Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.Ekkehard wollte ihr die Hand reichen; es däuchte ihm zuweilen, Euer Gesicht hat sich namhaft verändert seit gestern, rief ihm Er schaute mit stieren Augen zu ihr herab. Es flimmerte vor Bringt Ihr auch ein erklecklich Schmerzensgeld mit, Herr Käm- Schmerzensgeld? für wen? sagte Herr Spazzo stumpf. Für den armen Cappan! Ich glaube, Ihr habt eine Hand voll Mohnkörner, sprach Herr Spazzo mit dem gleichen Ausdruck, Mohn- Er stieg schwerfällig vom Roß und zog sich in seine Gemächer Habt Ihr noch nie davon erzählen gehört, daß einem gesetzten Praxedis hatte sich weggewendet und stand an den Zinnen der Sehet einmal hinunter, Sonne der Wissenschaft, sprach sie zu Ekke- Ekkehard beugte sich über die Mauer und schaute an der senkrecht Ekkehard wollte ihr die Hand reichen; es däuchte ihm zuweilen, Euer Geſicht hat ſich namhaft verändert ſeit geſtern, rief ihm Er ſchaute mit ſtieren Augen zu ihr herab. Es flimmerte vor Bringt Ihr auch ein erklecklich Schmerzensgeld mit, Herr Käm- Schmerzensgeld? für wen? ſagte Herr Spazzo ſtumpf. Für den armen Cappan! Ich glaube, Ihr habt eine Hand voll Mohnkörner, ſprach Herr Spazzo mit dem gleichen Ausdruck, Mohn- Er ſtieg ſchwerfällig vom Roß und zog ſich in ſeine Gemächer Habt Ihr noch nie davon erzählen gehört, daß einem geſetzten Praxedis hatte ſich weggewendet und ſtand an den Zinnen der Sehet einmal hinunter, Sonne der Wiſſenſchaft, ſprach ſie zu Ekke- Ekkehard beugte ſich über die Mauer und ſchaute an der ſenkrecht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0292" n="270"/> <p>Ekkehard wollte ihr die Hand reichen; es däuchte ihm zuweilen,<lb/> als ſei Praxedis ſein guter Engel. Da kam langſamen Hufſchlages<lb/> Herr Spazzo in Burghof eingeritten. Sein Haupt ſenkte ſich dem<lb/> Sattelknopf entgegen, bleiernes Lächeln war über das müde Antlitz<lb/> gegoſſen, halb ſchlief er.</p><lb/> <p>Euer Geſicht hat ſich namhaft verändert ſeit geſtern, rief ihm<lb/> Praxedis zu. Warum fliegen keine Funken mehr unter Falada's Huf?</p><lb/> <p>Er ſchaute mit ſtieren Augen zu ihr herab. Es flimmerte vor<lb/> ſeinem Blick.</p><lb/> <p>Bringt Ihr auch ein erklecklich Schmerzensgeld mit, Herr Käm-<lb/> merer? fragte Praxedis.</p><lb/> <p>Schmerzensgeld? für wen? ſagte Herr Spazzo ſtumpf.</p><lb/> <p>Für den armen Cappan! Ich glaube, Ihr habt eine Hand voll<lb/> Mohnkörner gegeſſen, daß Ihr nimmer wiſſet warum Ihr ausgeritten ...</p><lb/> <p>Mohnkörner, ſprach Herr Spazzo mit dem gleichen Ausdruck, Mohn-<lb/> körner? Nein. Aber Meersburger, rothen Meersburger, ungefü-<lb/> gigen hundertſchlündig<note xml:id="ed224" next="#edt224" place="end" n="224)"/> zu trinkenden rothen Meersburger! ja!</p><lb/> <p>Er ſtieg ſchwerfällig vom Roß und zog ſich in ſeine Gemächer<lb/> zurück. Der Bericht über ſeiner Sendung Erfolg blieb unerſtattet.<lb/> Praxedis ſchaute dem Kämmerer nach, ſie begriff den Grund ſeiner<lb/> bleiſchweren Gemüthsſtimmung nicht ganz.