Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

weiter nichts geschehen ist; woran sie sehr
unrecht thaten, weil ein Landescollegium sich
schlechterdings nicht muß von seinem Lan-
desherrn beschimpfen lassen, der eignen Ehre
des Fürsten selbst wegen.

Mich verdroß indessen dieser Vorfall so
sehr, daß ich dem Könige diese offenbare
Sünde wider die Herrscherkunst nie habe
vergessen können. Der Grund der Ueber-
eilung des Königs lag vermuthlich in dem
Whim, durchaus nichts in Soldatensachen
zu thun, was von Civilisten vorgeschlagen
wurde. Mir sind Fälle bekannt, wo er die
billigsten und dem Militair äußerst vortheil-
haften, ja von letzterm selbst gemachten
Anträge mit Bitterkeit und Unwillen von
sich wieß, weil sie von einer Civilbehörde
veranlaßt worden. Die Fürsten glauben
nicht, wie sehr sie durch Beleidigung der
Privatehre, besonders ihren Dicasterien,
schaden. Durch solche Uebereilungen reißen
sie dem Dienstadler die zum hohen und
ausdaurenden Geschäftsfluge nothwendigen
Federn aus, die manchem gar nicht wieder
nachwachsen. Für schlecht gehalten werden,
hat schon manchen schlecht gemacht, der von
Natur nicht schlecht war.

weiter nichts geſchehen iſt; woran ſie ſehr
unrecht thaten, weil ein Landescollegium ſich
ſchlechterdings nicht muß von ſeinem Lan-
desherrn beſchimpfen laſſen, der eignen Ehre
des Fuͤrſten ſelbſt wegen.

Mich verdroß indeſſen dieſer Vorfall ſo
ſehr, daß ich dem Koͤnige dieſe offenbare
Suͤnde wider die Herrſcherkunſt nie habe
vergeſſen koͤnnen. Der Grund der Ueber-
eilung des Koͤnigs lag vermuthlich in dem
Whim, durchaus nichts in Soldatenſachen
zu thun, was von Civiliſten vorgeſchlagen
wurde. Mir ſind Faͤlle bekannt, wo er die
billigſten und dem Militair aͤußerſt vortheil-
haften, ja von letzterm ſelbſt gemachten
Antraͤge mit Bitterkeit und Unwillen von
ſich wieß, weil ſie von einer Civilbehoͤrde
veranlaßt worden. Die Fuͤrſten glauben
nicht, wie ſehr ſie durch Beleidigung der
Privatehre, beſonders ihren Dicaſterien,
ſchaden. Durch ſolche Uebereilungen reißen
ſie dem Dienſtadler die zum hohen und
ausdaurenden Geſchaͤftsfluge nothwendigen
Federn aus, die manchem gar nicht wieder
nachwachſen. Fuͤr ſchlecht gehalten werden,
hat ſchon manchen ſchlecht gemacht, der von
Natur nicht ſchlecht war.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0175" n="158"/>
weiter nichts ge&#x017F;chehen i&#x017F;t; woran &#x017F;ie &#x017F;ehr<lb/>
unrecht thaten, weil ein Landescollegium &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;chlechterdings nicht muß von &#x017F;einem Lan-<lb/>
desherrn be&#x017F;chimpfen la&#x017F;&#x017F;en, der eignen Ehre<lb/>
des Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;elb&#x017F;t wegen.</p><lb/>
        <p>Mich verdroß inde&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;er Vorfall &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ehr, daß ich dem Ko&#x0364;nige die&#x017F;e offenbare<lb/>
Su&#x0364;nde wider die Herr&#x017F;cherkun&#x017F;t nie habe<lb/>
verge&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen. Der Grund der Ueber-<lb/>
eilung des Ko&#x0364;nigs lag vermuthlich in dem<lb/><hi rendition="#g">Whim,</hi> durchaus nichts in Soldaten&#x017F;achen<lb/>
zu thun, was von Civili&#x017F;ten vorge&#x017F;chlagen<lb/>
wurde. Mir &#x017F;ind Fa&#x0364;lle bekannt, wo er die<lb/>
billig&#x017F;ten und dem Militair a&#x0364;ußer&#x017F;t vortheil-<lb/>
haften, ja von letzterm &#x017F;elb&#x017F;t gemachten<lb/>
Antra&#x0364;ge mit Bitterkeit und Unwillen von<lb/>
&#x017F;ich wieß, weil &#x017F;ie von einer Civilbeho&#x0364;rde<lb/>
veranlaßt worden. Die Fu&#x0364;r&#x017F;ten glauben<lb/>
nicht, wie &#x017F;ehr &#x017F;ie durch Beleidigung der<lb/>
Privatehre, be&#x017F;onders ihren Dica&#x017F;terien,<lb/>
&#x017F;chaden. Durch &#x017F;olche Uebereilungen reißen<lb/>
&#x017F;ie dem Dien&#x017F;tadler die zum hohen und<lb/>
ausdaurenden Ge&#x017F;cha&#x0364;ftsfluge nothwendigen<lb/>
Federn aus, die manchem gar nicht wieder<lb/>
nachwach&#x017F;en. Fu&#x0364;r &#x017F;chlecht gehalten werden,<lb/>
hat &#x017F;chon manchen &#x017F;chlecht gemacht, der von<lb/>
Natur nicht &#x017F;chlecht war.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0175] weiter nichts geſchehen iſt; woran ſie ſehr unrecht thaten, weil ein Landescollegium ſich ſchlechterdings nicht muß von ſeinem Lan- desherrn beſchimpfen laſſen, der eignen Ehre des Fuͤrſten ſelbſt wegen. Mich verdroß indeſſen dieſer Vorfall ſo ſehr, daß ich dem Koͤnige dieſe offenbare Suͤnde wider die Herrſcherkunſt nie habe vergeſſen koͤnnen. Der Grund der Ueber- eilung des Koͤnigs lag vermuthlich in dem Whim, durchaus nichts in Soldatenſachen zu thun, was von Civiliſten vorgeſchlagen wurde. Mir ſind Faͤlle bekannt, wo er die billigſten und dem Militair aͤußerſt vortheil- haften, ja von letzterm ſelbſt gemachten Antraͤge mit Bitterkeit und Unwillen von ſich wieß, weil ſie von einer Civilbehoͤrde veranlaßt worden. Die Fuͤrſten glauben nicht, wie ſehr ſie durch Beleidigung der Privatehre, beſonders ihren Dicaſterien, ſchaden. Durch ſolche Uebereilungen reißen ſie dem Dienſtadler die zum hohen und ausdaurenden Geſchaͤftsfluge nothwendigen Federn aus, die manchem gar nicht wieder nachwachſen. Fuͤr ſchlecht gehalten werden, hat ſchon manchen ſchlecht gemacht, der von Natur nicht ſchlecht war.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/175
Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/175>, abgerufen am 26.11.2024.