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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

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Aeußert sich der Stolz durch eine laute und
hyperbolische Verkündigung seiner gemeynten Vor-
züge, so erhält er den Namen Prahlerey, die,
wenn sie sich in Handlungen äußert, Groß-
thuerey
, und, wenn sie sich der Worte zu ihrem
Vehikel bedient, Großsprecherey genannt wird.

Als einen Prahler schildert Shakespear sei-
nen Fallstaff in König Heinrich dem Vierten*).
Fallstaff nemlich begegnet von ohngefähr einem
feindlichen Ritter, Coleville vom Thal, welcher
sich ihm ergiebt, weil er von einer Ergebung an
den Schwerdter scheuenden Fallstaff keine Schan-
de befürchten darf. Prinz Johann von Lan-
kaster
kommt ihnen entgegen, und macht Herrn
Fallstaff Vorwürfe über sein Zaudern. Drauf
antwortet dieser mit folgenden Worten:

"Jch hab' allemal gehört, daß Verweise und
Vorwürfe der Lohn der Tapferkeit sind. Glaubt
Jhr denn, ich sey eine Schwalbe, ein Pfeil oder
eine Kugel? hab' ich in meinem schwerfälligen
Körper die Schnelligkeit der Gedanken? --
Jch eilte mit dem äußersten Punkt des äußersten
Grads der Möglichkeit hieher. Hundert und
etliche achtzig Postpferde habe ich zu Schanden
geritten, und kaum war ich abgestiegen, so nahm
ich, so matt ich von der Reise war, in meiner
reinen
*) König Heinrich der Vierte, 2. Theil. 4ter Aufz.
3ter Auftr.

Aeußert ſich der Stolz durch eine laute und
hyperboliſche Verkuͤndigung ſeiner gemeynten Vor-
zuͤge, ſo erhaͤlt er den Namen Prahlerey, die,
wenn ſie ſich in Handlungen aͤußert, Groß-
thuerey
, und, wenn ſie ſich der Worte zu ihrem
Vehikel bedient, Großſprecherey genannt wird.

Als einen Prahler ſchildert Shakeſpear ſei-
nen Fallſtaff in Koͤnig Heinrich dem Vierten*).
Fallſtaff nemlich begegnet von ohngefaͤhr einem
feindlichen Ritter, Coleville vom Thal, welcher
ſich ihm ergiebt, weil er von einer Ergebung an
den Schwerdter ſcheuenden Fallſtaff keine Schan-
de befuͤrchten darf. Prinz Johann von Lan-
kaſter
kommt ihnen entgegen, und macht Herrn
Fallſtaff Vorwuͤrfe uͤber ſein Zaudern. Drauf
antwortet dieſer mit folgenden Worten:

„Jch hab' allemal gehoͤrt, daß Verweiſe und
Vorwuͤrfe der Lohn der Tapferkeit ſind. Glaubt
Jhr denn, ich ſey eine Schwalbe, ein Pfeil oder
eine Kugel? hab' ich in meinem ſchwerfaͤlligen
Koͤrper die Schnelligkeit der Gedanken? —
Jch eilte mit dem aͤußerſten Punkt des aͤußerſten
Grads der Moͤglichkeit hieher. Hundert und
etliche achtzig Poſtpferde habe ich zu Schanden
geritten, und kaum war ich abgeſtiegen, ſo nahm
ich, ſo matt ich von der Reiſe war, in meiner
reinen
*) Koͤnig Heinrich der Vierte, 2. Theil. 4ter Aufz.
3ter Auftr.
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[458/0174] Aeußert ſich der Stolz durch eine laute und hyperboliſche Verkuͤndigung ſeiner gemeynten Vor- zuͤge, ſo erhaͤlt er den Namen Prahlerey, die, wenn ſie ſich in Handlungen aͤußert, Groß- thuerey, und, wenn ſie ſich der Worte zu ihrem Vehikel bedient, Großſprecherey genannt wird. Als einen Prahler ſchildert Shakeſpear ſei- nen Fallſtaff in Koͤnig Heinrich dem Vierten *). Fallſtaff nemlich begegnet von ohngefaͤhr einem feindlichen Ritter, Coleville vom Thal, welcher ſich ihm ergiebt, weil er von einer Ergebung an den Schwerdter ſcheuenden Fallſtaff keine Schan- de befuͤrchten darf. Prinz Johann von Lan- kaſter kommt ihnen entgegen, und macht Herrn Fallſtaff Vorwuͤrfe uͤber ſein Zaudern. Drauf antwortet dieſer mit folgenden Worten: „Jch hab' allemal gehoͤrt, daß Verweiſe und Vorwuͤrfe der Lohn der Tapferkeit ſind. Glaubt Jhr denn, ich ſey eine Schwalbe, ein Pfeil oder eine Kugel? hab' ich in meinem ſchwerfaͤlligen Koͤrper die Schnelligkeit der Gedanken? — Jch eilte mit dem aͤußerſten Punkt des aͤußerſten Grads der Moͤglichkeit hieher. Hundert und etliche achtzig Poſtpferde habe ich zu Schanden geritten, und kaum war ich abgeſtiegen, ſo nahm ich, ſo matt ich von der Reiſe war, in meiner reinen *) Koͤnig Heinrich der Vierte, 2. Theil. 4ter Aufz. 3ter Auftr.

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Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/174>, abgerufen am 23.11.2024.