</p><lb/> <p>Habt Ihr noch nie davon erzählen gehört, daß einem geſetzten<lb/> Manne Gras, Blumen und Klee und aller Kräuter Meiſterſchaft, die<lb/> Würze und aller Steine Kraft, der Wald und alle Vögelein — nicht<lb/> ſo zur Erquickung frommen als ein alter Wein? ſprach Ekkehard zur<lb/> Ergänzung. Aber ſchon der jüdiſche Prophetenknabe ſprach zum König<lb/> Darius, da die Kriegsleute und Amtmänner aus Morgenland um<lb/> den Thron ſtanden und ſtritten, wer der ſtärkſte ſei: der Wein iſt der<lb/> ſtärkſte, der überwältigt die Männer die ihn trinken und führt ihr<lb/> Gemüthe in Irrthum.</p><lb/> <p>Praxedis hatte ſich weggewendet und ſtand an den Zinnen der<lb/> Mauerbrüſtung.</p><lb/> <p>Sehet einmal hinunter, Sonne der Wiſſenſchaft, ſprach ſie zu Ekke-<lb/> hard, was kommt dort für ein ſauber geiſtlich Männlein gewandelt?</p><lb/> <p>Ekkehard beugte ſich über die Mauer und ſchaute an der ſenkrecht<lb/> aufſtrebenden Felswand hinab. Zwiſchen den Stauden am Burgweg<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [270/0292]
Ekkehard wollte ihr die Hand reichen; es däuchte ihm zuweilen,
als ſei Praxedis ſein guter Engel. Da kam langſamen Hufſchlages
Herr Spazzo in Burghof eingeritten. Sein Haupt ſenkte ſich dem
Sattelknopf entgegen, bleiernes Lächeln war über das müde Antlitz
gegoſſen, halb ſchlief er.
Euer Geſicht hat ſich namhaft verändert ſeit geſtern, rief ihm
Praxedis zu. Warum fliegen keine Funken mehr unter Falada's Huf?
Er ſchaute mit ſtieren Augen zu ihr herab. Es flimmerte vor
ſeinem Blick.
Bringt Ihr auch ein erklecklich Schmerzensgeld mit, Herr Käm-
merer? fragte Praxedis.
Schmerzensgeld? für wen? ſagte Herr Spazzo ſtumpf.
Für den armen Cappan! Ich glaube, Ihr habt eine Hand voll
Mohnkörner gegeſſen, daß Ihr nimmer wiſſet warum Ihr ausgeritten ...
Mohnkörner, ſprach Herr Spazzo mit dem gleichen Ausdruck, Mohn-
körner? Nein. Aber Meersburger, rothen Meersburger, ungefü-
gigen hundertſchlündig
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zu trinkenden rothen Meersburger! ja!
Er ſtieg ſchwerfällig vom Roß und zog ſich in ſeine Gemächer
zurück. Der Bericht über ſeiner Sendung Erfolg blieb unerſtattet.
Praxedis ſchaute dem Kämmerer nach, ſie begriff den Grund ſeiner
bleiſchweren Gemüthsſtimmung nicht ganz.
Habt Ihr noch nie davon erzählen gehört, daß einem geſetzten
Manne Gras, Blumen und Klee und aller Kräuter Meiſterſchaft, die
Würze und aller Steine Kraft, der Wald und alle Vögelein — nicht
ſo zur Erquickung frommen als ein alter Wein? ſprach Ekkehard zur
Ergänzung. Aber ſchon der jüdiſche Prophetenknabe ſprach zum König
Darius, da die Kriegsleute und Amtmänner aus Morgenland um
den Thron ſtanden und ſtritten, wer der ſtärkſte ſei: der Wein iſt der
ſtärkſte, der überwältigt die Männer die ihn trinken und führt ihr
Gemüthe in Irrthum.
Praxedis hatte ſich weggewendet und ſtand an den Zinnen der
Mauerbrüſtung.
Sehet einmal hinunter, Sonne der Wiſſenſchaft, ſprach ſie zu Ekke-
hard, was kommt dort für ein ſauber geiſtlich Männlein gewandelt?
Ekkehard beugte ſich über die Mauer und ſchaute an der ſenkrecht
aufſtrebenden Felswand hinab. Zwiſchen den Stauden am Burgweg
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