Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.Ramler *) und Matthison reichlich belegt *) Sulzer sagt in einem Briefe an Bodmer
(Körtens Briefsammlung 1ster Bd. S. 107.) von Ramler: "er ist ein ewiger Ausbesserer und sieht nichts für eine Kleinigkeit an, il-y-a un peu de folie en cela," worin er wohl Recht haben mag; vielleicht würde auch in seinen Oden man- ches anders seyn, wenn er nicht die Gewohnheit gehabt hätte, über ihre Hauptidee einen, oft recht langen, Aufsatz in Prosa niederzuschreiben, in sol- chem -- dann die besten Stellen anzustreichen, sie in neue Ordnung zu bringen und erst nach zwey, dreymaligem Anstreichen und Abschreiben, zur Ver- sificirung zu schreiten. Seine Uebersetzungen des Horaz, dessen Oden er auswendig wußte, schrieb er auf eine Seite seines Schreibtäfelchens, und die Correkturen, die ihm in Gesellschaft und auf Spaziergängen einfielen, auf die gegenüberstehen- de, löschte dann die erste Uebersetzung aus, schrieb die veränderte in ihre Stelle und verfuhr mit dieser so, wie mit der vorigen. Jn der Meinung, daß solches vorgängiges Nie- derschreiben in Prosa nicht vortheilhaft sey, bestä- tigt mich der Recensent von Alfieris Leben im 8ten Bande der Bibliothek der redenden und bildenden Künste, in der ich heut (3. Mai 1813.) gelesen habe, wenn er S. 276. sagt: "Weißlich Ramler *) und Matthiſon reichlich belegt *) Sulzer ſagt in einem Briefe an Bodmer
(Koͤrtens Briefſammlung 1ſter Bd. S. 107.) von Ramler: „er iſt ein ewiger Ausbeſſerer und ſieht nichts fuͤr eine Kleinigkeit an, il-y-a un peu de folie en cela,“ worin er wohl Recht haben mag; vielleicht wuͤrde auch in ſeinen Oden man- ches anders ſeyn, wenn er nicht die Gewohnheit gehabt haͤtte, uͤber ihre Hauptidee einen, oft recht langen, Aufſatz in Proſa niederzuſchreiben, in ſol- chem — dann die beſten Stellen anzuſtreichen, ſie in neue Ordnung zu bringen und erſt nach zwey, dreymaligem Anſtreichen und Abſchreiben, zur Ver- ſificirung zu ſchreiten. Seine Ueberſetzungen des Horaz, deſſen Oden er auswendig wußte, ſchrieb er auf eine Seite ſeines Schreibtaͤfelchens, und die Correkturen, die ihm in Geſellſchaft und auf Spaziergaͤngen einfielen, auf die gegenuͤberſtehen- de, loͤſchte dann die erſte Ueberſetzung aus, ſchrieb die veraͤnderte in ihre Stelle und verfuhr mit dieſer ſo, wie mit der vorigen. Jn der Meinung, daß ſolches vorgaͤngiges Nie- derſchreiben in Proſa nicht vortheilhaft ſey, beſtaͤ- tigt mich der Recenſent von Alfieris Leben im 8ten Bande der Bibliothek der redenden und bildenden Kuͤnſte, in der ich heut (3. Mai 1813.) geleſen habe, wenn er S. 276. ſagt: „Weißlich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0262" n="245"/> Ramler <note xml:id="seg2pn_21_1" next="#seg2pn_21_2" place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Sulzer</hi> ſagt in einem Briefe an <hi rendition="#g">Bodmer</hi><lb/> (Koͤrtens Briefſammlung 1ſter Bd. S. 107.) von<lb/> Ramler: „er iſt ein ewiger Ausbeſſerer und ſieht<lb/> nichts fuͤr eine Kleinigkeit an, <hi rendition="#aq">il-y-a