Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.Die Stunde kam des Schmauses. Mit Tüchern mannigfalt Verhänget war die Halle. Eintrat Herr Etzel bald, Er setzte auf den Thron sich, den Woll und Purpur deckt Auf hundert Polstern rings die Hunnen lagen gestreckt. Schier beugten sich die Tische den Speisen sonder Zahl Viel süßer Labtrank dampfte im güldenen Pokal Mit bunten Fähnlein waren die Schüsseln ausgeziert, So hub die Mahlzeit an -- Waltari machte den Wirth. Und wie der Schmaus zu Ende, die Tische weggeräumt, Da sprach zu König Etzel Waltari ungesäumt: Nun, edler Herr und König, ertheilt uns Euren Segen, Daß Alle hier im Saale der Zechlust mögen pflegen. Der Humpen allergrößten reicht er ihm knieend dar, Darauf aus alten Mären manch Bild geschnitzet war. Da lacht' der greise Zecher: fürwahr Ihr meint es gut, Als wie ein Meer im Sturme entgegenschäumt mir die Fluth. Doch sonder Zagen stand er, ein Fels am wogenden Strand, Und lüpft' den Riesenhumpen und wiegt' ihn in der Hand, Und trank mit tapferm Zuge ihn bis zum Grunde leer Und macht' die Nagelprobe. Da floß kein Tropfen mehr. Itzt thut mir's nach, ihr Jungen! so rief der alte Held, Da war ein lobwerth Beispiel den Andern aufgestellt. Hurtig und hurtiger, dem Winde gleich dem schnellen Sah man den Saal durchrennen den Mundschenk sammt Gesellen. Sie nahmen die Pocale, sie füllten sie auf's Neu, Da hub sich in dem Saale ein scharfes Weinturney. Die Stunde kam des Schmauſes. Mit Tüchern mannigfalt Verhänget war die Halle. Eintrat Herr Etzel bald, Er ſetzte auf den Thron ſich, den Woll und Purpur deckt Auf hundert Polſtern rings die Hunnen lagen geſtreckt. Schier beugten ſich die Tiſche den Speiſen ſonder Zahl Viel ſüßer Labtrank dampfte im güldenen Pokal Mit bunten Fähnlein waren die Schüſſeln ausgeziert, So hub die Mahlzeit an — Waltari machte den Wirth. Und wie der Schmaus zu Ende, die Tiſche weggeräumt, Da ſprach zu König Etzel Waltari ungeſäumt: Nun, edler Herr und König, ertheilt uns Euren Segen, Daß Alle hier im Saale der Zechluſt mögen pflegen. Der Humpen allergrößten reicht er ihm knieend dar, Darauf aus alten Mären manch Bild geſchnitzet war. Da lacht' der greiſe Zecher: fürwahr Ihr meint es gut, Als wie ein Meer im Sturme entgegenſchäumt mir die Fluth. Doch ſonder Zagen ſtand er, ein Fels am wogenden Strand, Und lüpft' den Rieſenhumpen und wiegt' ihn in der Hand, Und trank mit tapferm Zuge ihn bis zum Grunde leer Und macht' die Nagelprobe. Da floß kein Tropfen mehr. Itzt thut mir's nach, ihr Jungen! ſo rief der alte Held, Da war ein lobwerth Beiſpiel den Andern aufgeſtellt. Hurtig und hurtiger, dem Winde gleich dem ſchnellen Sah man den Saal durchrennen den Mundſchenk ſammt Geſellen. Sie nahmen die Pocale, ſie füllten ſie auf's Neu, Da hub ſich in dem Saale ein ſcharfes Weinturney. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0380" n="358"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">D</hi>ie Stunde kam des Schmauſes. Mit Tüchern mannigfalt</l><lb/> <l>Verhänget war die Halle. Eintrat Herr Etzel bald,</l><lb/> <l>Er ſetzte auf den Thron ſich, den Woll und Purpur deckt</l><lb/> <l>Auf hundert Polſtern rings die Hunnen lagen geſtreckt.