Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

Darum konnte die Kaisertochter des Helden nicht ansichtig werden
und hätte ihn doch so gern gesehen.

Da sprach sie daheime wieder zu Herlindis: O weh mir, nun hege
ich Tag und Nacht Sorgen und habe keine Ruh', bis meine Augen
den tugendsamen Mann erschaut. Der möcht' einen schönen Boten-
lohn verdienen, der mir den Helden zur Kammer führen wollt'.

Herlindis aber lachte und sprach: Den Botengang will ich in
Treuen thun, ich geh' zu seiner Herberg. Und die Vielschlaue legte
ihr zierlichstes Gewand an und ging zu dem Herren Dietrich. Der
empfing sie frömmiglich und sie setzte sich viel nahe zu ihm und sprach
ihm in's Ohr: Meine Herrin, des Kaisers Tochter, entbeut dir viel
holde Minne; sie ist der Freundschaft zu dir unterthan, du sollst dich
aufmachen und hingehen zu ihr.

Aber Dietrich sprach: Frau, du sündigest dich. Ich bin in andern
Tagen zu mancher Kemenate gegangen, da es wohl sein mocht', was
spottest du itzt des heimatlosen Mannes? An des Kaisers Hofe ist edler
Herzoge und Fürsten eine große Zahl: nie gedachte deine Frau der Rede.

Und als Herlindis ihm inniglich zuredete, sagte Herr Dietrich:
Hier sind der Merker so viele; wer seine Ehr' behalten will, muß
wohlgezogen thun; Constantinus möcht' mir das Reich verbieten. Darum
wär' es mißhellig, so ich deine Frau sehen wollte. Vermelde ihr das;
so sehr ich ihr zu dienen gehre.

Herlindis wollte von dannen gehen, da hieß der König seine Gold-
schmiede zwei Schuhe gießen von Silber und zwei von Golde, und
schenkte ihr von jedem Paar einen, dazu einen Mantel und zwölf
güldene Spangen, denn er war artigen Gemüthes und wußte, daß
man einer Fürstin Kammerfrau, die in Sachen der Minne Botengang
thut, wohl ehren soll.

.. Praxedis hielt eine Weile an, denn Herr Spazzo, der seit eini-
ger Zeit mit seines Schwertes Scheide viel großnasige Gesichter in
Sand gezeichnet, hatte ein vernehmlich Räuspern erhoben. Da er aber
keine weitere Einsprache that, fuhr sie fort:

..Und Herlindis sprang fröhlich heim und sprach zu Hause zu
ihrer Herrin: Hart und fleißig pflegt der gute Held seiner Ehren,
ihm ist des Kaisers Huld zu lieb. Aber schauet her, wie er mir
Liebes that; die Schuhe, den Mantel, die zwölf Spangen: o wohl

Darum konnte die Kaiſertochter des Helden nicht anſichtig werden
und hätte ihn doch ſo gern geſehen.

Da ſprach ſie daheime wieder zu Herlindis: O weh mir, nun hege
ich Tag und Nacht Sorgen und habe keine Ruh', bis meine Augen
den tugendſamen Mann erſchaut. Der möcht' einen ſchönen Boten-
lohn verdienen, der mir den Helden zur Kammer führen wollt'.

Herlindis aber lachte und ſprach: Den Botengang will ich in
Treuen thun, ich geh' zu ſeiner Herberg. Und die Vielſchlaue legte
ihr zierlichſtes Gewand an und ging zu dem Herren Dietrich. Der
empfing ſie frömmiglich und ſie ſetzte ſich viel nahe zu ihm und ſprach
ihm in's Ohr: Meine Herrin, des Kaiſers Tochter, entbeut dir viel
holde Minne; ſie iſt der Freundſchaft zu dir unterthan, du ſollſt dich
aufmachen und hingehen zu ihr.

Aber Dietrich ſprach: Frau, du ſündigeſt dich. Ich bin in andern
Tagen zu mancher Kemenate gegangen, da es wohl ſein mocht', was
ſpotteſt du itzt des heimatloſen Mannes? An des Kaiſers Hofe iſt edler
Herzoge und Fürſten eine große Zahl: nie gedachte deine Frau der Rede.

