berühmte Pompadour dem schon damals in literarischem gutem Ruf stehenden Marmon- tel gab, weil ich wünsche, daß ihn alle junge Schöngeister vernehmen und sich ihm zu- folge eine von literarischglücklichen Erfolgen unabhängige Existenz dadurch zu schaffen suchen möchten, daß sie nur das Ueberflüßige ihrer Lernjahre in die Kunstlotterie setzten. Malheur a celui, qui tout attend de sa plau- me rien deplus casuel. L'homme, qui fait des souliers, est sur de son salaire; l'hom- me, qui fait un livre ou une tragoedie, n'est jamais sur de rien -- und der kluge, in jeder Schriftstellerey erfahrne und berühmte Lessing schrieb am 7. Jun. 1770. seinem Bruder: "Auch die glücklichste Autorschaft "ist das armseligste Handwerk." L. W. 30ter Bd. S. 83.
Jn Leipzig, wohin ich meinen Freund de la Garde zur Ostermesse begleitete, lernt ich Oesern kennen, einen höchstliebens- würdigen, ganz seiner Kunst lebenden Greis; den Kreissteuereinnehmer Weiße, dem aber seine Meßgeschäfte wenig Zeit für mich übrig ließen, der nichts von dem Funkeln- den an sich hatte, das ich am Verfasser der Amazonen- und vieler andern schalkhaft und
beruͤhmte Pompadour dem ſchon damals in literariſchem gutem Ruf ſtehenden Marmon- tel gab, weil ich wuͤnſche, daß ihn alle junge Schoͤngeiſter vernehmen und ſich ihm zu- folge eine von literariſchgluͤcklichen Erfolgen unabhaͤngige Exiſtenz dadurch zu ſchaffen ſuchen moͤchten, daß ſie nur das Ueberfluͤßige ihrer Lernjahre in die Kunſtlotterie ſetzten. Malheur à celui, qui tout attend de ſa plû- me rien deplus caſuel. L’homme, qui fait des ſouliers, eſt ſur de ſon ſalaire; l’hom- me, qui fait un livre ou une tragoedie, n’eſt jamais ſur de rien — und der kluge, in jeder Schriftſtellerey erfahrne und beruͤhmte Leſſing ſchrieb am 7. Jun. 1770. ſeinem Bruder: „Auch die gluͤcklichſte Autorſchaft „iſt das armſeligſte Handwerk.“ L. W. 30ter Bd. S. 83.
Jn Leipzig, wohin ich meinen Freund de la Garde zur Oſtermeſſe begleitete, lernt ich Oeſern kennen, einen hoͤchſtliebens- wuͤrdigen, ganz ſeiner Kunſt lebenden Greis; den Kreisſteuereinnehmer Weiße, dem aber ſeine Meßgeſchaͤfte wenig Zeit fuͤr mich uͤbrig ließen, der nichts von dem Funkeln- den an ſich hatte, das ich am Verfaſſer der Amazonen- und vieler andern ſchalkhaft und
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beruͤhmte Pompadour dem ſchon damals in
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Schoͤngeiſter vernehmen und ſich ihm zu-
folge eine von literariſchgluͤcklichen Erfolgen
unabhaͤngige Exiſtenz dadurch zu ſchaffen
ſuchen moͤchten, daß ſie nur das Ueberfluͤßige
ihrer Lernjahre in die Kunſtlotterie ſetzten.
Malheur à celui, qui tout attend de ſa plû-
me rien deplus caſuel. L’homme, qui fait
des ſouliers, eſt ſur de ſon ſalaire; l’hom-
me, qui fait un livre ou une tragoedie, n’eſt
jamais ſur de rien — und der kluge, in
jeder Schriftſtellerey erfahrne und beruͤhmte
Leſſing ſchrieb am 7. Jun. 1770. ſeinem
Bruder: „Auch die gluͤcklichſte Autorſchaft
„iſt das armſeligſte Handwerk.“ L. W.
30ter Bd. S. 83.
Jn Leipzig, wohin ich meinen Freund
de la Garde zur Oſtermeſſe begleitete, lernt
ich Oeſern kennen, einen hoͤchſtliebens-
wuͤrdigen, ganz ſeiner Kunſt lebenden Greis;
den Kreisſteuereinnehmer Weiße, dem
aber ſeine Meßgeſchaͤfte wenig Zeit fuͤr mich
uͤbrig ließen, der nichts von dem Funkeln-
den an ſich hatte, das ich am Verfaſſer der
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/245>, abgerufen am 25.11.2024.
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