Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.Schon war der Tod ihm nah. Doch sprang in schnellem Lauf Ihm schirmend Hagen bei. Da stund' er zitternd auf, Es ward der bittre Kampf itzt ungesäumt erneut, Fest stand Waltari noch, doch ungleich war der Streit -- Er stand: so steht der Bär gejagt von wilder Hatze, Unwillig vor der Meute und droht mit scharfer Tatze, Und duckt das Haupt und knurrt. Weh dem der an ihn schwirrt: Er preßt ihn und umarmt ihn bis er sich nimmer rührt, Scheu flieht der Rüden Schaar mit heulendem Gebelle. -- So fluthete die Schlacht schon auf der höchsten Welle, Dreifache Noth des Todes auf jeder Stirne stand: Die Wuth, die Last des Kampfes, und glüher Sonnenbrand. Gepreßten Herzens schaute bereits Waltari um Ob sich kein Ausweg öffne. Zu Hagen rief er drum: O Hagdorn grün im Laub, du magst sogern mich stechen Und mir die Heldenkraft mit schlauen Sprüngen brechen So schwerer Mühe satt will ich mit dir itzt ringen -- Und bist du riesenstark, ich will dich näher bringen! Er sprach's und hochaufspringend warf er die Lanze keck Sie traf und riß ein Stück ihm von der Rüstung weg, Und streifte seine Haut, doch nur ein wenig, an, Dieweil gar starken Panzer sich Hagen umgethan. Waltari aber riß das Schwert aus seiner Scheide Und stürmt auf Gunther ein und schlug den Schild bei Seite -- So wundersam gewalt'gen Schwertschlag that er behende, Daß er ihm Bein und Schenkel ganz von der Hüfte trennte. Schon war der Tod ihm nah. Doch ſprang in ſchnellem Lauf Ihm ſchirmend Hagen bei. Da ſtund' er zitternd auf, Es ward der bittre Kampf itzt ungeſäumt erneut, Feſt ſtand Waltari noch, doch ungleich war der Streit — Er ſtand: ſo ſteht der Bär gejagt von wilder Hatze, Unwillig vor der Meute und droht mit ſcharfer Tatze, Und duckt das Haupt und knurrt. Weh dem der an ihn ſchwirrt: Er preßt ihn und umarmt ihn bis er ſich nimmer rührt, Scheu flieht der Rüden Schaar mit heulendem Gebelle. — So fluthete die Schlacht ſchon auf der höchſten Welle, Dreifache Noth des Todes auf jeder Stirne ſtand: Die Wuth, die Laſt des Kampfes, und glüher Sonnenbrand. Gepreßten Herzens ſchaute bereits Waltari um Ob ſich kein Ausweg öffne. Zu Hagen rief er drum: O Hagdorn grün im Laub, du magſt ſogern mich ſtechen Und mir die Heldenkraft mit ſchlauen Sprüngen brechen So ſchwerer Mühe ſatt will ich mit dir itzt ringen — Und biſt du rieſenſtark, ich will dich näher bringen! Er ſprach's und hochaufſpringend warf er die Lanze keck Sie traf und riß ein Stück ihm von der Rüſtung weg, Und ſtreifte ſeine Haut, doch nur ein wenig, an, Dieweil gar ſtarken Panzer ſich Hagen umgethan. Waltari aber riß das Schwert aus ſeiner Scheide Und ſtürmt auf Gunther ein und ſchlug den Schild bei Seite — So wunderſam gewalt'gen Schwertſchlag that er behende, Daß er ihm Bein und Schenkel ganz von der Hüfte trennte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0415" n="393"/> <lg n="6"> <l>Schon war der Tod ihm nah. Doch ſprang in ſchnellem Lauf</l><lb/> <l>Ihm ſchirmend Hagen bei. Da ſtund' er zitternd auf,</l><lb/> <l>Es ward der bittre Kampf itzt ungeſäumt erneut,</l><lb/> <l>Feſt ſtand Waltari noch, doch ungleich