Sei gescheidt, sprach Hadumoth, was wolltest du auch mit dem Schatz beginnen wenn er gewonnen ist?
Dann kauf ich mich frei, sprach er gelassen, und dich auch, und der Frau Herzogin kauf ich ihr Herzogthum ab, und den ganzen Berg mit Allem was drauf steht, und dir laß ich eine güldene Krone machen und jeder Ziege ein gülden Glöcklein und mir eine Sackpfeife von Ebenholz und lauterem Golde ...
Von lauterem Golde -- scherzte Hadumoth, weißt du denn, wie Gold aussieht?
Da deutete Audifax mit dem Finger nach dem Mund: Kannst du schweigen? Sie nickte bejahend. Gib mir die Hand drauf. Sie gab ihm die Hand. So will ich dir zeigen wie Gold aussieht, sprach der Hirtenknabe, griff in seine Busentasche und zog ein Stücklein her- vor, rund wie eine mässige Münze, aber gewölbt wie eine Schaale, und waren etliche unverständliche verwischte Zeichen darauf, es gleißte und glänzte, und war wirklich Gold. Hadumoth wog das Stück auf dem Zeigefinger.
Das hab' ich auf dem Feld gefunden, weit da drüben, sprach Au- difax, nach dem Gewitter. Wenn der Regenbogen mit seinem Far- benglanz sich zu uns niederwölbt, dann kommen zwei Engel, wo seine Enden sich auf die Erde senken, halten sie ihm ein gülden Schüsselein unter, daß er nicht auf dem verregneten rauhen Boden aufstehen muß -- und wenn er ausgeglänzt hat, dann lassen sie die Schüsselein im Feld stehen, zweimal dürfen sie's nicht brauchen, das würde der Re- genbogen übel nehmen ... 119)
Hadumoth begann an den Beruf ihres Gespielen zum Schatzfinden zu glauben. Audifax, sprach sie, und gab ihm das Regenbogenschüsse- lein zurück, das frommt dir Alles nichts. Wer einen Schatz finden will, muß den Zauber wissen -- in der Tiefe unten wird Alles gut gehütet, sie gebens nicht los, wenn sie nicht niedergezwungen werden.
Ja, der Zauber, sagte Audifax mit thränendem Aug' -- wer ihn wüßte ...
Hast du den heiligen Mann schon gesehen? frug Hadumoth.
Nein.
Seit vier Tagen ist der heilige Mann in der Burg, der weiß allen Zauber. Ein großes Buch hat er mitgebracht, das liest er unserer
Sei geſcheidt, ſprach Hadumoth, was wollteſt du auch mit dem Schatz beginnen wenn er gewonnen iſt?
Dann kauf ich mich frei, ſprach er gelaſſen, und dich auch, und der Frau Herzogin kauf ich ihr Herzogthum ab, und den ganzen Berg mit Allem was drauf ſteht, und dir laß ich eine güldene Krone machen und jeder Ziege ein gülden Glöcklein und mir eine Sackpfeife von Ebenholz und lauterem Golde ...
Von lauterem Golde — ſcherzte Hadumoth, weißt du denn, wie Gold ausſieht?
Da deutete Audifax mit dem Finger nach dem Mund: Kannſt du ſchweigen? Sie nickte bejahend. Gib mir die Hand drauf. Sie gab ihm die Hand. So will ich dir zeigen wie Gold ausſieht, ſprach der Hirtenknabe, griff in ſeine Buſentaſche und zog ein Stücklein her- vor, rund wie eine mäſſige Münze, aber gewölbt wie eine Schaale, und waren etliche unverſtändliche verwiſchte Zeichen darauf, es gleißte und glänzte, und war wirklich Gold. Hadumoth wog das Stück auf dem Zeigefinger.
