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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

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Haare gekräuselt, die Capuze feiner und sauberer denn nöthig, die
Schuhe leicht -- auf daß alle Anzeichen vorhanden, die dem heiligen
Hieronymus Aergerniß gaben, da er schrieb: Leider sind auch in mei-
nem Sprengel etliche Cleriker, deren Sorge darauf gerichtet ist, ob
ihre Kleider herrlich düften, die Nägel ihrer Finger glänzen, das krause
Haupthaar mit Balsam gesalbt und gesänftigt sei und der gestickte
Schuh knapp am Füßlein sitze. Ein solcher Aufzug geziemt sich aber
kaum für einen Stutzer und Bräutigam, geschweige für einen Ge-
weihten des Herrn.

"Weiter hab' ich erwogen, ob nicht auch der Laut seines eigenen
Namens mit seiner Handlungsweise übereinstimme. Und wie? Ekk-
hard oder Akhar hieß der Mann, als wäre ihm schon bei der Taufe
der Name eines Uebelthäters vorahnungsvoll aufgeprägt worden. Denn
wer kennt nicht jenen Akhar, der aus der Beute von Jericho einen
purpurnen Mantel entwendet und zweihundert Beutel Silbers sammt
einer güldenen Ruthe, also daß ihn Josua hinausführen ließ in ein
abgelegen Thal und ganz Israel steinigte ihn und Alles was er hatte
ward mit Feuer verbrannt? Solchen Vorgängers hat sich der Akhar
von Sanct Gallen würdig erzeigt, dieweil, wer die Gebote einer höf-
lichen Lebensart verachtet, so übel thut, als ein Dieb: er veruntreut
das Gold wahrer Weisheit.

"Wäre es erlaubt, an die Seelenwanderung des Pythagoras zu
glauben, so stünde außer allem Zweifel, daß die Seele jenes hebräischen
Akhar in diesen Ekkhard gefahren, und sie wäre ernsthaft darob zu
bedauern, denn besser den Körper eines Fuchses zum Aufenthalt er-
wählen, als den eines hinterlistigen Mönches. All dies sei übrigens
ohne Haß gesagt; mein Haß geht nur auf die dem Manne anklebende
Schlechtigkeit, also nur auf ein Accidens, nicht auf die Substanz
selbst, in der wir ja, nach den Worten der Schrift, ein Ebenbild der
Gottheit anzuerkennen haben.

"Merket nun, so fuhr Gunzo in seines Buches zweitem Theile
fort, wie unsinnig mein Feind gegen Nutz und Frommen der Wissen-
schaft gehandelt. Mehr als hundert geschriebene Bände führte ich bei
meiner Reise über die Alpen mit mir, Waffen des Friedens, darunter
des Marcianus blumenreiche Unterweisung in den sieben freien Kün-
sten, des Plato unergründliche Tiefe im Timäus, des Aristoteles zu

Haare gekräuſelt, die Capuze feiner und ſauberer denn nöthig, die
Schuhe leicht — auf daß alle Anzeichen vorhanden, die dem heiligen
Hieronymus Aergerniß gaben, da er ſchrieb: Leider ſind auch in mei-
nem Sprengel etliche Cleriker, deren Sorge darauf gerichtet iſt, ob
ihre Kleider herrlich düften, die Nägel ihrer Finger glänzen, das krauſe
Haupthaar mit Balſam geſalbt und geſänftigt ſei und der geſtickte
Schuh knapp am Füßlein ſitze. Ein ſolcher Aufzug geziemt ſich aber
kaum für einen Stutzer und Bräutigam, geſchweige für einen Ge-
weihten des Herrn.

„Weiter hab' ich erwogen, ob nicht auch der Laut ſeines eigenen
Namens mit ſeiner Handlungsweiſe übereinſtimme. Und wie? Ekk-
hard oder Akhar hieß der Mann, als wäre ihm ſchon bei der Taufe
der Name eines Uebelthäters vorahnungsvoll aufgeprägt worden. Denn
wer kennt nicht jenen Akhar, der aus der Beute von Jericho einen
purpurnen Mantel entwendet und zweihundert Beutel Silbers ſammt
einer güldenen Ruthe, alſo daß ihn Joſua hinausführen ließ in ein
abgelegen Thal und ganz Israel ſteinigte ihn und Alles was er hatte
ward mit Feuer verbrannt? Solchen Vorgängers hat ſich der Akhar
von Sanct Gallen würdig erzeigt, dieweil, wer die Gebote einer höf-
lichen Lebensart verachtet, ſo übel thut, als ein Dieb: er veruntreut
das Gold wahrer Weisheit.

