Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.Ihr Euch die Harfe eingethan, und sprechet zu der, was Euch das Sie pfiff durch die Finger, und that einen schönen Lockruf zu der Und Ekkehard erquickte sich an der gesunden Fröhlichkeit der Kinder Und das Eis kam gewachsen summte Benedicta's Tänzer in den leichthinschwebenden Reigen;Bis zur Alpe daher, Wie schad' um das Mägd'lein Wenn's eingefroren wär'! Und der Föhn hat geblasen sang sie antwortend in gleicher Tonart. Und wie sie müde vor demKein Hüttlein mehr steht -- Wie Schad' um den Buben Wenn's auch ihn hätt' verweht! angehenden Dichter ausruhten, sprach Benedicta: Ihr sollt auch Euern Lohn überkommen, herzlieber Harfeniste. Es geht ein alt Gerede auf unsern Bergen, daß alle hundert Jahr' auf kahlem Hang eine wundersame blaue Blume blühe, und wer die Blume hat, dem steht plötzlich Ein- und Ausgang des Berges offen, drinnen glänzt es Ihr Euch die Harfe eingethan, und ſprechet zu der, was Euch das Sie pfiff durch die Finger, und that einen ſchönen Lockruf zu der Und Ekkehard erquickte ſich an der geſunden Fröhlichkeit der Kinder Und das Eis kam gewachſen ſummte Benedicta's Tänzer in den leichthinſchwebenden Reigen;Bis zur Alpe daher, Wie ſchad' um das Mägd'lein Wenn's eingefroren wär'! Und der Föhn hat geblaſen ſang ſie antwortend in gleicher Tonart. Und wie ſie müde vor demKein Hüttlein mehr ſteht — Wie Schad' um den Buben Wenn's auch ihn hätt' verweht! angehenden Dichter ausruhten, ſprach Benedicta: Ihr ſollt auch Euern Lohn überkommen, herzlieber Harfeniſte. Es geht ein alt Gerede auf unſern Bergen, daß alle hundert Jahr' auf kahlem Hang eine wunderſame blaue Blume blühe, und wer die Blume hat, dem ſteht plötzlich Ein- und Ausgang des Berges offen, drinnen glänzt es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0366" n="344"/> Ihr Euch die Harfe eingethan, und ſprechet zu der, was Euch das<lb/> Herz ſchwellt. Aber umſonſt ſollt Ihr kein Spielmann geworden ſein.</p><lb/> <p>Sie pfiff durch die Finger, und that einen ſchönen Lockruf zu der<lb/> niedern Hütte auf der Klus hinüber, da kam ihr Liebſter der Senn,<lb/> das Alphorn umgehangen, ein friſches junges Blut, im rechten Ohr<lb/> trug er den ſchweren ſilbernen Ring, des Sennen Ehrenzeichen, die<lb/> Schlange, die an ſilbernem Kettlein den ſchwanken Milchlöffel hält,<lb/> und um die Lenden glänzte der breite Gürtel, drauf in getriebenem<lb/> Metall ein kuhähnlich Ungethüm zu ſchauen war;<note xml:id="ed273" next="#edt273" place="end" n="273)"/> ſcheu neugierig<lb/> ſtund er vor Ekkehard, aber Benedicta ſprach: Jetzt ſpielet uns einen<lb/> Tanz auf, Bergbruder; wir haben uns ſchon lang geärgert, daß wir's<lb/> nicht ſelber können, aber wenn er das Alphorn bläst, kann er mich nicht<lb/> zugleich faſſen und luſtig umſchwingen, und wenn ich die Schwegel-<lb/> pfeife tönen laſſe, hab' ich auch keinen Arm frei.</p><lb/> <p>Und Ekkehard erquickte ſich an der geſunden Fröhlichkeit der Kinder<lb/> vom Berg und griff wacker in die Saiten, und ſie tanzten im weichen<lb/> Gras der Matten bis der Mond in gelber Schöne ſich über die Maar-<lb/> wieſe hob, den grüßten ſie mit Jauchzen und Zauren<note xml:id="ed274" next="#edt274" place="end" n="274)"/> und tanzten<lb/> weiter in vergnüglichem Wechſelgeſang.