un peu<lb/> de folie en cela,</hi>“ worin er wohl Recht haben<lb/> mag; vielleicht wuͤrde auch in ſeinen Oden man-<lb/> ches anders ſeyn, wenn er nicht die Gewohnheit<lb/> gehabt haͤtte, uͤber ihre Hauptidee einen, oft recht<lb/> langen, Aufſatz in Proſa niederzuſchreiben, in ſol-<lb/> chem — dann die beſten Stellen anzuſtreichen, ſie<lb/> in neue Ordnung zu bringen und erſt nach zwey,<lb/> dreymaligem Anſtreichen und Abſchreiben, zur Ver-<lb/> ſificirung zu ſchreiten. Seine Ueberſetzungen des<lb/> Horaz, deſſen Oden er auswendig wußte, ſchrieb<lb/> er auf eine Seite ſeines Schreibtaͤfelchens, und<lb/> die Correkturen, die ihm in Geſellſchaft und auf<lb/> Spaziergaͤngen einfielen, auf die gegenuͤberſtehen-<lb/> de, loͤſchte dann die erſte Ueberſetzung aus, ſchrieb<lb/> die veraͤnderte in ihre Stelle und verfuhr mit<lb/> dieſer ſo, wie mit der vorigen.<lb/> Jn der Meinung, daß ſolches vorgaͤngiges Nie-<lb/> derſchreiben in Proſa nicht vortheilhaft ſey, beſtaͤ-<lb/> tigt mich der Recenſent von <hi rendition="#g">Alfieris</hi> Leben<lb/> im 8ten Bande der Bibliothek der redenden und<lb/> bildenden Kuͤnſte, in der ich heut (3. Mai 1813.)<lb/> geleſen habe, wenn er S. 276. ſagt: <cit><quote>„Weißlich<lb/> „entwarf Alfieri zuerſt den Plan ſeiner Tragoͤdien<lb/> „nach der ganzen Reihenfolge der Scenen — aber<lb/> „darin irrte er, daß er nun den Dialog in Proſa</quote></cit></note> und Matthiſon reichlich belegt<lb/> werden kann.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [245/0262]
Ramler *) und Matthiſon reichlich belegt
werden kann.
*) Sulzer ſagt in einem Briefe an Bodmer
(Koͤrtens Briefſammlung 1ſter Bd. S. 107.) von
Ramler: „er iſt ein ewiger Ausbeſſerer und ſieht
nichts fuͤr eine Kleinigkeit an, il-y-a un peu
de folie en cela,“ worin er wohl Recht haben
mag; vielleicht wuͤrde auch in ſeinen Oden man-
ches anders ſeyn, wenn er nicht die Gewohnheit
gehabt haͤtte, uͤber ihre Hauptidee einen, oft recht
langen, Aufſatz in Proſa niederzuſchreiben, in ſol-
chem — dann die beſten Stellen anzuſtreichen, ſie
in neue Ordnung zu bringen und erſt nach zwey,
dreymaligem Anſtreichen und Abſchreiben, zur Ver-
ſificirung zu ſchreiten. Seine Ueberſetzungen des
Horaz, deſſen Oden er auswendig wußte, ſchrieb
er auf eine Seite ſeines Schreibtaͤfelchens, und
die Correkturen, die ihm in Geſellſchaft und auf
Spaziergaͤngen einfielen, auf die gegenuͤberſtehen-
de, loͤſchte dann die erſte Ueberſetzung aus, ſchrieb
die veraͤnderte in ihre Stelle und verfuhr mit
dieſer ſo, wie mit der vorigen.
Jn der Meinung, daß ſolches vorgaͤngiges Nie-
derſchreiben in Proſa nicht vortheilhaft ſey, beſtaͤ-
tigt mich der Recenſent von Alfieris Leben
im 8ten Bande der Bibliothek der redenden und
bildenden Kuͤnſte, in der ich heut (3. Mai 1813.)
geleſen habe, wenn er S. 276. ſagt: „Weißlich
„entwarf Alfieri zuerſt den Plan ſeiner Tragoͤdien
„nach der ganzen Reihenfolge der Scenen — aber
„darin irrte er, daß er nun den Dialog in Proſa
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