt hat, ſo bezweifelte ich ihr
ruͤckhaltloſes Wiedererzaͤhlen. *) Jhre Raſch-

*) Jn ihrer 1814. erſchienenen Schrift: die Koͤ-
nigin Louiſe, der preußiſchen Nation
gewidmet,
erwartete man gewiß mehr, als ſie
geliefert hat, und haͤtte liefern koͤnnen und ſollen,
um dieſer herrlichen Frau ganz Recht wiederfah-
ren zu laſſen.
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[292/0309] keit ſpricht — vieler Situationen aus Of- ſians Gedichten; — ferner ſeine Neigung und ſein Gluͤck Waſſerquellen zu ſuchen und zu finden — ſucht er einſt ſo emſig nach den Lebensquellen des Staats und findet er ſie ſo oft und gluͤcklich — was kann er dem Lande werden!! Jn dieſer Zeit lernte ich eine Freundin der Koͤnigin, die Kammerherrin von Berg kennen, eine wahrlich ſehr intereſſante, hoͤchſt lebhafte und fuͤr Kuͤnſte und Wiſſenſchaf- ten ſehr loͤblich eingenommene Frau, die man aber einer gewiſſen Gelehrſamkeits- affektation beſchuldigte. Jm haͤufigen Um- gange mit ihr genoß ich manche frohe Stun- de, und ſprach mit ihr auch uͤber Dinge, die ihrer koͤniglichen Freundin haͤtten heilſam ſeyn koͤnnen, waͤren ſie ihr ſo unbefangen wiedergeſagt, als ſie von mir ausgeſprochen worden — da aber Frau von Berg viel un- ter Fuͤrſten gelebt hat, ſo bezweifelte ich ihr ruͤckhaltloſes Wiedererzaͤhlen. *) Jhre Raſch- *) Jn ihrer 1814. erſchienenen Schrift: die Koͤ- nigin Louiſe, der preußiſchen Nation gewidmet, erwartete man gewiß mehr, als ſie geliefert hat, und haͤtte liefern koͤnnen und ſollen, um dieſer herrlichen Frau ganz Recht wiederfah- ren zu laſſen.

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/309>, abgerufen am 22.11.2024.