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Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Wachen schrie sie Hülfe, und Düvecke weinte draußen im Dunkel die bittersten Thränen.

Im Hause der Frau Sigbritte fanden sie noch den Erzbischof von Drontheim, Erik von Walkendorp, Torbern von Ore und Hans Faaburg. Der Erzbischof hatte vom Herzog Karl in Brüssel einen geheimen Auftrag an den König, seinen Schwager, erhalten und sollte ihn jetzt vor allen Anwesenden ihm sagen. Der Erzbischof entschuldigte sich nach langen Umschweifen damit, daß der Auftrag Frau Sigbritte und ihre Tochter betreffe, und er also ihn unmöglich hier . . .

Aber der König befahl, gerade vor diesen Alles zu sagen, denn er wolle kein Geheimniß wissen, das sie beträfe, damit er doch vor Jemand aufrichtig und wahrhaft erscheine.

Nun war der Erzbischof in jener Sturmnacht in der vielstündigen Todesgefahr bekehrt worden. So wenig sonst auf Bekehrungen zu halten ist, welche ihren Grund in Angst und Noth haben, denn sie gehen mit diesen vorüber; so war diese nicht aus Furcht vor dem Tode entstanden, sondern im Anblick des Todes hatte der in die Verwirrungen des Lebens gerissene und mannichfach darein verflochtene Mann endlich einmal wieder, wie in seiner Jugend, die wahren Güter des Lebens von seiner Spreu gesichtet; er hatte das Gute als dauernd und bleibend erkannt, das heißt: das Dauernde und Bleibende als gut, und das Unzusammenhängende, Abgerissene, nichts wieder Hervorbringende als bös. Darum schloß

Wachen schrie sie Hülfe, und Düvecke weinte draußen im Dunkel die bittersten Thränen.

Im Hause der Frau Sigbritte fanden sie noch den Erzbischof von Drontheim, Erik von Walkendorp, Torbern von Ore und Hans Faaburg. Der Erzbischof hatte vom Herzog Karl in Brüssel einen geheimen Auftrag an den König, seinen Schwager, erhalten und sollte ihn jetzt vor allen Anwesenden ihm sagen. Der Erzbischof entschuldigte sich nach langen Umschweifen damit, daß der Auftrag Frau Sigbritte und ihre Tochter betreffe, und er also ihn unmöglich hier . . .

Aber der König befahl, gerade vor diesen Alles zu sagen, denn er wolle kein Geheimniß wissen, das sie beträfe, damit er doch vor Jemand aufrichtig und wahrhaft erscheine.

Nun war der Erzbischof in jener Sturmnacht in der vielstündigen Todesgefahr bekehrt worden. So wenig sonst auf Bekehrungen zu halten ist, welche ihren Grund in Angst und Noth haben, denn sie gehen mit diesen vorüber; so war diese nicht aus Furcht vor dem Tode entstanden, sondern im Anblick des Todes hatte der in die Verwirrungen des Lebens gerissene und mannichfach darein verflochtene Mann endlich einmal wieder, wie in seiner Jugend, die wahren Güter des Lebens von seiner Spreu gesichtet; er hatte das Gute als dauernd und bleibend erkannt, das heißt: das Dauernde und Bleibende als gut, und das Unzusammenhängende, Abgerissene, nichts wieder Hervorbringende als bös. Darum schloß

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[0067] Wachen schrie sie Hülfe, und Düvecke weinte draußen im Dunkel die bittersten Thränen. Im Hause der Frau Sigbritte fanden sie noch den Erzbischof von Drontheim, Erik von Walkendorp, Torbern von Ore und Hans Faaburg. Der Erzbischof hatte vom Herzog Karl in Brüssel einen geheimen Auftrag an den König, seinen Schwager, erhalten und sollte ihn jetzt vor allen Anwesenden ihm sagen. Der Erzbischof entschuldigte sich nach langen Umschweifen damit, daß der Auftrag Frau Sigbritte und ihre Tochter betreffe, und er also ihn unmöglich hier . . . Aber der König befahl, gerade vor diesen Alles zu sagen, denn er wolle kein Geheimniß wissen, das sie beträfe, damit er doch vor Jemand aufrichtig und wahrhaft erscheine. Nun war der Erzbischof in jener Sturmnacht in der vielstündigen Todesgefahr bekehrt worden. So wenig sonst auf Bekehrungen zu halten ist, welche ihren Grund in Angst und Noth haben, denn sie gehen mit diesen vorüber; so war diese nicht aus Furcht vor dem Tode entstanden, sondern im Anblick des Todes hatte der in die Verwirrungen des Lebens gerissene und mannichfach darein verflochtene Mann endlich einmal wieder, wie in seiner Jugend, die wahren Güter des Lebens von seiner Spreu gesichtet; er hatte das Gute als dauernd und bleibend erkannt, das heißt: das Dauernde und Bleibende als gut, und das Unzusammenhängende, Abgerissene, nichts wieder Hervorbringende als bös. Darum schloß

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Zitationshilfe: Schefer, Leopold: Die Düvecke, oder die Leiden einer Königin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schefer_duevecke_1910/67>, abgerufen am 10.05.2024.