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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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Fortegian und Failan, Dubslan und Brendan und wie sie Alle hießen,
eine untrennbare Landsmannschaft, aber mißvergnügt über Zurücksetzung;
auch der rothbärtige Dubduin stand dabei, der trotz der schweren eiser-
nen Bußkette nicht zum Probst gewählt ward und zur Strafe für seine
beißenden Schmähverse auf die deutschen Mitbrüder drei Jahre lang
den dürren Pfirsichbaum im Klostergarten begießen mußte.

Und Notker der Arzt stund unter den Versammelten, der erst
jüngst des Abts hinkendem Fuß die große Heilkur verordnet hatte mit
Einreibung von Fischgehirn und Umschlag einer frisch abgezogenen
Wolfshaut, auf daß die Wärme des Pelzes die gekrümmten Sehnen
gerad biege;24) sie hießen ihn das Pfefferkorn ob seiner Strenge
in Handhabung der Klosterzucht; -- und Wolo, der keine Frau an-
sehen konnte und keine reifen Aepfel,25) und Engelbert der Einrichter
des Thiergartens, und Gerhard der Prediger und Folkard der Maler:
Wer kennt sie Alle, die löblichen Meister, bei deren Aufzählung schon
das nächstfolgende Klostergeschlecht wehmüthig bekannte, daß solche Män-
ner von Tag zu Tag seltener würden?

Jetzo bestieg der Abt seinen ragenden Steinsitz und sie rathschlag-
ten, was zu thun. Der Fall war schwierig. Ratpert trat auf und
wies aus den Aufzeichnungen vergangener Zeit nach, auf welche Art
einst dem großen Kaiser Karl ermöglicht worden, in des Klosters In-
neres zu kommen.26) Damals, sprach er, ward angenommen, er sei
ein Ordensbruder, so lang er in unsern Räumen weile, und Alle
thaten als ob sie ihn nicht kennten; kein Wort ward gesprochen von
kaiserlicher Würde und Kriegsthaten oder demüthiger Huldigung, er
mußte einherwandeln wie ein Anderer auch, und daß er deß nicht be-
leidigt war, ist der Schutzbrief, den er beim Abzug über die Mauern
hereinwarf, Zeuge.

Aber damit war das große Bedenken, daß jetzt eine Frau Einlaß
begehrte, nicht gelöst. Die strengeren Brüder murrten und Notker das
Pfefferkorn sprach: Sie ist die Wittib jenes Landverwüsters und Kloster-
schädigers, der den kostbarsten Kelch bei uns als Kriegssteuer erhob27) und höhnend dazu sagte: Gott ißt nicht und trinkt nicht, was nutzen
ihm die güldenen Gefäße? Laßt ihr das Thor geschlossen!

Das war jedoch dem Abt nicht recht. Er suchte einen Ausweg.
Die Berathung ward stürmisch, sie sprachen hin und her. Der Bruder

D. B. VII. Scheffel, Ekkehard. 2

Fortegian und Failan, Dubslan und Brendan und wie ſie Alle hießen,
eine untrennbare Landsmannſchaft, aber mißvergnügt über Zurückſetzung;
auch der rothbärtige Dubduin ſtand dabei, der trotz der ſchweren eiſer-
nen Bußkette nicht zum Probſt gewählt ward und zur Strafe für ſeine
beißenden Schmähverſe auf die deutſchen Mitbrüder drei Jahre lang
den dürren Pfirſichbaum im Kloſtergarten begießen mußte.

Und Notker der Arzt ſtund unter den Verſammelten, der erſt
jüngſt des Abts hinkendem Fuß die große Heilkur verordnet hatte mit
Einreibung von Fiſchgehirn und Umſchlag einer friſch abgezogenen
Wolfshaut, auf daß die Wärme des Pelzes die gekrümmten Sehnen
gerad biege;24) ſie hießen ihn das Pfefferkorn ob ſeiner Strenge
in Handhabung der Kloſterzucht; — und Wolo, der keine Frau an-
ſehen konnte und keine reifen Aepfel,25) und Engelbert der Einrichter
des Thiergartens, und Gerhard der Prediger und Folkard der Maler:
Wer kennt ſie Alle, die löblichen Meiſter, bei deren Aufzählung ſchon
das nächſtfolgende Kloſtergeſchlecht wehmüthig bekannte, daß ſolche Män-
ner von Tag zu Tag ſeltener würden?

