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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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sprangen Sehnen herfür, als könnt' er einen Ambos sechzehn Klafter
tief in die Erde hineinschmettern.

Da vermeinte ich, unter solchen Umständen möcht' ein höflich Wort
nicht vom Uebel sein, und sprach daher: Ich wollt' Euch nur um die
Gewogenheit ersuchen, daß Ihr mein Roß beschlaget. Drauf stieß der
Schmied seine Stange in den Erdboden und sprach: Das lautet an-
ders und schafft Euch Rath. Aber Grobheit gilt nichts in Weland's
Schmiede, das mögt Ihr in Eurer Heimath weiter sagen.

Er beschlug mein Roß und ich sah, daß er ein ehrenwerther
Schmied war und ward ihm gut befreundet, und ließ das Rößlein in
seinem Stall stehen und blieb bei ihm in der Nachtherberge. Und
wir tranken scharf bis in die Nacht hinein, der Wein hieß Terlaner
und er schenkte ihn aus einem Schlauche. In währendem Trinken
befrug ich den rußigen Gastfreund um Gelegenheit und Namen seiner
Schmiede. Da lachte er hell auf und erzählte die Geschichte vom
Schmied Weland
. Fein war sie nicht, aber schön.

Herr Spazzo hielt eine Weile an und warf einen Blick auf den
Tisch, wie Einer, der sich nach einem Trunk Weines umschaut, trockene
Lippen zu feuchten. Aber es war keiner zur Hand und man verstand
den Blick nicht. Da fuhr er fort:

Woher der Weland gekommen, sprach der Mann von Gothenfaß
damals zu mir, ist hierlands nicht bekannt. Sie sagen, in nordischen
Meeren, im Land Schonen sei der Riese Vade sein Vater gewesen,
seine Großmutter aber eine Meerfrau, die kam aus der Tiefe wie er
geboren ward, und saß eine lange Nacht auf der Klippe und harfte:
jung Weland muß ein Schmied werden! Da brachte Vade den Jungen
zu Mimer dem Schmiedungsverständigen, der hauste im dunklen Tann
zwanzig Meilen hinter Toledo und lehrte ihn viel mannigfache Kunst.
Wie er aber sein erst Schwert geschmiedet hieß ihn Mimer selber
weiter ziehen, auf daß er die letzte Meisterschaft bei den Zwergen
erringe. Und Weland ging zu den Zwergen und gewann viel Ruhm.

Da brachen die Riesen in's Zwergenland, daß Weland weichen
mußte, und blieb ihm nichts als sein breites Schwert Mimung, das
schnallte er über den Rücken und kam in's Land Tirol. Zwischen
Eisack, Etsch und Inn aber saß dazumal der König Elberich, der
nahm den Weland freundlich auf, und wies ihm die Waldschmiede zu

ſprangen Sehnen herfür, als könnt' er einen Ambos ſechzehn Klafter
tief in die Erde hineinſchmettern.

Da vermeinte ich, unter ſolchen Umſtänden möcht' ein höflich Wort
nicht vom Uebel ſein, und ſprach daher: Ich wollt' Euch nur um die
Gewogenheit erſuchen, daß Ihr mein Roß beſchlaget. Drauf ſtieß der
Schmied ſeine Stange in den Erdboden und ſprach: Das lautet an-
ders und ſchafft Euch Rath. Aber Grobheit gilt nichts in Weland's
Schmiede, das mögt Ihr in Eurer Heimath weiter ſagen.

Er beſchlug mein Roß und ich ſah, daß er ein ehrenwerther
Schmied war und ward ihm gut befreundet, und ließ das Rößlein in
ſeinem Stall ſtehen und blieb bei ihm in der Nachtherberge. Und
wir tranken ſcharf bis in die Nacht hinein, der Wein hieß Terlaner
und er ſchenkte ihn aus einem Schlauche. In währendem Trinken
befrug ich den rußigen Gaſtfreund um Gelegenheit und Namen ſeiner
Schmiede. Da lachte er hell auf und erzählte die Geſchichte vom
Schmied Weland
. Fein war ſie nicht, aber ſchön.