Und als Herlindis ihm inniglich zuredete, ſagte Herr Dietrich:
Hier ſind der Merker ſo viele; wer ſeine Ehr' behalten will, muß
wohlgezogen thun; Conſtantinus möcht' mir das Reich verbieten. Darum
wär' es mißhellig, ſo ich deine Frau ſehen wollte. Vermelde ihr das;
ſo ſehr ich ihr zu dienen gehre.

Herlindis wollte von dannen gehen, da hieß der König ſeine Gold-
ſchmiede zwei Schuhe gießen von Silber und zwei von Golde, und
ſchenkte ihr von jedem Paar einen, dazu einen Mantel und zwölf
güldene Spangen, denn er war artigen Gemüthes und wußte, daß
man einer Fürſtin Kammerfrau, die in Sachen der Minne Botengang
thut, wohl ehren ſoll.

.. Praxedis hielt eine Weile an, denn Herr Spazzo, der ſeit eini-
ger Zeit mit ſeines Schwertes Scheide viel großnaſige Geſichter in
Sand gezeichnet, hatte ein vernehmlich Räuspern erhoben. Da er aber
keine weitere Einſprache that, fuhr ſie fort:

..Und Herlindis ſprang fröhlich heim und ſprach zu Hauſe zu
ihrer Herrin: Hart und fleißig pflegt der gute Held ſeiner Ehren,
ihm iſt des Kaiſers Huld zu lieb. Aber ſchauet her, wie er mir
Liebes that; die Schuhe, den Mantel, die zwölf Spangen: o wohl

