Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

Bild:
<< vorherige Seite
durch Blutschuld verwirkte Wehrgeld des zahlungsunfähigen Thäters
eintreten mußte, beschreibt die lex Salica (ed. Merckel) cap. 58.
Der Name Chrene Chruda ist noch nicht hinlänglich erklärt. Man
hat es mit "grünes Kraut" oder nach Grimm Rechtsalterthümer p.
116 mit "reines Kraut" zu übersetzen gesucht, indem die Räumung
eines Landes oder die Uebertragung eines Grundstückes auf einen An-
dern zu eigen oder zu Pfand durch Uebergabe einer mit Gras be-
wachsenen Erdscholle, eines Stückes Wasen symbolisch angedeutet
wurde. Aber nach der lex salica war das, was geworfen wurde,
die aus den vier Ecken der Stube, wo doch kein Kraut wächst, zu-
sammengeraffte Erde. s. Walter deutsche Rechtsgeschichte §. 443. Da
übrigens dieser Gebrauch nur bei den Salfranken urkundlich nach-
weisbar ist und auch dort schon frühe aufgehoben ward (lex Salica
nov. 262, 263, 164)
, so bleibt es ziemlich unklar, wie derselbe hier
als ein im zehnten Jahrhundert in Alemannien geltender aufgeführt
werden kann.
128) Dem "bösen Auge" der Hexen wurden viel üble Wirkungen
zugetraut; es kann Säuglinge schwindsüchtig machen, Kleider in Stücke
reißen, Schlangen tödten, Wölfe schrecken, Straußeneier ausbrüten,
Aussatz erwecken etc. Als Schutz gegen solche "fascinirende" Blicke
pflegte man auch die Pfote des blinden Maulwurfs zu tragen. S.
Grimm deutsche Mythologie p. 1053.
129) .. si quis mulierem "stria" clamaverit et non potuerit
adprobare
u. s. w. lex Salic. c. 64.
130) " Din got der ist ein junger tor,
ich will glouben an den alten."

St. Oswald.
131) Folchardi codex aureus (Handschrift der sanctgallischen
Bibliothek) pag. 75.
132) "Eine Geschichte der deutschen Kuchen und Semmeln ließe
sich nicht ohne unerwartete Ausschlüsse zusammenstellen." Grimm
deutsche Mythologie 3. Ausg. p. 56.
durch Blutſchuld verwirkte Wehrgeld des zahlungsunfähigen Thäters
eintreten mußte, beſchreibt die lex Salica (ed. Merckel) cap. 58.
Der Name Chrene Chruda iſt noch nicht hinlänglich erklärt. Man
hat es mit „grünes Kraut“ oder nach Grimm Rechtsalterthümer p.
116 mit „reines Kraut“ zu überſetzen geſucht, indem die Räumung
eines Landes oder die Uebertragung eines Grundſtückes auf einen An-
dern zu eigen oder zu Pfand durch Uebergabe einer mit Gras be-
wachſenen Erdſcholle, eines Stückes Waſen ſymboliſch angedeutet
wurde. Aber nach der lex salica war das, was geworfen wurde,
die aus den vier Ecken der Stube, wo doch kein Kraut wächst, zu-
ſammengeraffte Erde. ſ. Walter deutſche Rechtsgeſchichte §. 443. Da
übrigens dieſer Gebrauch nur bei den Salfranken urkundlich nach-
weisbar iſt und auch dort ſchon frühe aufgehoben ward (lex Salica
nov. 262, 263, 164)
, ſo bleibt es ziemlich unklar, wie derſelbe hier
als ein im zehnten Jahrhundert in Alemannien geltender aufgeführt
werden kann.
128) Dem „böſen Auge“ der Hexen wurden viel üble Wirkungen
zugetraut; es kann Säuglinge ſchwindſüchtig machen, Kleider in Stücke
reißen, Schlangen tödten, Wölfe ſchrecken, Straußeneier ausbrüten,
Ausſatz erwecken etc. Als Schutz gegen ſolche „fascinirende“ Blicke
pflegte man auch die Pfote des blinden Maulwurfs zu tragen. S.
