cher im Militair adlich fortgeschritten war, schlug ich standhaft aus, weil ich von je her viel auf meinen Civismus gehalten habe und daher auch in der neuern Zeit viel von den Franzosen erwartete, als sie sich Ci- toyens tauften, allein Schade um das Blut, dessen man sich statt des Wassers be- diente, da weder für Pathen noch Täuflin- ge wahres Glück daraus erfolgt ist. Das viele Geschrey über das Gleichmachen der Stände ist wahrlich ein höchst überflüßiges; warum sollten nicht Edelleute und Bürger- liche ohne Nachtheil neben einander wohnen, wenn sie blos dem Nahmen und nicht dem Recht nach unterschieden bleiben?
Der als Generallieutenant gestorbene, da- malige Regimentscommandeur Kalkreuth, der wegen Wunderlichkeit, Dienstschärfe und Vergnügenscheu beynah gehaßt wurde, lehrte mich die Soldatenhandgriffe mit viel Gedult und Fleiß, und nach wenigen Wochen zogen wir in das schöne freye Feld, in die berühmt- reizende Gegend des Fürstensteins, wo das Regiment einige Wochen campirte und ich vom Soldatengeist lebhaft beseelter Neu- ling die in der Folge immer wiederkehrende Bemerkung machte, daß die deutschen Cau-
cher im Militair adlich fortgeſchritten war, ſchlug ich ſtandhaft aus, weil ich von je her viel auf meinen Civismus gehalten habe und daher auch in der neuern Zeit viel von den Franzoſen erwartete, als ſie ſich Ci- toyens tauften, allein Schade um das Blut, deſſen man ſich ſtatt des Waſſers be- diente, da weder fuͤr Pathen noch Taͤuflin- ge wahres Gluͤck daraus erfolgt iſt. Das viele Geſchrey uͤber das Gleichmachen der Staͤnde iſt wahrlich ein hoͤchſt uͤberfluͤßiges; warum ſollten nicht Edelleute und Buͤrger- liche ohne Nachtheil neben einander wohnen, wenn ſie blos dem Nahmen und nicht dem Recht nach unterſchieden bleiben?
Der als Generallieutenant geſtorbene, da- malige Regimentscommandeur Kalkreuth, der wegen Wunderlichkeit, Dienſtſchaͤrfe und Vergnuͤgenſcheu beynah gehaßt wurde, lehrte mich die Soldatenhandgriffe mit viel Gedult und Fleiß, und nach wenigen Wochen zogen wir in das ſchoͤne freye Feld, in die beruͤhmt- reizende Gegend des Fuͤrſtenſteins, wo das Regiment einige Wochen campirte und ich vom Soldatengeiſt lebhaft beſeelter Neu- ling die in der Folge immer wiederkehrende Bemerkung machte, daß die deutſchen Cau-
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cher im Militair adlich fortgeſchritten war,
ſchlug ich ſtandhaft aus, weil ich von je her
viel auf meinen Civismus gehalten habe
und daher auch in der neuern Zeit viel von
den Franzoſen erwartete, als ſie ſich Ci-
toyens tauften, allein Schade um das
Blut, deſſen man ſich ſtatt des Waſſers be-
diente, da weder fuͤr Pathen noch Taͤuflin-
ge wahres Gluͤck daraus erfolgt iſt. Das
viele Geſchrey uͤber das Gleichmachen der
Staͤnde iſt wahrlich ein hoͤchſt uͤberfluͤßiges;
warum ſollten nicht Edelleute und Buͤrger-
liche ohne Nachtheil neben einander wohnen,
wenn ſie blos dem Nahmen und nicht dem
Recht nach unterſchieden bleiben?
Der als Generallieutenant geſtorbene, da-
malige Regimentscommandeur Kalkreuth,
der wegen Wunderlichkeit, Dienſtſchaͤrfe und
Vergnuͤgenſcheu beynah gehaßt wurde, lehrte
mich die Soldatenhandgriffe mit viel Gedult
und Fleiß, und nach wenigen Wochen zogen
wir in das ſchoͤne freye Feld, in die beruͤhmt-
reizende Gegend des Fuͤrſtenſteins, wo
das Regiment einige Wochen campirte und
ich vom Soldatengeiſt lebhaft beſeelter Neu-
ling die in der Folge immer wiederkehrende
Bemerkung machte, daß die deutſchen Cau-
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/105>, abgerufen am 23.11.2024.
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