Das hab' ich auf dem Feld gefunden, weit da drüben, ſprach Au- difax, nach dem Gewitter. Wenn der Regenbogen mit ſeinem Far- benglanz ſich zu uns niederwölbt, dann kommen zwei Engel, wo ſeine Enden ſich auf die Erde ſenken, halten ſie ihm ein gülden Schüſſelein unter, daß er nicht auf dem verregneten rauhen Boden aufſtehen muß — und wenn er ausgeglänzt hat, dann laſſen ſie die Schüſſelein im Feld ſtehen, zweimal dürfen ſie's nicht brauchen, das würde der Re- genbogen übel nehmen ... 119)
Hadumoth begann an den Beruf ihres Geſpielen zum Schatzfinden zu glauben. Audifax, ſprach ſie, und gab ihm das Regenbogenſchüſſe- lein zurück, das frommt dir Alles nichts. Wer einen Schatz finden will, muß den Zauber wiſſen — in der Tiefe unten wird Alles gut gehütet, ſie gebens nicht los, wenn ſie nicht niedergezwungen werden.
Ja, der Zauber, ſagte Audifax mit thränendem Aug' — wer ihn wüßte ...
Haſt du den heiligen Mann ſchon geſehen? frug Hadumoth.
Nein.
Seit vier Tagen iſt der heilige Mann in der Burg, der weiß allen Zauber. Ein großes Buch hat er mitgebracht, das liest er unſerer
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Sei geſcheidt, ſprach Hadumoth, was wollteſt du auch mit dem Schatz
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Dann kauf ich mich frei, ſprach er gelaſſen, und dich auch, und
der Frau Herzogin kauf ich ihr Herzogthum ab, und den ganzen
Berg mit Allem was drauf ſteht, und dir laß ich eine güldene Krone
machen und jeder Ziege ein gülden Glöcklein und mir eine Sackpfeife
von Ebenholz und lauterem Golde ...
Von lauterem Golde — ſcherzte Hadumoth, weißt du denn, wie
Gold ausſieht?
Da deutete Audifax mit dem Finger nach dem Mund: Kannſt du
ſchweigen? Sie nickte bejahend. Gib mir die Hand drauf. Sie gab
ihm die Hand. So will ich dir zeigen wie Gold ausſieht, ſprach
der Hirtenknabe, griff in ſeine Buſentaſche und zog ein Stücklein her-
vor, rund wie eine mäſſige Münze, aber gewölbt wie eine Schaale,
und waren etliche unverſtändliche verwiſchte Zeichen darauf, es gleißte
und glänzte, und war wirklich Gold. Hadumoth wog das Stück auf
dem Zeigefinger.
Das hab' ich auf dem Feld gefunden, weit da drüben, ſprach Au-
difax, nach dem Gewitter. Wenn der Regenbogen mit ſeinem Far-
benglanz ſich zu uns niederwölbt, dann kommen zwei Engel, wo ſeine
Enden ſich auf die Erde ſenken, halten ſie ihm ein gülden Schüſſelein
unter, daß er nicht auf dem verregneten rauhen Boden aufſtehen muß
— und wenn er ausgeglänzt hat, dann laſſen ſie die Schüſſelein im
Feld ſtehen, zweimal dürfen ſie's nicht brauchen, das würde der Re-
genbogen übel nehmen ...
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Hadumoth begann an den Beruf ihres Geſpielen zum Schatzfinden
zu glauben. Audifax, ſprach ſie, und gab ihm das Regenbogenſchüſſe-
lein zurück, das frommt dir Alles nichts. Wer einen Schatz finden
will, muß den Zauber wiſſen — in der Tiefe unten wird Alles gut
gehütet, ſie gebens nicht los, wenn ſie nicht niedergezwungen werden.
Ja, der Zauber, ſagte Audifax mit thränendem Aug' — wer ihn
wüßte ...
Haſt du den heiligen Mann ſchon geſehen? frug Hadumoth.
Nein.
Seit vier Tagen iſt der heilige Mann in der Burg, der weiß allen
Zauber. Ein großes Buch hat er mitgebracht, das liest er unſerer
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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/114>, abgerufen am 24.11.2024.
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