Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.Der Grad der Sympathie ist nicht immer Jm Allgemeinen wird das Mitgefühl um Derjenige also, welcher eine reizbare und feine Wenn *) So sagt Virgil in seinen Georgicis:
-- -- Manes adiit, Regemque tremendum Nesciaque humanis precibus mansuescere corda. Der Grad der Sympathie iſt nicht immer Jm Allgemeinen wird das Mitgefuͤhl um Derjenige alſo, welcher eine reizbare und feine Wenn *) So ſagt Virgil in ſeinen Georgicis:
— — Manes adiit, Regemque tremendum Neſciaque humanis precibus manſueſcere corda. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0236" n="520"/> <p>Der Grad der Sympathie iſt nicht immer<lb/> derſelbe, ſondern wird theils durch das ſympathi-<lb/> ſirende Subjekt, theils durch den Gegenſtand,<lb/> mit dem ſympathiſirt wird, beſtimmt.</p><lb/> <p>Jm Allgemeinen wird <hi rendition="#b">das Mitgefuͤhl um<lb/> ſo ſtaͤrker ſeyn, je lebhafter die Vorſtellun-<lb/> gen von dem, was der Andere empfindet,<lb/> ſind.</hi> Denn je lebhafter eine Vorſtellung iſt,<lb/> deſto naͤher bringt ſie ihren Gegenſtand der Em-<lb/> pfindung, deſto leichter wird es alſo der Phanta-<lb/> ſie ſich denſelben zu vergegenwaͤrtigen, und ſo auf<lb/> das Herz zu wirken.</p><lb/> <p>Derjenige alſo, welcher eine reizbare und feine<lb/> Organiſation hat, wird ſtaͤrker mit Andern mit<lb/> empfinden, als der, bey welchem das Gegentheil<lb/> ſtatt findet. Denn jener bedarf nur einer ſchwa-<lb/> chen Anregung, um afficirt zu werden, und kann<lb/> die Gefuͤhle des Andern leicht zu den ſeinigen ma-<lb/> chen. Der gebildete Menſch ſympathiſirt leichter,<lb/> als der Bauer, das Weib leichter, wie der Mann,<lb/> der Juͤngling leichter, wie der Greis; und die<lb/> Dichter fuͤhren es als eine Eigenſchaft der Unter-<lb/> goͤtter, denen ſie alle eine groͤbere Geſtalt, als<lb/> den Obergoͤttern, geben, an; daß kein menſch-<lb/> liches Flehn ſie erweichen koͤnne<note place="foot" n="*)">So ſagt Virgil in ſeinen Georgicis:<lb/> — — <hi rendition="#aq">Manes adiit, Regemque tremendum<lb/> Neſciaque humanis precibus manſueſcere corda.</hi></note>-</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [520/0236]
Der Grad der Sympathie iſt nicht immer
derſelbe, ſondern wird theils durch das ſympathi-
ſirende Subjekt, theils durch den Gegenſtand,
mit dem ſympathiſirt wird, beſtimmt.
Jm Allgemeinen wird das Mitgefuͤhl um
ſo ſtaͤrker ſeyn, je lebhafter die Vorſtellun-
gen von dem, was der Andere empfindet,
ſind. Denn je lebhafter eine Vorſtellung iſt,
deſto naͤher bringt ſie ihren Gegenſtand der Em-
pfindung, deſto leichter wird es alſo der Phanta-
ſie ſich denſelben zu vergegenwaͤrtigen, und ſo auf
das Herz zu wirken.
Derjenige alſo, welcher eine reizbare und feine
Organiſation hat, wird ſtaͤrker mit Andern mit
empfinden, als der, bey welchem das Gegentheil
ſtatt findet. Denn jener bedarf nur einer ſchwa-
chen Anregung, um afficirt zu werden, und kann
die Gefuͤhle des Andern leicht zu den ſeinigen ma-
chen. Der gebildete Menſch ſympathiſirt leichter,
als der Bauer, das Weib leichter, wie der Mann,
der Juͤngling leichter, wie der Greis; und die
Dichter fuͤhren es als eine Eigenſchaft der Unter-
goͤtter, denen ſie alle eine groͤbere Geſtalt, als
den Obergoͤttern, geben, an; daß kein menſch-
liches Flehn ſie erweichen koͤnne *)-
Wenn
*) So ſagt Virgil in ſeinen Georgicis:
— — Manes adiit, Regemque tremendum
Neſciaque humanis precibus manſueſcere corda.
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