Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.Er kennt keine Freuden, die einzige angenehme Jn *) Die hier hingeworfenen Züge des Adelstolzes finden sich nicht blos an adlichen Originalen, auch Bür- gerliche lassen sie immer noch zu häufig an sich be- merken. -- Nach meinen Beobachtungen werden indeß -- Dank sey's dem guten Genius unsrer Zei- ten -- die Originale, von welchen sich diese Züge, denen noch so viel andre beygefügt werden könnten, kopiren lassen, immer seltner, und nur gewisse Pro- vinzen und Distrikte des kleinlichen und lächerlichen Adelstolzes beschuldigt. Jch kenne so manchen Mann und so manche Frau, die edel heißen und sind, und richtiger, als Mancher, der alles, was adlich heißt, anbellt, über Menschenwerth denken und sprechen. Jch glaube, die Mißgeburt des Adelstolzes würde schon itzt ihrem Ende noch näher seyn; wenn man hie und da vorsichtigere Mittel, dazu gebraucht, und nicht zuweilen zu bitter dage- gen geschrieben und gesprochen, und dem Adel nicht allen Werth hätte absprechen wollen. Ueberhaupt könnte dem Uebel am besten von angesehenen Ade- lichen selbst abgeholfen werden; denn bey den Bür- gerlichen, die doch am meisten dagegen geeyfert ha- ben, setzt besonders der, der in seinen Adel verliebt ist, gar zu gern den Neid, als die Quelle seines Eyferns, voraus. Ce 5
Er kennt keine Freuden, die einzige angenehme Jn *) Die hier hingeworfenen Zuͤge des Adelſtolzes finden ſich nicht blos an adlichen Originalen, auch Buͤr- gerliche laſſen ſie immer noch zu haͤufig an ſich be- merken. — Nach meinen Beobachtungen werden indeß — Dank ſey's dem guten Genius unſrer Zei- ten — die Originale, von welchen ſich dieſe Zuͤge, denen noch ſo viel andre beygefuͤgt werden koͤnnten, kopiren laſſen, immer ſeltner, und nur gewiſſe Pro- vinzen und Diſtrikte des kleinlichen und laͤcherlichen Adelſtolzes beſchuldigt. Jch kenne ſo manchen Mann und ſo manche Frau, die edel heißen und ſind, und richtiger, als Mancher, der alles, was adlich heißt, anbellt, uͤber Menſchenwerth denken und ſprechen. Jch glaube, die Mißgeburt des Adelſtolzes wuͤrde ſchon itzt ihrem Ende noch naͤher ſeyn; wenn man hie und da vorſichtigere Mittel, dazu gebraucht, und nicht zuweilen zu bitter dage- gen geſchrieben und geſprochen, und dem Adel nicht allen Werth haͤtte abſprechen wollen. Ueberhaupt koͤnnte dem Uebel am beſten von angeſehenen Ade- lichen ſelbſt abgeholfen werden; denn bey den Buͤr- gerlichen, die doch am meiſten dagegen geeyfert ha- ben, ſetzt beſonders der, der in ſeinen Adel verliebt iſt, gar zu gern den Neid, als die Quelle ſeines Eyferns, voraus. Ce 5
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Er kennt keine Freuden, die einzige angenehme
Empfindung, die er haben kann, beſteht in der
Kitzelung ſeines Stolzes, wo dieſem kein Genuͤge
geſchieht, iſt er ungluͤcklich und vergeht vor Aerger
und Zorn *).
Jn
*) Die hier hingeworfenen Zuͤge des Adelſtolzes finden
ſich nicht blos an adlichen Originalen, auch Buͤr-
gerliche laſſen ſie immer noch zu haͤufig an ſich be-
merken. — Nach meinen Beobachtungen werden
indeß — Dank ſey's dem guten Genius unſrer Zei-
ten — die Originale, von welchen ſich dieſe Zuͤge,
denen noch ſo viel andre beygefuͤgt werden koͤnnten,
kopiren laſſen, immer ſeltner, und nur gewiſſe Pro-
vinzen und Diſtrikte des kleinlichen und laͤcherlichen
Adelſtolzes beſchuldigt. Jch kenne ſo manchen
Mann und ſo manche Frau, die edel heißen und
ſind, und richtiger, als Mancher, der alles, was
adlich heißt, anbellt, uͤber Menſchenwerth denken
und ſprechen. Jch glaube, die Mißgeburt des
Adelſtolzes wuͤrde ſchon itzt ihrem Ende noch naͤher
ſeyn; wenn man hie und da vorſichtigere Mittel,
dazu gebraucht, und nicht zuweilen zu bitter dage-
gen geſchrieben und geſprochen, und dem Adel nicht
allen Werth haͤtte abſprechen wollen. Ueberhaupt
koͤnnte dem Uebel am beſten von angeſehenen Ade-
lichen ſelbſt abgeholfen werden; denn bey den Buͤr-
gerlichen, die doch am meiſten dagegen geeyfert ha-
ben, ſetzt beſonders der, der in ſeinen Adel verliebt
iſt, gar zu gern den Neid, als die Quelle ſeines
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