</l><lb/> <l>Schier beugten ſich die Tiſche den Speiſen ſonder Zahl</l><lb/> <l>Viel ſüßer Labtrank dampfte im güldenen Pokal</l><lb/> <l>Mit bunten Fähnlein waren die Schüſſeln ausgeziert,</l><lb/> <l>So hub die Mahlzeit an — Waltari machte den Wirth.</l><lb/> <l>Und wie der Schmaus zu Ende, die Tiſche weggeräumt,</l><lb/> <l>Da ſprach zu König Etzel Waltari ungeſäumt:</l><lb/> <l>Nun, edler Herr und König, ertheilt uns Euren Segen,</l><lb/> <l>Daß Alle hier im Saale der Zechluſt mögen pflegen.</l><lb/> <l>Der Humpen allergrößten reicht er ihm knieend dar,</l><lb/> <l>Darauf aus alten Mären manch Bild geſchnitzet war.</l><lb/> <l>Da lacht' der greiſe Zecher: fürwahr Ihr meint es gut,</l><lb/> <l>Als wie ein Meer im Sturme entgegenſchäumt mir die Fluth.</l><lb/> <l>Doch ſonder Zagen ſtand er, ein Fels am wogenden Strand,</l><lb/> <l>Und lüpft' den Rieſenhumpen und wiegt' ihn in der Hand,</l><lb/> <l>Und trank mit tapferm Zuge ihn bis zum Grunde leer</l><lb/> <l>Und macht' die Nagelprobe. Da floß kein Tropfen mehr.</l><lb/> <l>Itzt thut mir's nach, ihr Jungen! ſo rief der alte Held,</l><lb/> <l>Da war ein lobwerth Beiſpiel den Andern aufgeſtellt.</l><lb/> <l>Hurtig und hurtiger, dem Winde gleich dem ſchnellen</l><lb/> <l>Sah man den Saal durchrennen den Mundſchenk ſammt Geſellen.</l><lb/> <l>Sie nahmen die Pocale, ſie füllten ſie auf's Neu,</l><lb/> <l>Da hub ſich in dem Saale ein ſcharfes Weinturney.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [358/0380]
Die Stunde kam des Schmauſes. Mit Tüchern mannigfalt
Verhänget war die Halle. Eintrat Herr Etzel bald,
Er ſetzte auf den Thron ſich, den Woll und Purpur deckt
Auf hundert Polſtern rings die Hunnen lagen geſtreckt.
Schier beugten ſich die Tiſche den Speiſen ſonder Zahl
Viel ſüßer Labtrank dampfte im güldenen Pokal
Mit bunten Fähnlein waren die Schüſſeln ausgeziert,
So hub die Mahlzeit an — Waltari machte den Wirth.
Und wie der Schmaus zu Ende, die Tiſche weggeräumt,
Da ſprach zu König Etzel Waltari ungeſäumt:
Nun, edler Herr und König, ertheilt uns Euren Segen,
Daß Alle hier im Saale der Zechluſt mögen pflegen.
Der Humpen allergrößten reicht er ihm knieend dar,
Darauf aus alten Mären manch Bild geſchnitzet war.
Da lacht' der greiſe Zecher: fürwahr Ihr meint es gut,
Als wie ein Meer im Sturme entgegenſchäumt mir die Fluth.
Doch ſonder Zagen ſtand er, ein Fels am wogenden Strand,
Und lüpft' den Rieſenhumpen und wiegt' ihn in der Hand,
Und trank mit tapferm Zuge ihn bis zum Grunde leer
Und macht' die Nagelprobe. Da floß kein Tropfen mehr.
Itzt thut mir's nach, ihr Jungen! ſo rief der alte Held,
Da war ein lobwerth Beiſpiel den Andern aufgeſtellt.
Hurtig und hurtiger, dem Winde gleich dem ſchnellen
Sah man den Saal durchrennen den Mundſchenk ſammt Geſellen.
Sie nahmen die Pocale, ſie füllten ſie auf's Neu,
Da hub ſich in dem Saale ein ſcharfes Weinturney.
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