Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Folgen Acht hat, welche mit der Thätigkeit sowohl
als mit dem Genuß nothwendig verbunden sind.

Alle Thätigkeit ist entweder Thätigkeit des
Geistes oder des Körpers, und beyde entweder
Beschäftigung oder Spiel*).

Jst der Geist beschäftigt und die Beschäfti-
gung mit Schwierigkeiten verknüpft, welche durch
das Jnteresse nicht ersetzt werden, oder keine Sei-
te zeigen, von welcher man sie zu überwinden
hoffen könnte; so erfordert dieses eine starke An-
strengung, bey der es der Seele nicht wohl ist,
weil dadurch das Gefühl der Unvollkommenheit
sehr lebhaft und lästig wird. Sie erlaubt daher der
Phantasie leichter auf irgend eine Weise eine
Störung zu machen. Werden die Schwierig-
keiten überwunden, so gewährt dies freylich eine
große Freude, und macht diese Beschäftigung sehr
angenehm; indeß dann stört doch für den Augenblick
die Freude selbst, und verlangt wenigstens eine
kurze Zeit sich ihrem Genuß zu überlassen.

Kostet eine Beschäftigung nicht gar viele An-
strengung, so ist die Ermattung freylich die Ur-
sach des Wunsches nach Abwechselung nicht; in-
deß die Abwechselung selbst geschieht doch -- denn
eben darum, weil man sich nicht so stark anstrengen
darf, wird die Aufmerksamkeit auch nicht so fest ge-
halten, und läßt sich leicht auf etwas anders leiten.

Eben
*) S. die vorige Unterhaltung.
Y 2

Folgen Acht hat, welche mit der Thaͤtigkeit ſowohl
als mit dem Genuß nothwendig verbunden ſind.

Alle Thaͤtigkeit iſt entweder Thaͤtigkeit des
Geiſtes oder des Koͤrpers, und beyde entweder
Beſchaͤftigung oder Spiel*).

Jſt der Geiſt beſchaͤftigt und die Beſchaͤfti-
gung mit Schwierigkeiten verknuͤpft, welche durch
das Jntereſſe nicht erſetzt werden, oder keine Sei-
te zeigen, von welcher man ſie zu uͤberwinden
hoffen koͤnnte; ſo erfordert dieſes eine ſtarke An-
ſtrengung, bey der es der Seele nicht wohl iſt,
weil dadurch das Gefuͤhl der Unvollkommenheit
ſehr lebhaft und laͤſtig wird. Sie erlaubt daher der
Phantaſie leichter auf irgend eine Weiſe eine
Stoͤrung zu machen. Werden die Schwierig-
keiten uͤberwunden, ſo gewaͤhrt dies freylich eine
große Freude, und macht dieſe Beſchaͤftigung ſehr
angenehm; indeß dann ſtoͤrt doch fuͤr den Augenblick
die Freude ſelbſt, und verlangt wenigſtens eine
kurze Zeit ſich ihrem Genuß zu uͤberlaſſen.

Koſtet eine Beſchaͤftigung nicht gar viele An-
ſtrengung, ſo iſt die Ermattung freylich die Ur-
ſach des Wunſches nach Abwechſelung nicht; in-
deß die Abwechſelung ſelbſt geſchieht doch — denn
eben darum, weil man ſich nicht ſo ſtark anſtrengen
darf, wird die Aufmerkſamkeit auch nicht ſo feſt ge-
halten, und laͤßt ſich leicht auf etwas anders leiten.