„Wäre es erlaubt, an die Seelenwanderung des Pythagoras zu
glauben, ſo ſtünde außer allem Zweifel, daß die Seele jenes hebräiſchen
Akhar in dieſen Ekkhard gefahren, und ſie wäre ernſthaft darob zu
bedauern, denn beſſer den Körper eines Fuchſes zum Aufenthalt er-
wählen, als den eines hinterliſtigen Mönches. All dies ſei übrigens
ohne Haß geſagt; mein Haß geht nur auf die dem Manne anklebende
Schlechtigkeit, alſo nur auf ein Accidens, nicht auf die Subſtanz
ſelbſt, in der wir ja, nach den Worten der Schrift, ein Ebenbild der
Gottheit anzuerkennen haben.

„Merket nun, ſo fuhr Gunzo in ſeines Buches zweitem Theile
fort, wie unſinnig mein Feind gegen Nutz und Frommen der Wiſſen-
ſchaft gehandelt. Mehr als hundert geſchriebene Bände führte ich bei
meiner Reiſe über die Alpen mit mir, Waffen des Friedens, darunter
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ſten, des Plato unergründliche Tiefe im Timäus, des Ariſtoteles zu

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[238/0260] Haare gekräuſelt, die Capuze feiner und ſauberer denn nöthig, die Schuhe leicht — auf daß alle Anzeichen vorhanden, die dem heiligen Hieronymus Aergerniß gaben, da er ſchrieb: Leider ſind auch in mei- nem Sprengel etliche Cleriker, deren Sorge darauf gerichtet iſt, ob ihre Kleider herrlich düften, die Nägel ihrer Finger glänzen, das krauſe Haupthaar mit Balſam geſalbt und geſänftigt ſei und der geſtickte Schuh knapp am Füßlein ſitze. Ein ſolcher Aufzug geziemt ſich aber kaum für einen Stutzer und Bräutigam, geſchweige für einen Ge- weihten des Herrn. „Weiter hab' ich erwogen, ob nicht auch der Laut ſeines eigenen Namens mit ſeiner Handlungsweiſe übereinſtimme. Und wie? Ekk- hard oder Akhar hieß der Mann, als wäre ihm ſchon bei der Taufe der Name eines Uebelthäters vorahnungsvoll aufgeprägt worden. Denn wer kennt nicht jenen Akhar, der aus der Beute von Jericho einen purpurnen Mantel entwendet und zweihundert Beutel Silbers ſammt einer güldenen Ruthe, alſo daß ihn Joſua hinausführen ließ in ein abgelegen Thal und ganz Israel ſteinigte ihn und Alles was er hatte ward mit Feuer verbrannt? Solchen Vorgängers hat ſich der Akhar von Sanct Gallen würdig erzeigt, dieweil, wer die Gebote einer höf- lichen Lebensart verachtet, ſo übel thut, als ein Dieb: er veruntreut das Gold wahrer Weisheit. „Wäre es erlaubt, an die Seelenwanderung des Pythagoras zu glauben, ſo ſtünde außer allem Zweifel, daß die Seele jenes hebräiſchen Akhar in dieſen Ekkhard gefahren, und ſie wäre ernſthaft darob zu bedauern, denn beſſer den Körper eines Fuchſes zum Aufenthalt er- wählen, als den eines hinterliſtigen Mönches. All dies ſei übrigens ohne Haß geſagt; mein Haß geht nur auf die dem Manne anklebende Schlechtigkeit, alſo nur auf ein Accidens, nicht auf die Subſtanz ſelbſt, in der wir ja, nach den Worten der Schrift, ein Ebenbild der Gottheit anzuerkennen haben. „Merket nun, ſo fuhr Gunzo in ſeines Buches zweitem Theile fort, wie unſinnig mein Feind gegen Nutz und Frommen der Wiſſen- ſchaft gehandelt. Mehr als hundert geſchriebene Bände führte ich bei meiner Reiſe über die Alpen mit mir, Waffen des Friedens, darunter des Marcianus blumenreiche Unterweiſung in den ſieben freien Kün- ſten, des Plato unergründliche Tiefe im Timäus, des Ariſtoteles zu

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Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/260>, abgerufen am 22.12.2024.