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0317" n="295"/>
        <p>Darum konnte die Kai&#x017F;ertochter des Helden nicht an&#x017F;ichtig werden<lb/>
und hätte ihn doch &#x017F;o gern ge&#x017F;ehen.</p><lb/>
        <p>Da &#x017F;prach &#x017F;ie daheime wieder zu Herlindis: O weh mir, nun hege<lb/>
ich Tag und Nacht Sorgen und habe keine Ruh', bis meine Augen<lb/>
den tugend&#x017F;amen Mann er&#x017F;chaut. Der möcht' einen &#x017F;chönen Boten-<lb/>
lohn verdienen, der mir den Helden zur Kammer führen wollt'.</p><lb/>
        <p>Herlindis aber lachte und &#x017F;prach: Den Botengang will ich in<lb/>
Treuen thun, ich geh' zu &#x017F;einer Herberg. Und die Viel&#x017F;chlaue legte<lb/>
ihr zierlich&#x017F;tes Gewand an und ging zu dem Herren Dietrich. Der<lb/>
empfing &#x017F;ie frömmiglich und &#x017F;ie &#x017F;etzte &#x017F;ich viel nahe zu ihm und &#x017F;prach<lb/>
ihm in's Ohr: Meine Herrin, des Kai&#x017F;ers Tochter, entbeut dir viel<lb/>
holde Minne; &#x017F;ie i&#x017F;t der Freund&#x017F;chaft zu dir unterthan, du &#x017F;oll&#x017F;t dich<lb/>
aufmachen und hingehen zu ihr.</p><lb/>
        <p>Aber Dietrich &#x017F;prach: Frau, du &#x017F;ündige&#x017F;t dich. Ich bin in andern<lb/>
Tagen zu mancher Kemenate gegangen, da es wohl &#x017F;ein mocht', was<lb/>
&#x017F;potte&#x017F;t du itzt des heimatlo&#x017F;en Mannes? An des Kai&#x017F;ers Hofe i&#x017F;t edler<lb/>
Herzoge und Für&#x017F;ten eine große Zahl: nie gedachte deine Frau der Rede.</p><lb/>
        <p>Und als Herlindis ihm inniglich zuredete, &#x017F;agte Herr Dietrich:<lb/>
Hier &#x017F;ind der Merker &#x017F;o viele; wer &#x017F;eine Ehr' behalten will, muß<lb/>
wohlgezogen thun; Con&#x017F;tantinus möcht' mir das Reich verbieten. Darum<lb/>
wär' es mißhellig, &#x017F;o ich deine Frau &#x017F;ehen wollte. Vermelde ihr das;<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr ich ihr zu dienen gehre.</p><lb/>
        <p>Herlindis wollte von dannen gehen, da hieß der König &#x017F;eine Gold-<lb/>
&#x017F;chmiede zwei Schuhe gießen von Silber und zwei von Golde, und<lb/>
&#x017F;chenkte ihr von jedem Paar einen, dazu einen Mantel und zwölf<lb/>
güldene Spangen, denn er war artigen Gemüthes und wußte, daß<lb/>
man einer Für&#x017F;tin Kammerfrau, die in Sachen der Minne Botengang<lb/>
thut, wohl ehren &#x017F;oll.</p><lb/>
        <p>.. Praxedis hielt eine Weile an, denn Herr Spazzo, der &#x017F;eit eini-<lb/>
ger Zeit mit &#x017F;eines Schwertes Scheide viel großna&#x017F;ige Ge&#x017F;ichter in<lb/>
Sand gezeichnet, hatte ein vernehmlich Räuspern erhoben. Da er aber<lb/>
keine weitere Ein&#x017F;prache that, fuhr &#x017F;ie fort:</p><lb/>
        <p>..Und Herlindis &#x017F;prang fröhlich heim und &#x017F;prach zu Hau&#x017F;e zu<lb/>
ihrer Herrin: Hart und fleißig pflegt der gute Held &#x017F;einer Ehren,<lb/>
ihm i&#x017F;t des Kai&#x017F;ers Huld zu lieb. Aber &#x017F;chauet her, wie er mir<lb/>
Liebes that; die Schuhe, den Mantel, die zwölf Spangen: o wohl<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0317] Darum konnte die Kaiſertochter des Helden nicht anſichtig werden und hätte ihn doch ſo gern geſehen. Da ſprach ſie daheime wieder zu Herlindis: O weh mir, nun hege ich Tag und Nacht Sorgen und habe keine Ruh', bis meine Augen den tugendſamen Mann erſchaut. Der möcht' einen ſchönen Boten- lohn verdienen, der mir den Helden zur Kammer führen wollt'. Herlindis aber lachte und ſprach: Den Botengang will ich in Treuen thun, ich geh' zu ſeiner Herberg. Und die Vielſchlaue legte ihr zierlichſtes Gewand an und ging zu dem Herren Dietrich. Der empfing ſie frömmiglich und ſie ſetzte ſich viel nahe zu ihm und ſprach ihm in's Ohr: Meine Herrin, des Kaiſers Tochter, entbeut dir viel holde Minne; ſie iſt der Freundſchaft zu dir unterthan, du ſollſt dich aufmachen und hingehen zu ihr. Aber Dietrich ſprach: Frau, du ſündigeſt dich. Ich bin in andern Tagen zu mancher Kemenate gegangen, da es wohl ſein mocht', was ſpotteſt du itzt des heimatloſen Mannes? An des Kaiſers Hofe iſt edler Herzoge und Fürſten eine große Zahl: nie gedachte deine Frau der Rede. Und als Herlindis ihm inniglich zuredete, ſagte Herr Dietrich: Hier ſind der Merker ſo viele; wer ſeine Ehr' behalten will, muß wohlgezogen thun; Conſtantinus möcht' mir das Reich verbieten. Darum wär' es mißhellig, ſo ich deine Frau ſehen wollte. Vermelde ihr das; ſo ſehr ich ihr zu dienen gehre. Herlindis wollte von dannen gehen, da hieß der König ſeine Gold- ſchmiede zwei Schuhe gießen von Silber und zwei von Golde, und ſchenkte ihr von jedem Paar einen, dazu einen Mantel und zwölf güldene Spangen, denn er war artigen Gemüthes und wußte, daß man einer Fürſtin Kammerfrau, die in Sachen der Minne Botengang thut, wohl ehren ſoll. .. Praxedis hielt eine Weile an, denn Herr Spazzo, der ſeit eini- ger Zeit mit ſeines Schwertes Scheide viel großnaſige Geſichter in Sand gezeichnet, hatte ein vernehmlich Räuspern erhoben. Da er aber keine weitere Einſprache that, fuhr ſie fort: ..Und Herlindis ſprang fröhlich heim und ſprach zu Hauſe zu ihrer Herrin: Hart und fleißig pflegt der gute Held ſeiner Ehren, ihm iſt des Kaiſers Huld zu lieb. Aber ſchauet her, wie er mir Liebes that; die Schuhe, den Mantel, die zwölf Spangen: o wohl

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/317
Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/317>, abgerufen am 22.11.2024.