Grimm deutſche Mythologie p. 1053.
129) .. si quis mulierem „stria“ clamaverit et non potuerit
adprobare
u. ſ. w. lex Salic. c. 64.
130) „ Din got der ist ein junger tôr,
ich will glouben an den alten.“

St. Oswald.
131) Folchardi codex aureus (Handſchrift der ſanctgalliſchen
Bibliothek) pag. 75.
132) „Eine Geſchichte der deutſchen Kuchen und Semmeln ließe
ſich nicht ohne unerwartete Auſſchlüſſe zuſammenſtellen.“ Grimm
deutſche Mythologie 3. Ausg. p. 56.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <note xml:id="edt127" prev="#ed127" place="end" n="127)"><pb facs="#f0458" n="436"/>
durch Blut&#x017F;chuld verwirkte Wehrgeld des zahlungsunfähigen Thäters<lb/>
eintreten mußte, be&#x017F;chreibt die <hi rendition="#aq">lex Salica (ed. Merckel) cap.</hi> 58.<lb/>
Der Name Chrene Chruda i&#x017F;t noch nicht hinlänglich erklärt. Man<lb/>
hat es mit &#x201E;grünes Kraut&#x201C; oder nach Grimm Rechtsalterthümer <hi rendition="#aq">p.</hi><lb/>
116 mit &#x201E;reines Kraut&#x201C; zu über&#x017F;etzen ge&#x017F;ucht, indem die Räumung<lb/>
eines Landes oder die Uebertragung eines Grund&#x017F;tückes auf einen An-<lb/>
dern zu eigen oder zu Pfand durch Uebergabe einer mit Gras be-<lb/>
wach&#x017F;enen Erd&#x017F;cholle, eines Stückes Wa&#x017F;en &#x017F;ymboli&#x017F;ch angedeutet<lb/>
wurde. Aber nach der <hi rendition="#aq">lex salica</hi> war das, was geworfen wurde,<lb/>
die aus den vier Ecken der Stube, wo doch kein Kraut wächst, zu-<lb/>
&#x017F;ammengeraffte Erde. &#x017F;. Walter deut&#x017F;che Rechtsge&#x017F;chichte §. 443. Da<lb/>
übrigens die&#x017F;er Gebrauch nur bei den Salfranken urkundlich nach-<lb/>
weisbar i&#x017F;t und auch dort &#x017F;chon frühe aufgehoben ward <hi rendition="#aq">(lex Salica<lb/>
nov. 262, 263, 164)</hi>, &#x017F;o bleibt es ziemlich unklar, wie der&#x017F;elbe hier<lb/>
als ein im zehnten Jahrhundert in Alemannien geltender aufgeführt<lb/>
werden kann.</note><lb/>
        <note xml:id="edt128" prev="#ed128" place="end" n="128)">Dem &#x201E;&#x017F;en Auge&#x201C; der Hexen wurden viel üble Wirkungen<lb/>
zugetraut; es kann Säuglinge &#x017F;chwind&#x017F;üchtig machen, Kleider in Stücke<lb/>
reißen, Schlangen tödten, Wölfe &#x017F;chrecken, Straußeneier ausbrüten,<lb/>
Aus&#x017F;atz erwecken etc. Als Schutz gegen &#x017F;olche &#x201E;fascinirende&#x201C; Blicke<lb/>
pflegte man auch die Pfote des blinden Maulwurfs zu tragen. S.<lb/>
Grimm deut&#x017F;che Mythologie <hi rendition="#aq">p.</hi> 1053.</note><lb/>
        <note xml:id="edt129" prev="#ed129" place="end" n="129)"><hi rendition="#aq">.. si quis mulierem &#x201E;stria&#x201C; clamaverit et non potuerit<lb/>
adprobare</hi> u. &#x017F;. w. <hi rendition="#aq"> lex Salic. c.</hi> 64.</note><lb/>
        <note xml:id="edt130" prev="#ed130" place="end" n="130)">
