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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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Vertrauen und eine fast leidenschaftliche Zu-
neigung äußerte;

3) war ich von der Fürtrefflichkeit sei-
nes Kopfes nicht allein durch seine Schrif-
ten, sondern auch durch sein schnelles und
kluges Benehmen in manchen schwierigen
Dienst- und Lebensfällen so überzeugt, daß
ich ihm ganz unbedenklich eine gewisse Ueber-
legenheit einräumte, die er auch so vorsich-
tig nutzte, daß er, wenn er ahnte, ich würde
sein Herausnehmen merken, oder es ihm
nicht gestatten, gleich davon abstand;

4) während der Tage oder auch Wochen,
in denen ich bey ihm logierte, hatte er ge-
wiß alles zu entfernen gesucht, was mir
seine Denk- oder Handlungsweise hätte ver-
dächtig machen können. Jch kam in keine
Gesellschaft ohne ihn, und entwischten ihm
Schwachheiten, so äußerte er auch immer
sein eifriges Bestreben, sich davon los zu
machen, oder suchte sie aus dem Unterschiede
seiner schwarzen Haare gegen meine blon-
den zu erklären, und wußte seiner Sammel-
sucht, seiner Begierde zu herrschen und zu
höhern Aemtern und Würden zu gelangen,
einen rechtlichen Anstrich zu geben. Von
seinem Hange zur sinnlichen Geschlechtsbe-

Vertrauen und eine faſt leidenſchaftliche Zu-
neigung aͤußerte;

3) war ich von der Fuͤrtrefflichkeit ſei-
nes Kopfes nicht allein durch ſeine Schrif-
ten, ſondern auch durch ſein ſchnelles und
kluges Benehmen in manchen ſchwierigen
Dienſt- und Lebensfaͤllen ſo uͤberzeugt, daß
ich ihm ganz unbedenklich eine gewiſſe Ueber-
legenheit einraͤumte, die er auch ſo vorſich-
tig nutzte, daß er, wenn er ahnte, ich wuͤrde
ſein Herausnehmen merken, oder es ihm
nicht geſtatten, gleich davon abſtand;

4) waͤhrend der Tage oder auch Wochen,
in denen ich bey ihm logierte, hatte er ge-
wiß alles zu entfernen geſucht, was mir
ſeine Denk- oder Handlungsweiſe haͤtte ver-
daͤchtig machen koͤnnen. Jch kam in keine
Geſellſchaft ohne ihn, und entwiſchten ihm
Schwachheiten, ſo aͤußerte er auch immer
ſein eifriges Beſtreben, ſich davon los zu
machen, oder ſuchte ſie aus dem Unterſchiede
ſeiner ſchwarzen Haare gegen meine blon-
den zu erklaͤren, und wußte ſeiner Sammel-
ſucht, ſeiner Begierde zu herrſchen und zu
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einen rechtlichen Anſtrich zu geben. Von
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[127/0144] Vertrauen und eine faſt leidenſchaftliche Zu- neigung aͤußerte; 3) war ich von der Fuͤrtrefflichkeit ſei- nes Kopfes nicht allein durch ſeine Schrif- ten, ſondern auch durch ſein ſchnelles und kluges Benehmen in manchen ſchwierigen Dienſt- und Lebensfaͤllen ſo uͤberzeugt, daß ich ihm ganz unbedenklich eine gewiſſe Ueber- legenheit einraͤumte, die er auch ſo vorſich- tig nutzte, daß er, wenn er ahnte, ich wuͤrde ſein Herausnehmen merken, oder es ihm nicht geſtatten, gleich davon abſtand; 4) waͤhrend der Tage oder auch Wochen, in denen ich bey ihm logierte, hatte er ge- wiß alles zu entfernen geſucht, was mir ſeine Denk- oder Handlungsweiſe haͤtte ver- daͤchtig machen koͤnnen. Jch kam in keine Geſellſchaft ohne ihn, und entwiſchten ihm Schwachheiten, ſo aͤußerte er auch immer ſein eifriges Beſtreben, ſich davon los zu machen, oder ſuchte ſie aus dem Unterſchiede ſeiner ſchwarzen Haare gegen meine blon- den zu erklaͤren, und wußte ſeiner Sammel- ſucht, ſeiner Begierde zu herrſchen und zu hoͤhern Aemtern und Wuͤrden zu gelangen, einen rechtlichen Anſtrich zu geben. Von ſeinem Hange zur ſinnlichen Geſchlechtsbe-

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/144>, abgerufen am 27.11.2024.