war der Streit —</l><lb/> <l>Er ſtand: ſo ſteht der Bär gejagt von wilder Hatze,</l><lb/> <l>Unwillig vor der Meute und droht mit ſcharfer Tatze,</l><lb/> <l>Und duckt das Haupt und knurrt. Weh dem der an ihn ſchwirrt:</l><lb/> <l>Er preßt ihn und umarmt ihn bis er ſich nimmer rührt,</l><lb/> <l>Scheu flieht der Rüden Schaar mit heulendem Gebelle. —</l><lb/> <l>So fluthete die Schlacht ſchon auf der höchſten Welle,</l><lb/> <l>Dreifache Noth des Todes auf jeder Stirne ſtand:</l><lb/> <l>Die Wuth, die Laſt des Kampfes, und glüher Sonnenbrand.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Gepreßten Herzens ſchaute bereits Waltari um</l><lb/> <l>Ob ſich kein Ausweg öffne. Zu Hagen rief er drum:</l><lb/> <l>O Hagdorn grün im Laub, du magſt ſogern mich ſtechen</l><lb/> <l>Und mir die Heldenkraft mit ſchlauen Sprüngen brechen</l><lb/> <l>So ſchwerer Mühe ſatt will ich mit dir itzt ringen —</l><lb/> <l>Und biſt du rieſenſtark, ich will dich näher bringen!</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Er ſprach's und hochaufſpringend warf er die Lanze keck</l><lb/> <l>Sie traf und riß ein Stück ihm von der Rüſtung weg,</l><lb/> <l>Und ſtreifte ſeine Haut, doch nur ein wenig, an,</l><lb/> <l>Dieweil gar ſtarken Panzer ſich Hagen umgethan.</l><lb/> <l>Waltari aber riß das Schwert aus ſeiner Scheide</l><lb/> <l>Und ſtürmt auf Gunther ein und ſchlug den Schild bei Seite —</l><lb/> <l>So wunderſam gewalt'gen Schwertſchlag that er behende,</l><lb/> <l>Daß er ihm Bein und Schenkel ganz von der Hüfte trennte.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [393/0415]
Schon war der Tod ihm nah. Doch ſprang in ſchnellem Lauf
Ihm ſchirmend Hagen bei. Da ſtund' er zitternd auf,
Es ward der bittre Kampf itzt ungeſäumt erneut,
Feſt ſtand Waltari noch, doch ungleich war der Streit —
Er ſtand: ſo ſteht der Bär gejagt von wilder Hatze,
Unwillig vor der Meute und droht mit ſcharfer Tatze,
Und duckt das Haupt und knurrt. Weh dem der an ihn ſchwirrt:
Er preßt ihn und umarmt ihn bis er ſich nimmer rührt,
Scheu flieht der Rüden Schaar mit heulendem Gebelle. —
So fluthete die Schlacht ſchon auf der höchſten Welle,
Dreifache Noth des Todes auf jeder Stirne ſtand:
Die Wuth, die Laſt des Kampfes, und glüher Sonnenbrand.
Gepreßten Herzens ſchaute bereits Waltari um
Ob ſich kein Ausweg öffne. Zu Hagen rief er drum:
O Hagdorn grün im Laub, du magſt ſogern mich ſtechen
Und mir die Heldenkraft mit ſchlauen Sprüngen brechen
So ſchwerer Mühe ſatt will ich mit dir itzt ringen —
Und biſt du rieſenſtark, ich will dich näher bringen!
Er ſprach's und hochaufſpringend warf er die Lanze keck
Sie traf und riß ein Stück ihm von der Rüſtung weg,
Und ſtreifte ſeine Haut, doch nur ein wenig, an,
Dieweil gar ſtarken Panzer ſich Hagen umgethan.
Waltari aber riß das Schwert aus ſeiner Scheide
Und ſtürmt auf Gunther ein und ſchlug den Schild bei Seite —
So wunderſam gewalt'gen Schwertſchlag that er behende,
Daß er ihm Bein und Schenkel ganz von der Hüfte trennte.
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Zitationshilfe: | Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/415>, abgerufen am 24.07.2024. |