sagen, so sehr auch meine Vorgesetzten und Amtsbrüder dagegen stimmten. Vielleicht wär ich auch bey der Aktenhechsellade ge- geblieben, allein zur Steuer der Wahrheit muß ich bekennen, daß es mich heimlich ver- droß, den Departementsminister und Präsi- denten meinen Wunsch, in die damalige Pepiniere des Generaldirektorii zu kommen, auf die lange Bank schieben zu sehen. Auf diesem Wege hatten andere, mit denen ich mich wohl messen konnte, glückliche Dienst- fortschritte gemacht. Jch hoffte aber durch diese Anstellung vielleicht sogar Gelegenheit zu bekommen, Kabinetsrath zu werden. Das, was ich die Kabinetsräthe unter dem eigen- willigen, höchstklugen Friedrich ausrichten gesehen, hatte mir die Wichtigkeit und das Jnteressante dieser Funktion so anschaulich gemacht, daß ich immer der Meinung ge- blieben bin, ein Kabinetsrath sey eine sehr bedeutende Person und könne durch uner- schütterliche Wahrheitsliebe und Uneigennützig- keit viel Herrliches ausrichten, durch Cabale, Ehr- und Vermögenssucht aber auch des Elendes sehr viel stiften. Es befremdete mich daher nicht im mindesten, als ich die Minister unter dem jetzigen Könige so eifrig
ſagen, ſo ſehr auch meine Vorgeſetzten und Amtsbruͤder dagegen ſtimmten. Vielleicht waͤr ich auch bey der Aktenhechſellade ge- geblieben, allein zur Steuer der Wahrheit muß ich bekennen, daß es mich heimlich ver- droß, den Departementsminiſter und Praͤſi- denten meinen Wunſch, in die damalige Pepiniere des Generaldirektorii zu kommen, auf die lange Bank ſchieben zu ſehen. Auf dieſem Wege hatten andere, mit denen ich mich wohl meſſen konnte, gluͤckliche Dienſt- fortſchritte gemacht. Jch hoffte aber durch dieſe Anſtellung vielleicht ſogar Gelegenheit zu bekommen, Kabinetsrath zu werden. Das, was ich die Kabinetsraͤthe unter dem eigen- willigen, hoͤchſtklugen Friedrich ausrichten geſehen, hatte mir die Wichtigkeit und das Jntereſſante dieſer Funktion ſo anſchaulich gemacht, daß ich immer der Meinung ge- blieben bin, ein Kabinetsrath ſey eine ſehr bedeutende Perſon und koͤnne durch uner- ſchuͤtterliche Wahrheitsliebe und Uneigennuͤtzig- keit viel Herrliches ausrichten, durch Cabale, Ehr- und Vermoͤgensſucht aber auch des Elendes ſehr viel ſtiften. Es befremdete mich daher nicht im mindeſten, als ich die Miniſter unter dem jetzigen Koͤnige ſo eifrig
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ſagen, ſo ſehr auch meine Vorgeſetzten und
Amtsbruͤder dagegen ſtimmten. Vielleicht
waͤr ich auch bey der Aktenhechſellade ge-
geblieben, allein zur Steuer der Wahrheit
muß ich bekennen, daß es mich heimlich ver-
droß, den Departementsminiſter und Praͤſi-
denten meinen Wunſch, in die damalige
Pepiniere des Generaldirektorii zu kommen,
auf die lange Bank ſchieben zu ſehen. Auf
dieſem Wege hatten andere, mit denen ich
mich wohl meſſen konnte, gluͤckliche Dienſt-
fortſchritte gemacht. Jch hoffte aber durch
dieſe Anſtellung vielleicht ſogar Gelegenheit
zu bekommen, Kabinetsrath zu werden. Das,
was ich die Kabinetsraͤthe unter dem eigen-
willigen, hoͤchſtklugen Friedrich ausrichten
geſehen, hatte mir die Wichtigkeit und das
Jntereſſante dieſer Funktion ſo anſchaulich
gemacht, daß ich immer der Meinung ge-
blieben bin, ein Kabinetsrath ſey eine ſehr
bedeutende Perſon und koͤnne durch uner-
ſchuͤtterliche Wahrheitsliebe und Uneigennuͤtzig-
keit viel Herrliches ausrichten, durch Cabale,
Ehr- und Vermoͤgensſucht aber auch des
Elendes ſehr viel ſtiften. Es befremdete
mich daher nicht im mindeſten, als ich die
Miniſter unter dem jetzigen Koͤnige ſo eifrig
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/170>, abgerufen am 25.11.2024.
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