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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

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Siebzehnte Unterhaltung.
Ueber die
Neigung zum Guten.
"Tout est bien sortant des mains de l'Auteur des
choses."
Rousseau.

Es gab eine Zeit, wo man recht darauf zu sin-
nen schien, wie man die menschliche Natur her-
absetzen und erniedrigen möchte. Die neuplato-
nischen Schwärmereyen, die Bußpredigten mön-
chischer Theologen, und die Klagen gallsüchtiger
Misanthropen können zum Beweise dienen.
Wußte man es doch so weit zu bringen, daß die-
se Behauptung von der Verderbtheit der mensch-
lichen Natur biblisches Ansehn erhielt, und der
Widerspruch dagegen als ketzerisch verdammt wur-
de. So sehr verdrehte man die vortrefliche Lehre
Jesus Christus, der seine Meynung von der
Beschaffenheit der menschlichen Natur in dem
Rath "Werdet, wie die Kinder" so deutlich zu
erkennen giebt.

Wohl uns, daß diese finstern Zeiten der Bar-
baren nicht mehr sind! und daß wir uns an dem
herzerhebenden Gedanken "der Mensch ist von
Natur dem Guten geneigt" erfreuen können!

An
Siebzehnte Unterhaltung.
Ueber die
Neigung zum Guten.
„Tout eſt bien ſortant des mains de l'Auteur des
choſes.„
Rouſſeau.

Es gab eine Zeit, wo man recht darauf zu ſin-
nen ſchien, wie man die menſchliche Natur her-
abſetzen und erniedrigen moͤchte. Die neuplato-
niſchen Schwaͤrmereyen, die Bußpredigten moͤn-
chiſcher Theologen, und die Klagen gallſuͤchtiger
Miſanthropen koͤnnen zum Beweiſe dienen.
Wußte man es doch ſo weit zu bringen, daß die-
ſe Behauptung von der Verderbtheit der menſch-
lichen Natur bibliſches Anſehn erhielt, und der
Widerſpruch dagegen als ketzeriſch verdammt wur-
de. So ſehr verdrehte man die vortrefliche Lehre
Jeſus Chriſtus, der ſeine Meynung von der
Beſchaffenheit der menſchlichen Natur in dem
Rath „Werdet, wie die Kinder„ ſo deutlich zu
erkennen giebt.

Wohl uns, daß dieſe finſtern Zeiten der Bar-
baren nicht mehr ſind! und daß wir uns an dem
herzerhebenden Gedanken „der Menſch iſt von
Natur dem Guten geneigt„ erfreuen koͤnnen!

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[488/0204] Siebzehnte Unterhaltung. Ueber die Neigung zum Guten. „Tout eſt bien ſortant des mains de l'Auteur des choſes.„Rouſſeau. Es gab eine Zeit, wo man recht darauf zu ſin- nen ſchien, wie man die menſchliche Natur her- abſetzen und erniedrigen moͤchte. Die neuplato- niſchen Schwaͤrmereyen, die Bußpredigten moͤn- chiſcher Theologen, und die Klagen gallſuͤchtiger Miſanthropen koͤnnen zum Beweiſe dienen. Wußte man es doch ſo weit zu bringen, daß die- ſe Behauptung von der Verderbtheit der menſch- lichen Natur bibliſches Anſehn erhielt, und der Widerſpruch dagegen als ketzeriſch verdammt wur- de. So ſehr verdrehte man die vortrefliche Lehre Jeſus Chriſtus, der ſeine Meynung von der Beſchaffenheit der menſchlichen Natur in dem Rath „Werdet, wie die Kinder„ ſo deutlich zu erkennen giebt. Wohl uns, daß dieſe finſtern Zeiten der Bar- baren nicht mehr ſind! und daß wir uns an dem herzerhebenden Gedanken „der Menſch iſt von Natur dem Guten geneigt„ erfreuen koͤnnen! An

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Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/204>, abgerufen am 23.11.2024.