<lb/><lg type="poem"><l>Und das Eis kam gewachſen</l><lb/><l>Bis zur Alpe daher,</l><lb/><l>Wie ſchad' um das Mägd'lein</l><lb/><l>Wenn's eingefroren wär'!</l></lg><lb/> ſummte Benedicta's Tänzer in den leichthinſchwebenden Reigen;<lb/><lg type="poem"><l>Und der Föhn hat geblaſen</l><lb/><l>Kein Hüttlein mehr ſteht —</l><lb/><l>Wie Schad' um den Buben</l><lb/><l>Wenn's auch ihn hätt' verweht!</l></lg><lb/> ſang ſie antwortend in gleicher Tonart. Und wie ſie müde vor dem<lb/> angehenden Dichter ausruhten, ſprach Benedicta: Ihr ſollt auch<lb/> Euern Lohn überkommen, herzlieber Harfeniſte. Es geht ein alt<lb/> Gerede auf unſern Bergen, daß alle hundert Jahr' auf kahlem Hang<lb/> eine wunderſame blaue Blume blühe, und wer die Blume hat, dem<lb/> ſteht plötzlich Ein- und Ausgang des Berges offen, drinnen glänzt es<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [344/0366]
Ihr Euch die Harfe eingethan, und ſprechet zu der, was Euch das
Herz ſchwellt. Aber umſonſt ſollt Ihr kein Spielmann geworden ſein.
Sie pfiff durch die Finger, und that einen ſchönen Lockruf zu der
niedern Hütte auf der Klus hinüber, da kam ihr Liebſter der Senn,
das Alphorn umgehangen, ein friſches junges Blut, im rechten Ohr
trug er den ſchweren ſilbernen Ring, des Sennen Ehrenzeichen, die
Schlange, die an ſilbernem Kettlein den ſchwanken Milchlöffel hält,
und um die Lenden glänzte der breite Gürtel, drauf in getriebenem
Metall ein kuhähnlich Ungethüm zu ſchauen war;
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ſcheu neugierig
ſtund er vor Ekkehard, aber Benedicta ſprach: Jetzt ſpielet uns einen
Tanz auf, Bergbruder; wir haben uns ſchon lang geärgert, daß wir's
nicht ſelber können, aber wenn er das Alphorn bläst, kann er mich nicht
zugleich faſſen und luſtig umſchwingen, und wenn ich die Schwegel-
pfeife tönen laſſe, hab' ich auch keinen Arm frei.
Und Ekkehard erquickte ſich an der geſunden Fröhlichkeit der Kinder
vom Berg und griff wacker in die Saiten, und ſie tanzten im weichen
Gras der Matten bis der Mond in gelber Schöne ſich über die Maar-
wieſe hob, den grüßten ſie mit Jauchzen und Zauren
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und tanzten
weiter in vergnüglichem Wechſelgeſang.
Und das Eis kam gewachſen
Bis zur Alpe daher,
Wie ſchad' um das Mägd'lein
Wenn's eingefroren wär'!
ſummte Benedicta's Tänzer in den leichthinſchwebenden Reigen;
Und der Föhn hat geblaſen
Kein Hüttlein mehr ſteht —
Wie Schad' um den Buben
Wenn's auch ihn hätt' verweht!
ſang ſie antwortend in gleicher Tonart. Und wie ſie müde vor dem
angehenden Dichter ausruhten, ſprach Benedicta: Ihr ſollt auch
Euern Lohn überkommen, herzlieber Harfeniſte. Es geht ein alt
Gerede auf unſern Bergen, daß alle hundert Jahr' auf kahlem Hang
eine wunderſame blaue Blume blühe, und wer die Blume hat, dem
ſteht plötzlich Ein- und Ausgang des Berges offen, drinnen glänzt es
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