Jetzo beſtieg der Abt ſeinen ragenden Steinſitz und ſie rathſchlag-
ten, was zu thun. Der Fall war ſchwierig. Ratpert trat auf und
wies aus den Aufzeichnungen vergangener Zeit nach, auf welche Art
einſt dem großen Kaiſer Karl ermöglicht worden, in des Kloſters In-
neres zu kommen.26) Damals, ſprach er, ward angenommen, er ſei
ein Ordensbruder, ſo lang er in unſern Räumen weile, und Alle
thaten als ob ſie ihn nicht kennten; kein Wort ward geſprochen von
kaiſerlicher Würde und Kriegsthaten oder demüthiger Huldigung, er
mußte einherwandeln wie ein Anderer auch, und daß er deß nicht be-
leidigt war, iſt der Schutzbrief, den er beim Abzug über die Mauern
hereinwarf, Zeuge.

Aber damit war das große Bedenken, daß jetzt eine Frau Einlaß
begehrte, nicht gelöst. Die ſtrengeren Brüder murrten und Notker das
Pfefferkorn ſprach: Sie iſt die Wittib jenes Landverwüſters und Kloſter-
ſchädigers, der den koſtbarſten Kelch bei uns als Kriegsſteuer erhob27) und höhnend dazu ſagte: Gott ißt nicht und trinkt nicht, was nutzen
ihm die güldenen Gefäße? Laßt ihr das Thor geſchloſſen!

Das war jedoch dem Abt nicht recht. Er ſuchte einen Ausweg.
Die Berathung ward ſtürmiſch, ſie ſprachen hin und her. Der Bruder

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[17/0039] Fortegian und Failan, Dubslan und Brendan und wie ſie Alle hießen, eine untrennbare Landsmannſchaft, aber mißvergnügt über Zurückſetzung; auch der rothbärtige Dubduin ſtand dabei, der trotz der ſchweren eiſer- nen Bußkette nicht zum Probſt gewählt ward und zur Strafe für ſeine beißenden Schmähverſe auf die deutſchen Mitbrüder drei Jahre lang den dürren Pfirſichbaum im Kloſtergarten begießen mußte. Und Notker der Arzt ſtund unter den Verſammelten, der erſt jüngſt des Abts hinkendem Fuß die große Heilkur verordnet hatte mit Einreibung von Fiſchgehirn und Umſchlag einer friſch abgezogenen Wolfshaut, auf daß die Wärme des Pelzes die gekrümmten Sehnen gerad biege; ²⁴⁾ ſie hießen ihn das Pfefferkorn ob ſeiner Strenge in Handhabung der Kloſterzucht; — und Wolo, der keine Frau an- ſehen konnte und keine reifen Aepfel, ²⁵⁾ und Engelbert der Einrichter des Thiergartens, und Gerhard der Prediger und Folkard der Maler: Wer kennt ſie Alle, die löblichen Meiſter, bei deren Aufzählung ſchon das nächſtfolgende Kloſtergeſchlecht wehmüthig bekannte, daß ſolche Män- ner von Tag zu Tag ſeltener würden? Jetzo beſtieg der Abt ſeinen ragenden Steinſitz und ſie rathſchlag- ten, was zu thun. Der Fall war ſchwierig. Ratpert trat auf und wies aus den Aufzeichnungen vergangener Zeit nach, auf welche Art einſt dem großen Kaiſer Karl ermöglicht worden, in des Kloſters In- neres zu kommen. ²⁶⁾ Damals, ſprach er, ward angenommen, er ſei ein Ordensbruder, ſo lang er in unſern Räumen weile, und Alle thaten als ob ſie ihn nicht kennten; kein Wort ward geſprochen von kaiſerlicher Würde und Kriegsthaten oder demüthiger Huldigung, er mußte einherwandeln wie ein Anderer auch, und daß er deß nicht be- leidigt war, iſt der Schutzbrief, den er beim Abzug über die Mauern hereinwarf, Zeuge. Aber damit war das große Bedenken, daß jetzt eine Frau Einlaß begehrte, nicht gelöst. Die ſtrengeren Brüder murrten und Notker das Pfefferkorn ſprach: Sie iſt die Wittib jenes Landverwüſters und Kloſter- ſchädigers, der den koſtbarſten Kelch bei uns als Kriegsſteuer erhob ²⁷⁾ und höhnend dazu ſagte: Gott ißt nicht und trinkt nicht, was nutzen ihm die güldenen Gefäße? Laßt ihr das Thor geſchloſſen! Das war jedoch dem Abt nicht recht. Er ſuchte einen Ausweg. Die Berathung ward ſtürmiſch, ſie ſprachen hin und her. Der Bruder D. B. VII. Scheffel, Ekkehard. 2

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/39>, abgerufen am 23.11.2024.