ich beym Probst Spalding, zu dem ich über Familiensachen zu sprechen kam, in Charlottenburg und fuhr mit ihm und sei- ner sanften Gattin nach Berlin zurück. Die Art, wie Herr von Rochow über seine Schulanstalten sprach, gefiel mir ganz wohl, und es that mir leid, daß ich einen ihm versprochenen Besuch in Rekahn nicht ma- chen konnte; leid that es mir aber nicht, daß er nach Wöllners Entlassung nicht Mi- nister des geistlichen Departements wurde, er hätte gewiß zuviel rekahnisirt und da- durch manches in der Bildung des gemeinen Mannes verfehlt.
Nicht leicht ist mir ein Mann vorge- kommen, der ein sanfteres, und doch so große Achtung heischendes Aeußeres gehabt hätte, wie der verstorbne Spalding. Es fiel mir indessen ein Zug um die Nase *) so sehr
*) Ein in meinem Vaterlande sehr bekannter, schon gestorbner Mann trug ein ähnliches Zeichen, und ob er mir gleich aus Berlin besonders empfohlen war, so erwieß ich ihm doch nur die gewöhnli- chen Höflichkeiten und trat ihm nie so nahe, um zu erfahren, ob der beym ersten Besuch wahrge- nommene Zug eine Hieroglyphe, oder eine unbe- deutende Naturschramme gewesen. Jch kann mich
ich beym Probſt Spalding, zu dem ich uͤber Familienſachen zu ſprechen kam, in Charlottenburg und fuhr mit ihm und ſei- ner ſanften Gattin nach Berlin zuruͤck. Die Art, wie Herr von Rochow uͤber ſeine Schulanſtalten ſprach, gefiel mir ganz wohl, und es that mir leid, daß ich einen ihm verſprochenen Beſuch in Rekahn nicht ma- chen konnte; leid that es mir aber nicht, daß er nach Woͤllners Entlaſſung nicht Mi- niſter des geiſtlichen Departements wurde, er haͤtte gewiß zuviel rekahniſirt und da- durch manches in der Bildung des gemeinen Mannes verfehlt.
Nicht leicht iſt mir ein Mann vorge- kommen, der ein ſanfteres, und doch ſo große Achtung heiſchendes Aeußeres gehabt haͤtte, wie der verſtorbne Spalding. Es fiel mir indeſſen ein Zug um die Naſe *) ſo ſehr
*) Ein in meinem Vaterlande ſehr bekannter, ſchon geſtorbner Mann trug ein aͤhnliches Zeichen, und ob er mir gleich aus Berlin beſonders empfohlen war, ſo erwieß ich ihm doch nur die gewoͤhnli- chen Hoͤflichkeiten und trat ihm nie ſo nahe, um zu erfahren, ob der beym erſten Beſuch wahrge- nommene Zug eine Hieroglyphe, oder eine unbe- deutende Naturſchramme geweſen. Jch kann mich
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ich beym Probſt Spalding, zu dem ich
uͤber Familienſachen zu ſprechen kam, in
Charlottenburg und fuhr mit ihm und ſei-
ner ſanften Gattin nach Berlin zuruͤck.
Die Art, wie Herr von Rochow uͤber ſeine
Schulanſtalten ſprach, gefiel mir ganz wohl,
und es that mir leid, daß ich einen ihm
verſprochenen Beſuch in Rekahn nicht ma-
chen konnte; leid that es mir aber nicht,
daß er nach Woͤllners Entlaſſung nicht Mi-
niſter des geiſtlichen Departements wurde,
er haͤtte gewiß zuviel rekahniſirt und da-
durch manches in der Bildung des gemeinen
Mannes verfehlt.
Nicht leicht iſt mir ein Mann vorge-
kommen, der ein ſanfteres, und doch ſo große
Achtung heiſchendes Aeußeres gehabt haͤtte,
wie der verſtorbne Spalding. Es fiel
mir indeſſen ein Zug um die Naſe *) ſo ſehr
*) Ein in meinem Vaterlande ſehr bekannter, ſchon
geſtorbner Mann trug ein aͤhnliches Zeichen, und
ob er mir gleich aus Berlin beſonders empfohlen
war, ſo erwieß ich ihm doch nur die gewoͤhnli-
chen Hoͤflichkeiten und trat ihm nie ſo nahe, um
zu erfahren, ob der beym erſten Beſuch wahrge-
nommene Zug eine Hieroglyphe, oder eine unbe-
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/243>, abgerufen am 22.11.2024.
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