Herr Spazzo hielt eine Weile an und warf einen Blick auf den
Tiſch, wie Einer, der ſich nach einem Trunk Weines umſchaut, trockene
Lippen zu feuchten. Aber es war keiner zur Hand und man verſtand
den Blick nicht. Da fuhr er fort:

Woher der Weland gekommen, ſprach der Mann von Gothenfaß
damals zu mir, iſt hierlands nicht bekannt. Sie ſagen, in nordiſchen
Meeren, im Land Schonen ſei der Rieſe Vade ſein Vater geweſen,
ſeine Großmutter aber eine Meerfrau, die kam aus der Tiefe wie er
geboren ward, und ſaß eine lange Nacht auf der Klippe und harfte:
jung Weland muß ein Schmied werden! Da brachte Vade den Jungen
zu Mimer dem Schmiedungsverſtändigen, der hauste im dunklen Tann
zwanzig Meilen hinter Toledo und lehrte ihn viel mannigfache Kunſt.
Wie er aber ſein erſt Schwert geſchmiedet hieß ihn Mimer ſelber
weiter ziehen, auf daß er die letzte Meiſterſchaft bei den Zwergen
erringe. Und Weland ging zu den Zwergen und gewann viel Ruhm.

Da brachen die Rieſen in's Zwergenland, daß Weland weichen
mußte, und blieb ihm nichts als ſein breites Schwert Mimung, das
ſchnallte er über den Rücken und kam in's Land Tirol. Zwiſchen
Eiſack, Etſch und Inn aber ſaß dazumal der König Elberich, der
nahm den Weland freundlich auf, und wies ihm die Waldſchmiede zu

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[288/0310] ſprangen Sehnen herfür, als könnt' er einen Ambos ſechzehn Klafter tief in die Erde hineinſchmettern. Da vermeinte ich, unter ſolchen Umſtänden möcht' ein höflich Wort nicht vom Uebel ſein, und ſprach daher: Ich wollt' Euch nur um die Gewogenheit erſuchen, daß Ihr mein Roß beſchlaget. Drauf ſtieß der Schmied ſeine Stange in den Erdboden und ſprach: Das lautet an- ders und ſchafft Euch Rath. Aber Grobheit gilt nichts in Weland's Schmiede, das mögt Ihr in Eurer Heimath weiter ſagen. Er beſchlug mein Roß und ich ſah, daß er ein ehrenwerther Schmied war und ward ihm gut befreundet, und ließ das Rößlein in ſeinem Stall ſtehen und blieb bei ihm in der Nachtherberge. Und wir tranken ſcharf bis in die Nacht hinein, der Wein hieß Terlaner und er ſchenkte ihn aus einem Schlauche. In währendem Trinken befrug ich den rußigen Gaſtfreund um Gelegenheit und Namen ſeiner Schmiede. Da lachte er hell auf und erzählte die Geſchichte vom Schmied Weland. Fein war ſie nicht, aber ſchön. Herr Spazzo hielt eine Weile an und warf einen Blick auf den Tiſch, wie Einer, der ſich nach einem Trunk Weines umſchaut, trockene Lippen zu feuchten. Aber es war keiner zur Hand und man verſtand den Blick nicht. Da fuhr er fort: Woher der Weland gekommen, ſprach der Mann von Gothenfaß damals zu mir, iſt hierlands nicht bekannt. Sie ſagen, in nordiſchen Meeren, im Land Schonen ſei der Rieſe Vade ſein Vater geweſen, ſeine Großmutter aber eine Meerfrau, die kam aus der Tiefe wie er geboren ward, und ſaß eine lange Nacht auf der Klippe und harfte: jung Weland muß ein Schmied werden! Da brachte Vade den Jungen zu Mimer dem Schmiedungsverſtändigen, der hauste im dunklen Tann zwanzig Meilen hinter Toledo und lehrte ihn viel mannigfache Kunſt. Wie er aber ſein erſt Schwert geſchmiedet hieß ihn Mimer ſelber weiter ziehen, auf daß er die letzte Meiſterſchaft bei den Zwergen erringe. Und Weland ging zu den Zwergen und gewann viel Ruhm. Da brachen die Rieſen in's Zwergenland, daß Weland weichen mußte, und blieb ihm nichts als ſein breites Schwert Mimung, das ſchnallte er über den Rücken und kam in's Land Tirol. Zwiſchen Eiſack, Etſch und Inn aber ſaß dazumal der König Elberich, der nahm den Weland freundlich auf, und wies ihm die Waldſchmiede zu

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/310>, abgerufen am 22.11.2024.