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#aq">&#x201E; Din got der ist ein junger tôr,<lb/>
ich will glouben an den alten.&#x201C;</hi> </quote><lb/>
            <bibl> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">St. Oswald.</hi> </hi> </bibl>
          </cit>
        </note><lb/>
        <note xml:id="edt131" prev="#ed131" place="end" n="131)"><hi rendition="#aq">Folchardi codex aureus</hi> (Hand&#x017F;chrift der &#x017F;anctgalli&#x017F;chen<lb/>
Bibliothek) <hi rendition="#aq">pag.</hi> 75.</note><lb/>
        <note xml:id="edt132" prev="#ed132" place="end" n="132)">&#x201E;Eine Ge&#x017F;chichte der deut&#x017F;chen Kuchen und Semmeln ließe<lb/>
&#x017F;ich nicht ohne unerwartete Au&#x017F;&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e zu&#x017F;ammen&#x017F;tellen.&#x201C; Grimm<lb/>
deut&#x017F;che Mythologie 3. Ausg. <hi rendition="#aq"> p.</hi> 56.</note><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[436/0458] ¹²⁷⁾ durch Blutſchuld verwirkte Wehrgeld des zahlungsunfähigen Thäters eintreten mußte, beſchreibt die lex Salica (ed. Merckel) cap. 58. Der Name Chrene Chruda iſt noch nicht hinlänglich erklärt. Man hat es mit „grünes Kraut“ oder nach Grimm Rechtsalterthümer p. 116 mit „reines Kraut“ zu überſetzen geſucht, indem die Räumung eines Landes oder die Uebertragung eines Grundſtückes auf einen An- dern zu eigen oder zu Pfand durch Uebergabe einer mit Gras be- wachſenen Erdſcholle, eines Stückes Waſen ſymboliſch angedeutet wurde. Aber nach der lex salica war das, was geworfen wurde, die aus den vier Ecken der Stube, wo doch kein Kraut wächst, zu- ſammengeraffte Erde. ſ. Walter deutſche Rechtsgeſchichte §. 443. Da übrigens dieſer Gebrauch nur bei den Salfranken urkundlich nach- weisbar iſt und auch dort ſchon frühe aufgehoben ward (lex Salica nov. 262, 263, 164), ſo bleibt es ziemlich unklar, wie derſelbe hier als ein im zehnten Jahrhundert in Alemannien geltender aufgeführt werden kann. ¹²⁸⁾ Dem „böſen Auge“ der Hexen wurden viel üble Wirkungen zugetraut; es kann Säuglinge ſchwindſüchtig machen, Kleider in Stücke reißen, Schlangen tödten, Wölfe ſchrecken, Straußeneier ausbrüten, Ausſatz erwecken etc. Als Schutz gegen ſolche „fascinirende“ Blicke pflegte man auch die Pfote des blinden Maulwurfs zu tragen. S. Grimm deutſche Mythologie p. 1053. ¹²⁹⁾ .. si quis mulierem „stria“ clamaverit et non potuerit adprobare u. ſ. w. lex Salic. c. 64. ¹³⁰⁾ „ Din got der ist ein junger tôr, ich will glouben an den alten.“ St. Oswald. ¹³¹⁾ Folchardi codex aureus (Handſchrift der ſanctgalliſchen Bibliothek) pag. 75. ¹³²⁾ „Eine Geſchichte der deutſchen Kuchen und Semmeln ließe ſich nicht ohne unerwartete Auſſchlüſſe zuſammenſtellen.“ Grimm deutſche Mythologie 3. Ausg. p. 56.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/458
Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/458>, abgerufen am 07.05.2024.