Eben
*) S. die vorige Unterhaltung.
Y 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0055" n="339"/>
Folgen Acht hat, welche mit der Tha&#x0364;tigkeit &#x017F;owohl<lb/>
als mit dem Genuß nothwendig verbunden &#x017F;ind.</p><lb/>
        <p>Alle Tha&#x0364;tigkeit i&#x017F;t entweder Tha&#x0364;tigkeit des<lb/>
Gei&#x017F;tes oder des Ko&#x0364;rpers, und beyde entweder<lb/>
Be&#x017F;cha&#x0364;ftigung oder Spiel<note place="foot" n="*)">S. die vorige Unterhaltung.</note>.</p><lb/>
        <p>J&#x017F;t der Gei&#x017F;t <hi rendition="#b">be&#x017F;cha&#x0364;ftigt</hi> und die Be&#x017F;cha&#x0364;fti-<lb/>
gung mit Schwierigkeiten verknu&#x0364;pft, welche durch<lb/>
das Jntere&#x017F;&#x017F;e nicht er&#x017F;etzt werden, oder keine Sei-<lb/>
te zeigen, von welcher man &#x017F;ie zu u&#x0364;berwinden<lb/>
hoffen ko&#x0364;nnte; &#x017F;o erfordert die&#x017F;es eine &#x017F;tarke An-<lb/>
&#x017F;trengung, bey der es der Seele nicht wohl i&#x017F;t,<lb/>
weil dadurch das Gefu&#x0364;hl der Unvollkommenheit<lb/>
&#x017F;ehr lebhaft und la&#x0364;&#x017F;tig wird. Sie erlaubt daher der<lb/>
Phanta&#x017F;ie leichter auf irgend eine Wei&#x017F;e eine<lb/>
Sto&#x0364;rung zu machen. Werden die Schwierig-<lb/>
keiten u&#x0364;berwunden, &#x017F;o gewa&#x0364;hrt dies freylich eine<lb/>
große Freude, und macht die&#x017F;e Be&#x017F;cha&#x0364;ftigung &#x017F;ehr<lb/>
angenehm; indeß dann &#x017F;to&#x0364;rt doch fu&#x0364;r den Augenblick<lb/>
die Freude &#x017F;elb&#x017F;t, und verlangt wenig&#x017F;tens eine<lb/>
kurze Zeit &#x017F;ich ihrem Genuß zu u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Ko&#x017F;tet eine Be&#x017F;cha&#x0364;ftigung nicht gar viele An-<lb/>
&#x017F;trengung, &#x017F;o i&#x017F;t die Ermattung freylich die Ur-<lb/>
&#x017F;ach des Wun&#x017F;ches nach Abwech&#x017F;elung nicht; in-<lb/>
deß die Abwech&#x017F;elung &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;chieht doch &#x2014; denn<lb/>
eben darum, weil man &#x017F;ich nicht &#x017F;o &#x017F;tark an&#x017F;trengen<lb/>
darf, wird die Aufmerk&#x017F;amkeit auch nicht &#x017F;o fe&#x017F;t ge-<lb/>
halten, und la&#x0364;ßt &#x017F;ich leicht auf etwas anders leiten.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">Y 2</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Eben</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[339/0055] Folgen Acht hat, welche mit der Thaͤtigkeit ſowohl als mit dem Genuß nothwendig verbunden ſind. Alle Thaͤtigkeit iſt entweder Thaͤtigkeit des Geiſtes oder des Koͤrpers, und beyde entweder Beſchaͤftigung oder Spiel *). Jſt der Geiſt beſchaͤftigt und die Beſchaͤfti- gung mit Schwierigkeiten verknuͤpft, welche durch das Jntereſſe nicht erſetzt werden, oder keine Sei- te zeigen, von welcher man ſie zu uͤberwinden hoffen koͤnnte; ſo erfordert dieſes eine ſtarke An- ſtrengung, bey der es der Seele nicht wohl iſt, weil dadurch das Gefuͤhl der Unvollkommenheit ſehr lebhaft und laͤſtig wird. Sie erlaubt daher der Phantaſie leichter auf irgend eine Weiſe eine Stoͤrung zu machen. Werden die Schwierig- keiten uͤberwunden, ſo gewaͤhrt dies freylich eine große Freude, und macht dieſe Beſchaͤftigung ſehr angenehm; indeß dann ſtoͤrt doch fuͤr den Augenblick die Freude ſelbſt, und verlangt wenigſtens eine kurze Zeit ſich ihrem Genuß zu uͤberlaſſen. Koſtet eine Beſchaͤftigung nicht gar viele An- ſtrengung, ſo iſt die Ermattung freylich die Ur- ſach des Wunſches nach Abwechſelung nicht; in- deß die Abwechſelung ſelbſt geſchieht doch — denn eben darum, weil man ſich nicht ſo ſtark anſtrengen darf, wird die Aufmerkſamkeit auch nicht ſo feſt ge- halten, und laͤßt ſich leicht auf etwas anders leiten. Eben *) S. die vorige Unterhaltung. Y 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/55
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/55>, abgerufen am 22.11.2024.