Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

wenn man es uns sauer macht, nicht gerade das Vergnügen suchen, wenn uns die Unannehmlichkeiten bedrängen! Wir müssen ein Gegengewicht haben, um uns im Gleichgewicht zu halten! Also nur vorwärts, nur Land! Nur das schöne Mädchen! Laß Andere alljährlich nach Italien, nach Rom und Neapel, Palermo und Ischia, Nizza und den hierischen Inseln gehen -- zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit -- auch hier an dem nördlichen Strande waltet der Liebesgott, auch hier kann man seine Gesundheit herstellen! Aber der Wind ist rasend! widerwärtig, ein Feind, dem man den Hals brechen muß; laßt das Boot aussetzen, Hochwürdiger!

Zu Befehl! Jetzt ist mir wieder wohl, versetzte der Bischof aufathmend. Aber keine Uebereilung, Gnädigster! Ich würde rathen, selbst morgen, ja sogar übermorgen noch nicht in das Haus zu gehen! Denn das herrliche Mädchen ist so spröde als -- jung, so feinfühlend -- wie die erste Liebe oder ihre Ahnung. Sie hört noch kaum der Mutter Sigbritte schlau gewogene Worte an, aber im Stillen bedenkt sie sich wohl -- denn die Mädchen sind nach Ehre, das heißt, nach Geehrtsein, begierig, und was sie mit einem König oder Königssohne verbrechen, das scheint ihnen löblich und wünschenswerth, denn es erregt der andern Thörinnen Neid; und mehr als beneidet sein will zuletzt Keine. Darum geht heute nicht gleich hin! Laßt eine Sinnesänderung in ihr vorgehen, nämlich, laßt sie denken: Ihr mögt sie nicht! laßt sie denken: Ihr kommt

wenn man es uns sauer macht, nicht gerade das Vergnügen suchen, wenn uns die Unannehmlichkeiten bedrängen! Wir müssen ein Gegengewicht haben, um uns im Gleichgewicht zu halten! Also nur vorwärts, nur Land! Nur das schöne Mädchen! Laß Andere alljährlich nach Italien, nach Rom und Neapel, Palermo und Ischia, Nizza und den hierischen Inseln gehen — zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit — auch hier an dem nördlichen Strande waltet der Liebesgott, auch hier kann man seine Gesundheit herstellen! Aber der Wind ist rasend! widerwärtig, ein Feind, dem man den Hals brechen muß; laßt das Boot aussetzen, Hochwürdiger!

Zu Befehl! Jetzt ist mir wieder wohl, versetzte der Bischof aufathmend. Aber keine Uebereilung, Gnädigster! Ich würde rathen, selbst morgen, ja sogar übermorgen noch nicht in das Haus zu gehen! Denn das herrliche Mädchen ist so spröde als — jung, so feinfühlend — wie die erste Liebe oder ihre Ahnung. Sie hört noch kaum der Mutter Sigbritte schlau gewogene Worte an, aber im Stillen bedenkt sie sich wohl — denn die Mädchen sind nach Ehre, das heißt, nach Geehrtsein, begierig, und was sie mit einem König oder Königssohne verbrechen, das scheint ihnen löblich und wünschenswerth, denn es erregt der andern Thörinnen Neid; und mehr als beneidet sein will zuletzt Keine. Darum geht heute nicht gleich hin! Laßt eine Sinnesänderung in ihr vorgehen, nämlich, laßt sie denken: Ihr mögt sie nicht! laßt sie denken: Ihr kommt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="1">
        <p><pb facs="#f0008"/>
wenn man es                uns sauer macht, nicht gerade das Vergnügen suchen, wenn uns die Unannehmlichkeiten                bedrängen! Wir müssen ein Gegengewicht haben, um uns im Gleichgewicht zu halten! Also                nur vorwärts, nur Land! Nur das schöne Mädchen! Laß Andere alljährlich nach Italien,                nach Rom und Neapel, Palermo und Ischia, Nizza und den hierischen Inseln gehen &#x2014; zur                Wiederherstellung ihrer Gesundheit &#x2014; auch hier an dem nördlichen Strande waltet der                Liebesgott, auch hier kann man seine Gesundheit herstellen! Aber der Wind ist rasend!                widerwärtig, ein Feind, dem man den Hals brechen muß; laßt das Boot aussetzen,                Hochwürdiger!</p><lb/>
        <p>Zu Befehl! Jetzt ist mir wieder wohl, versetzte der Bischof aufathmend. Aber keine                Uebereilung, Gnädigster! Ich würde rathen, selbst morgen, ja sogar übermorgen noch                nicht in das Haus zu gehen! Denn das herrliche Mädchen ist so spröde als &#x2014; jung, so                feinfühlend &#x2014; wie die erste Liebe oder ihre Ahnung. Sie hört noch kaum der Mutter                Sigbritte schlau gewogene Worte an, aber im Stillen bedenkt sie sich wohl &#x2014; denn die                Mädchen sind nach Ehre, das heißt, nach Geehrtsein, begierig, und was sie mit einem                König oder Königssohne verbrechen, das scheint ihnen löblich und wünschenswerth, denn                es erregt der andern Thörinnen Neid; und mehr als beneidet sein will zuletzt Keine.                Darum geht heute nicht gleich hin! Laßt eine Sinnesänderung in ihr vorgehen, nämlich,                laßt sie denken: Ihr mögt sie nicht! laßt sie denken: Ihr kommt<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0008] wenn man es uns sauer macht, nicht gerade das Vergnügen suchen, wenn uns die Unannehmlichkeiten bedrängen! Wir müssen ein Gegengewicht haben, um uns im Gleichgewicht zu halten! Also nur vorwärts, nur Land! Nur das schöne Mädchen! Laß Andere alljährlich nach Italien, nach Rom und Neapel, Palermo und Ischia, Nizza und den hierischen Inseln gehen — zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit — auch hier an dem nördlichen Strande waltet der Liebesgott, auch hier kann man seine Gesundheit herstellen! Aber der Wind ist rasend! widerwärtig, ein Feind, dem man den Hals brechen muß; laßt das Boot aussetzen, Hochwürdiger! Zu Befehl! Jetzt ist mir wieder wohl, versetzte der Bischof aufathmend. Aber keine Uebereilung, Gnädigster! Ich würde rathen, selbst morgen, ja sogar übermorgen noch nicht in das Haus zu gehen! Denn das herrliche Mädchen ist so spröde als — jung, so feinfühlend — wie die erste Liebe oder ihre Ahnung. Sie hört noch kaum der Mutter Sigbritte schlau gewogene Worte an, aber im Stillen bedenkt sie sich wohl — denn die Mädchen sind nach Ehre, das heißt, nach Geehrtsein, begierig, und was sie mit einem König oder Königssohne verbrechen, das scheint ihnen löblich und wünschenswerth, denn es erregt der andern Thörinnen Neid; und mehr als beneidet sein will zuletzt Keine. Darum geht heute nicht gleich hin! Laßt eine Sinnesänderung in ihr vorgehen, nämlich, laßt sie denken: Ihr mögt sie nicht! laßt sie denken: Ihr kommt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:50:59Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:50:59Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/8
Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/8>, abgerufen am 27.04.2024.